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Sommer im April: Was bedeutet das für Natur und Mensch in SOE?

Anfang April wurde der Frühling zum Sommer. Vielerorts in Sachsen herrschten Temperaturen um die 30 Grad. Die Folgen für SOE sind vielfältig und wenig positiv.

Von Fionn Klose
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Ein blühendes Rapsfeld bei Quohren. Die Blütezeit war in diesem Jahr 14 Tage zu früh.
Ein blühendes Rapsfeld bei Quohren. Die Blütezeit war in diesem Jahr 14 Tage zu früh. © Egbert Kamprath

Sonnenschein, klarer Himmel und Temperaturen knapp über 30 Grad Celsius. Anfang April war das Wetter ungewöhnlich. Ein weiterer bundesweiter Hitzerekord seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Auch in der Region herrschten sommerliche Temperaturen, auch hier wurden Rekorde geknackt. Ein Einblick in den vom Menschen gemachten Klimawandel. Bis 2050 soll die Durchschnitts-Temperatur in Freital um 2,7 Grad Celsius steigen. In Pirna um 2,6 Grad Celsius. Trockenphasen werden zukünftig häufiger und länger.

„Es gab entlang eines Tiefs über Westeuropa eine scharfe Luftmassengrenze“, sagt Sebastian Wetzel vom Wetterverein Zinnwald-Georgenfeld. Die sei auf der Westseite kalt und auf der Süd- und Ostseite warm gewesen. „Zusätzlich lenkte ein Tief über Libyen heiße und staubige Luft nach Norden.“ Da das Mittelmeer wärmer als üblich gewesen sei, hat sich die Luft nicht abkühlen können. Wetzel rechnet mit einer Zunahme solcher Ereignisse. Pro Jahr um circa einen Tag mehr.

Die heißen Temperaturen trocknen die Böden aus. Im Oberboden sei es aktuell wieder zu trocken, so Wetzel. „Die Unterböden sind aber gut gesättigt.“ Jedoch sei der März der trockenste seit 1921 gewesen. In den Böden im Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sei noch für zwei Wochen Wasser da. Durch das regenreiche Winterhalbjahr 2023 liege der Grundwasserstand 40 bis 70 Zentimeter über dem des Vorjahres. Aber dennoch ist der Wasserbedarf gerade hoch.

"Wir erwarten sehnsüchtig Niederschläge"

Denn „die Vegetation startete in diesem Jahr circa 20 Tage früher als üblich“, sagt Christoph Proft, Vorsitzender der Agrargenossenschaft Reinholdshain. Raps zum Beispiel blühe eigentlich etwa 14 Tage später. Die Frühjahrstrockenheit sei seit Ende März da. Aber die Nährstoffbedarfe für die blühenden Pflanzen und Getreidesorten müssen gedeckt sein. Und das geht nur mit ausreichend Wasser. „Wenn die Pflanze ihren Nährstoffbedarf nicht decken kann, haben wir Ertrags- und Qualitätseinbußen“, sagt Proft. „Wir erwarten sehnsüchtig Niederschläge.“

Wie kann die Landwirtschaft aber auf diese Temperaturrekorde reagieren? „Wir müssen die Anbauplanung entsprechend der verfrühten Vegetationszeiten anpassen“, sagt Proft. „Und wir müssen über neue Fruchtarten nachdenken.“

Auch auf dem Gut Pesterwitz wachsen verschiedene Obstsorten und auch der Wein viel früher als üblich. „Der Wein hat schon ausgetrieben“, sagt Inhaber Lars Folde. „So zeitig hatten wir das noch nie. Wenn das so weitergeht, dann geht die Ernte früher los.“ Äpfel und Süßkirschen zum Beispiel seien bereits in der Vollblüte. Eine Gefahr bleibt aber: Frost. Er hofft, dass keiner mehr kommt, sonst könne „alles kaputtgehen.“ Im Elbland kündigten Meterologen für die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag Temperaturen um den Gefrierpunkt an. „Wenn es tiefer wird, können wir nichts machen“, sagt Folde. „Wir können nicht befeuern, weil das acht Hektar sind.“ Das sei nicht kontrollierbar. „Wir können nur hoffen.“ Im Elbland hingegen ist die Befeuerung an bestimmten Stellen gängige Methode.

