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Paket-Agentin für russische Kriminelle: Dresdnerin tappt ahnungslos in Jobfalle

Eine junge Mutter aus Dresden wollte zu Hause etwas Geld dazuverdienen. Doch ihr Nebenjob stellte sich als illegal heraus. Die Frau war plötzlich Teil einer kriminellen Organisation.

Von Alexander Schneider
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Eine Dresdnerin wollte mit einem Nebenjob etwas zur Familienkasse beisteuern. Ohne es zu ahnen, hatte sie bei Betrügern angeheuert.
Eine Dresdnerin wollte mit einem Nebenjob etwas zur Familienkasse beisteuern. Ohne es zu ahnen, hatte sie bei Betrügern angeheuert. © Symbolfoto: Imago stock&people

Dresden. Eine unauffällige Stellenanzeige in einem Job-Portal, eine schnelle Bewerbung und zack, ehe sie sich versah, hatte eine Dresdnerin einen vermeintlich lukrativen Nebenjob. Das passte ihr gut, denn in der Elternzeit wollte sie ihren Mann ein wenig unterstützen. Sie sollte für eine international tätige Firma Pakete annehmen und an Adressen weiterleiten, die man ihr auf einer Internetseite mitteilte.

Ganz einfach eigentlich. In einem Arbeitsvertrag wurde ihr ein Minimum von 450 Euro im Monat zugesichert, ab dem zweiten Monat lockte sogar ein Bonus für jedes einzelne Paket. Da kann man schon mal schwach werden. Die gelernte Verkäuferin war glücklich, bald kamen die ersten Pakete.

Das war vor genau zwei Jahren im November 2021. Doch nach drei Wochen schon war Schluss. Nachdem sie nicht nur Pakete, sondern auch eine Mahnung für eine nicht bezahlte Bestellung erhalten hatte, wurde sie misstrauisch, beendete das Arbeitsverhältnis sofort und ging am nächsten Tag zur Polizei.

Vorwurf "Geldwäsche"

Geld hat die Heimarbeiterin nie gesehen. Stattdessen fand sich die 28-jährige Ungarin in einem Strafprozess am Amtsgericht Dresden wieder. Die Staatsanwaltschaft warf ihr leichtfertige Geldwäsche in zwölf Fällen vor. Der Angeklagten hätte es sich aufdrängen müssen, dass die Tätigkeit illegal war. In den Paketen, die sie nach Osteuropa, meist nach Russland weiterverschickte, befand sich Ware, die Gauner im großen Stil und unter falschen Personalien eingekauft, aber nicht bezahlt hatten.

Die junge Mutter aus Gorbitz wurde zu einem kleinen, aber wichtigen Baustein einer weit größeren kriminellen Organisation.

Die Angeklagte berichtete ausführlich, wie sie an den Job gelangt war und in den ersten Wochen insgesamt etwa 50 Pakete bearbeitet habe. Die Anzeige stand auf einem Stellenportal, auf dem sie schon ihre frühere und bis heute aktuelle Arbeitsstelle, ausgerechnet bei einem bekannten Paketdienst, gefunden hatte.

Auch die Betrügerfirma habe dort 2021 eine Anzeige geschaltet, von da habe sie sich auf die Firmenseite geklickt und sich per E-Mail bei der Personalabteilung beworben. Dann sei ihr sogar ein Arbeitsvertrag zugeschickt worden. Daher habe sie keine Zweifel gehabt. "Da ist alles in Ordnung", habe sie gedacht.

"Ein komisches Gefühl"

"Naja, das Deutsch der Firma klingt schon sehr holprig. Ist Ihnen das nicht aufgefallen?", fragte Richter Torsten Hentschel. "Nein, ich bin ja selbst Ausländerin", antwortete die Frau. Die Konditionen hätten gut geklungen. Erst, als sie entschied, sich an die Polizei zu wenden, habe auch ihr Mann gesagt, er habe "ein komisches Gefühl".

Ein Betrugsermittler der Polizei sagte, es kämen oft Paket-Agenten, die sich selbst stellen, wenn sie es merken oder von anderen angesprochen werden. Die Anzeige der Angeklagten habe zu weiteren Ermittlungsverfahren geführt. Die Bande sei bekannt, aber ihr sei schwer beizukommen. Selbst in Russland würde die Ware von ein, zwei Paket-Agenten weitergeleitet. Auch die Webseiten der Betrüger seien nicht so lange online, um an die Täter zu kommen.

Richter Hentschel nahm der Frau ab, dass sie keine kriminellen Absichten hatte. Er stellte das Verfahren gegen die Zahlung einer Geldauflage von 500 Euro für einen gemeinnützigen Zweck ein.