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Keine Lückenbüßer

Warum das Krankenhaus in Radeberg nur gute Erfahrungen mit Azubis aus dem Kosovo gesammelt hat.

Von Jens Fritzsche
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© Thorsten Eckert

Radeberg. Die Idee entstand vor fast zehn Jahren bei einem privaten Besuch im Kosovo. Personalmangel in hiesigen Krankenhäusern war da noch lange kein so hitzig debattiertes Thema gewesen. Die Idee hatte einen anderen Hintergrund, erzählt Dr. Matthias Czech, der ärztliche Direktor der Radeberger Asklepios-ASB Klinik. Er besuchte damals einen langjährigen Freund, den Jesuiten-Pater Walter Happel, der in Prizren im Kosovo nach dem Ende des Balkankrieges um die Jahrtausendwende mithilfe von Spenden und Fördermitteln ein deutsches Gymnasium aufgebaut hatte; das Loyola-Gymnasium.

Bei diesem Besuch war dem Radeberger Chefarzt auch die dramatische medizinische Versorgungslage im sich nur langsam von den Kriegsfolgen erholenden Kosovo aufgefallen. „Es gab kein wirkliches Gesundheitssystem, das diesen Namen verdient“, denkt er zurück. Und so hatte er gemeinsam mit Pater Happel den Plan gefasst, Absolventen des deutschen Gymnasiums als Auszubildende ans Radeberger Krankenhaus zu holen. Schließlich bringen die Jugendlichen beste Voraussetzungen dafür mit: hervorragende Deutschkenntnisse, einen in Deutschland anerkannten Schulabschluss und sie sind zudem hochmotiviert. Im Anschluss sollten sie dann nach Hause zurückkehren, um zu helfen, im Kosovo ein funktionierendes Gesundheitswesen aufzubauen.

Zunächst waren allerdings noch zahlreiche bürokratische Hürden zu überspringen, um die Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis für die Jugendlichen zu bekommen, denn das Kosovo ist nicht Mitglied der EU. Dr. Czech holte Sachsens damaligen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich ins Boot, der von der Idee sofort begeistert war und einige Türen ein wenig leichter öffnen half.

Viel Lob von den Patienten

Mittlerweile funktioniert das Prozedere weitgehend problemlos und eingespielt. Und so beginnen nun jedes Jahr zwei bis vier Jugendliche aus Prizren ihre Ausbildung zum Krankenpfleger in Radeberg. Alle haben sie bisher erfolgreich abgeschlossen. „Wir haben ausschließlich gute Erfahrungen sammeln können“, unterstreicht Dr. Matthias Czech nicht nur deshalb. Denn auch die Patienten sind stets des Lobes voll, „innerhalb des Teams stimmt die Chemie ebenfalls“, freut er sich. Längst ist der sächsische Arbeitersamariterbund (ASB), dessen Chef Dr. Czech ist, auch Mitglied im Trägerverein des Gymnasiums in Prizren.

Der Radeberger Chefarzt macht zudem kein Geheimnis daraus, dass sich die Ausrichtung des Projektes längst gewandelt hat. „Wir sind natürlich nicht böse, wenn die Jugendlichen nach erfolgreicher Ausbildung hier bei uns bleiben“, macht der ärztliche Direktor deutlich. Denn auch im Radeberger Krankenhaus sind die Bewerberzahlen für Ausbildungsplätze zurückgegangen. „Auch wir spüren die geburtenschwachen Jahrgänge nach der Wende“, nennt der Klinikchef einen der Gründe. Zudem macht der Fachkräftemangel im deutschen Gesundheitswesen insgesamt natürlich ebenfalls keinen Bogen um Radeberg.

„Es wird immer schwieriger, gut ausgebildetes Personal zu bekommen!“ Es selbst auszubilden, ist deshalb ein wichtiger Weg, ist Dr. Czech überzeugt. Dass es seit Jahren die funktionierenden Kontakte nach Prizren gibt, kommt der Radeberger Asklepios-ASB Klinik nun zu Gute. „Wir waren damals ohne es zu ahnen, ein paar Schritte voraus im Hinblick auf Arbeitskräfte aus dem Ausland“, so der Radeberger Chefarzt. Denn längst gibt es kaum noch Krankenhäuser, die nicht gezwungen sind, auch Auszubildende aus dem Ausland zu rekrutieren, um Lücken zu schließen. „Gleichzeitig bieten wir den jungen Leuten aus dem Kosovo eine Chance auf eine erfolgreiche Zukunft“, fügt er an. Aktuell liegt die Jugendarbeitslosigkeit im Kosovo bei dramatischen 50 Prozent.