Hohe Schadholzmengen erwartet

Für die Imkerei sind die frühe Vegetation und die Temperaturen gut. Das Gut Pesterwitz beherbergt insgesamt über 20 Bienenvölker. „Die Bienen wissen gar nicht, wo sie hinfliegen sollen“, sagt Folde. „Die Honigräume werden jeden Tag voller.“

Der Klimawandel und die hohen Temperaturen sind auch eine Herausforderung für die Wälder im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Wegen der sommerlichen Temperaturen Anfang April hat die Borkenkäfersaison viel früher als in den vergangenen Jahren begonnen. „Ab einer Temperatur von 16 Grad Celsius fängt die Borkenkäferart Buchdrucker an zu schwärmen“, sagt Kristina Funke vom Staatsbetrieb Sachsenforst. Durch die flächendeckenden Temperaturen von über 20 Grad sei der erste Anflug unerwartet intensiv gewesen. Der frühe Schwärmbeginn der Borkenkäferarten Buchdrucker und Kupferstecher entspreche dem der extremen Borkenkäferjahre 2018 bis 2020. Waldbesitzern wird empfohlen, ihre Bäume zu prüfen und Abwehrmaßnahmen zu ergreifen.

Besonders Fichten sind bei den Borkenkäfern beliebt. Seit 2018 befiel allein der Buchdrucker insgesamt mehr als sieben Millionen Kubikmeter Holz in den sächsischen Wäldern. Davon 0,84 Millionen Kubikmeter im Jahr 2022/2023. Demgegenüber steht ein Holzvorrat an Fichten von rund 50 Millionen Kubikmetern. Laut Waldzustandsbericht könne die Menge des vom Buchdrucker befallenen Holzes stark ansteigen. „In Sachsen sind im Landkreis Mittelsachsen viele Wälder nahezu ‚fichtenfrei‘“, sagt Kristina Funke. Im Vogtland, im Zittauer Gebirge sowie der Sächsischen Schweiz seien die Borkenkäfer zahlenmäßig besonders aktiv.

Drei Waldbrände in einer Woche

„Die Wiederbewaldung dieser durch Borkenkäferbefall teilweise oder komplett abgestorbenen Nadelholzwälder wird zur Mammutaufgabe.“ Dabei sei eine Mischung und Vielfalt der Baumarten wichtig. Aber „der Umbau der Wälder hin zu klimastabilen, kleinräumig strukturierten Wäldern ist seit Jahren voll im Gange.“

Eine weitere Gefahr für die Wälder sind Brände. Auch hier steigen die Risiken durch die Trockenheit und hohen Temperaturen. In Sachsen wurden in den vergangenen Wochen immer wieder Waldbrände gemeldet. Zum Beispiel am vergangenen Sonntag in Coswig. Insgesamt 700 Quadratmeter Wald wurden durch das Feuer beschädigt. Nach dem Osterwochenende brannte es in der Sächsischen Schweiz dreimal in nur einer Woche.

„Die meisten Waldbrände in Deutschland werden fahrlässig oder vorsätzlich verursacht“, sagt Kristina Funke. „Natürliche Ursachen wie Waldbrand nach Blitzeinschlag sind selten.“ Daher gelte ganzjährig ein Rauchverbot im Wald. Offene Feuer müssen von der Behörde genehmigt werden.

„Am Freitag galt bereits wieder im gesamten Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge die Gefahrenstufe drei“, sagt Kristina Funke. Über das Wochenende habe sich die Lage etwas entspannt. Für Dienstag gilt die Gefahrenstufe zwei in Teilen des Landkreises - geringe Gefahr eines Waldbrandes. Doch die kann in Zukunft schnell wieder steigen.