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SZ + Kamenz

"Alpenländer Musik" made in Sachsen

Mit 75 spielt Wolfgang Bergmann aus Steina bei Pulsnitz immer noch in einer Band - die in ungewöhnlicher Zusammensetzung für die Region untypische Musik macht.

Von Ina Förster
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Die "Erzsteinl-Musi" spielte kürzlich auch im Bischheimer Park ihre Alpenländische Musik. Die Männer stammen aus Österreich, Bayern, dem Erzgebirge, den Niederlanden - und der Oberlausitz. Die vertritt Wolfgang Bergmann (r.) aus Steina bei Pulsnitz.
Die "Erzsteinl-Musi" spielte kürzlich auch im Bischheimer Park ihre Alpenländische Musik. Die Männer stammen aus Österreich, Bayern, dem Erzgebirge, den Niederlanden - und der Oberlausitz. Die vertritt Wolfgang Bergmann (r.) aus Steina bei Pulsnitz. © PR / Erzsteinl-Musi

Steina. Der Name ist Programm. Wenn die Jungs der "Erzsteinl-Musi" ihre Instrumente auspacken, dann fühlt man sich sofort ins Alpenland versetzt. Polka, Oberkrainer Musik, Stimmungshits - da schmeckt das Bier im Biergarten gleich doppelt so gut, und die Füße wippen im Takt. Drei Steirische Harmonikas treiben den Sound an. Dazu kommen eine eher ungewöhnliche Bass-Klarinette und eine Gitarre.

Letztere spielt Wolfgang Bergmann aus Steina in der Nähe von Pulsnitz. Er ist der Älteste in der Truppe. Die anderen sind aber auch gestandene Mannsbilder - und kommen aus Österreich, Bayern, den Niederlanden und dem Erzgebirge. Eine ungewöhnliche Mischung, aber sie funktioniert.

Für alle Fünf gehört die Musik einfach zum Leben, sie spielen ohne Noten, aus dem Bauch heraus sozusagen. Jede Menge Übung gehört natürlich dazu. Aber sie üben nicht zusammen, denn für gemeinsame Proben sind die Wege zueinander einfach zu lang, auch wenn die Männer mittlerweile zum großen Teil in Sachsen leben. Wenn ein neues Stück eingeübt wird, wird es vorher angesagt. "Dann hängt man sich beim nächsten Auftritt eben mit rein", sagt Bergmann schmunzelnd.

Steinaer hat jede Menge Bühnenerfahrung

Mit seinen 75 Jahren bringt der Steinaer einiges an Bühnenerfahrung mit. Meistens war er früher mit Tanzcombos unterwegs. Ende der 1960er-Jahre spielte er in seiner ersten Band. Da wohnte er noch in Reichenbach im Haselbachtal. "Wir hießen The Twens und haben alle Tanzböden der Umgebung unsicher gemacht", erzählt Wolfgang Bergmann.

Als er nach Dresden zog, ging es weiter mit der Musik: Ob in der "Lido-Combo" oder der angesagten Tanzkapelle "Kristall" - der Gitarrist war viel unterwegs in Sachsen. Bis Ende der 1980er-Jahre eigentlich. Dann war zwangsweise Schluss. Mit der politischen Wende im Land ging die Tanzmusik überall im Osten erst einmal den Bach herunter. Andere Dinge lockten jetzt die Menschen. Kaum einer hatte mehr Zeit, an den Wochenenden auf den Tanzsaal zu gehen. "In der Nacht vor der Währungsunion war unser letzter Auftritt", erinnert sich Wolfgang Bergmann.

Dass die Lust an der Musik aber nicht einfach so aufhört, kann jeder Herzblut-Musiker wohl nachvollziehen. "Ich habe mich zeitnah umgesehen, ob es weitergehen könnte. Aber da war lange Zeit nichts zu machen", sagt der Steinaer. 1997 versuchte er es dann mit der Schauspielerei, schloss sich dem Ensemble der Naturbühne in Reichenau an. Doch die Musik ließ ihn nie ganz los. Deswegen trat er auch in den Männerchor Haselbachtal ein.

"Ich habe dann trotzdem nach weiteren Musikern gesucht und sie in der Region gefunden. Wir haben zuerst das 'Franzl-Trio' in Großröhrsdorf aus der Taufe gehoben - schon mit Steirischer Harmonika", erzählt Bergmann. Das löste sich nach anderthalb Jahren wieder auf. Die Verbindungen blieben aber. Mit einem Musikerkollegen aus Görlitz war Bergmann zu dieser Zeit auch als "Duo Evergreen" unterwegs. "Das scheiterte irgendwann an der großen Entfernung zueinander", sagt er. Da war er bereits über 70 Jahre alt.

In Biergärten und auf Volksfesten unterwegs

Und nun ist er plötzlich wieder voll im Geschehen drin. "Ich habe alte Verbindungen spielen lassen, und in der Szene kennt ja irgendwie jeder jeden. Aus der 'Franzl-Trio'-Zeit ist heute beispielsweise wieder ein Musiker mit von der Partie. Wir passen alle gut zusammen", meint der Steinaer. Ihr erster Auftritt war im August 2022. Seitdem ist die "Erzsteinl-Musi" viel unterwegs in der Region. Mit ihrer Alpenländischen Musik kommen die Fünf gut an.

Drei Musiker spielen dabei Steirische Harmonika. Sie wechseln sich am ersten Instrument ab, welches immer durchs Lied führt. Die anderen beiden Harmonikas begleiten dann entsprechend. Bass-Klarinette und Gitarre ergänzen das Ganze. In Sachsen habe man mit dieser Art Musik weit und breit ein Alleinstellungsmerkmal, sagt Bergmann. "Wir betreiben das alle aber nur als Hobby." Im Mittelpunkt stehe der Spaß. Und den sieht man ihnen an.

Letzter Schliff mit Waschbrett und Löffel

In zwei Dresdner Biergärten hatten sie beispielsweise 2023 regelmäßig Auftritte. Ihr Markenzeichen: auch mal an die Tische gehen und den Gästen sozusagen "ins Essen spielen". Das komme gut an. "Bei Paulaner-Bräu am Dresdner Waldschlösschen waren wir schon einige Male zu Gast. Es dürfen gern noch mehr Anfragen kommen", wünscht sich Wolfgang Bergmann.

Denn er managt die "Erzsteinl-Musi". "Wir freuen uns auf alles, was kommt", sagt er. Sie hätten sich in den letzten Monaten bei verschiedenen Auftritten und auf Festen beweisen können, unter anderem im Seifersdorfer Tal in der Marienmühle, im Bischheimer Park beim Tag der offenen Gärten und Parks, in der Pulsnitzer Schlossklinik, beim Schützenfest in Steina oder bei einem Frühschoppen im Kamenzer Seniorenheim Azurit.

"Wir können auch in unterschiedlichen Besetzungen spielen - vom Duo übers Trio bis zur großen Besetzung", erklärt Bergmann. Und Bandleader Helmut, der waschechte Bayer, holt auch gern einmal die Löffel und sein altes Waschbrett raus, um dem Ganzen noch den letzten Schliff zu geben.