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Freitaler Stadtrat wieder vor Gericht

Amtsanmaßung und Vortäuschen von Straftaten - der schillernde Thomas Prinz ist wieder öfter vor Gericht zu sehen. In Dresden gab's eine kleine Überraschung.

Von Alexander Schneider
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Das Foto zeigt den AfD-Stadtrat Thomas Prinz bei einem seiner Prozesse vor dem Amtsgericht Dippoldiswalde im September 2019.
Das Foto zeigt den AfD-Stadtrat Thomas Prinz bei einem seiner Prozesse vor dem Amtsgericht Dippoldiswalde im September 2019. © Foto: Annett Heyse

Dresden/Freital. Noch immer ist die Justiz dem Freitaler AfD-Stadtrat Thomas Prinz auf den Fersen. Seit Jahren versuchen Staatsanwaltschaft und Gerichte, den 49-jährigen Rollstuhlfahrer zur Verantwortung zu ziehen, bislang jedoch mit mäßigem Erfolg. Dabei haben es die Vorwürfe gegen den schillernden Kommunalpolitiker in sich: Nötigung, Amtsanmaßung, Vortäuschen von Straftaten und Betrug werden ihm vorgeworfen.

2014 und 2016 soll er behauptet haben, er sei in Freital auf der Straße von Räubern russischer beziehungsweise arabischer Herkunft überfallen worden. Dabei sei ihm jeweils ein Tablet-PC gewaltsam entrissen worden. Die zweite Tat zeigte Prinz am 4. November 2016 auf einer Polizeiwache in Berlin an. Später jedoch sollte sich herausstellen, dass die Tablets offenbar nie geraubt worden waren, denn die Polizei stellte die Computer im Februar 2017 bei einer Durchsuchung der Wohnung von Prinz sicher. So geriet er in den Verdacht, die beiden Überfälle der Polizei vorgegaukelt zu haben.

Darüber hinaus soll er mit seiner Lebensgefährtin die geraubte Technik bei der Versicherung gemeldet und eine Entschädigung kassiert haben, was zu dem Betrugsvorwurf führte. Schon seit Juni 2017 versucht das Amtsgericht Dippoldiswalde, dem Angeklagten und seiner Frau den Prozess zu machen. Sechs Anläufe hat es gegeben, doch Prinz hatte sich entschuldigen lassen oder war nicht erschienen. Am 1. Oktober 2020 fand der bislang letzte Versuch in dieser Sache statt, ohne Prinz.

Am Rande der Hauptverhandlungen kam heraus, dass sich der gelernte Schuhmacher beim Wahlkampf 2019 als Gerichtsmediziner ausgegeben hatte, tatsächlich hatte er für Bestattungsunternehmen gearbeitet. Prinz hatte schon als junger Mann wiederholt mit der Justiz zu tun und ist auch hafterfahren. Unter anderem wurde er in den 90er- und der ersten Hälfte der 2000er-Jahre wegen Zuhälterei, schweren Raubes, Steuerhinterziehung und Fahrens ohne Führerschein verurteilt.

Eskapaden auf der A13

Der zweite Tatkomplex, Nötigung und Amtsanmaßung, hängt mittelbar mit den Tablet-Mauscheleien zusammen. Denn nachdem der Stadtrat den zweiten Überfall am 4. November in Berlin angezeigt hatte, soll er in seinem silberfarbenen Mercedes auf der Heimfahrt erneut straffällig geworden sein. Gegen 17 Uhr habe er laut Anklage den Fahrer eines Audi Q7 mit einer Anhaltekelle zum Stoppen genötigt und sich ihm gegenüber an der Fahrertür des Audi als Polizeibeamter der Autobahnpolizei in zivil ausgegeben. Dazu habe er dem verdutzen Mann aus Thüringen eine Polizeimarke vor die Nase gehalten.

Man ahnt es: Auch die Polizeimarke muss bei der Wohnungsdurchsuchung sichergestellt worden sein, es waren sogar zwei sogenannte "Kriminalmarken".

Im Juli 2019 wurde Prinz für den gefakten Polizeieinsatz am Amtsgericht Meißen zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro verurteilt (150 Tagessätze zu je 20 Euro). Prinz, so ist Medienberichten von damals zu entnehmen, habe auch dort versucht, aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Prozess zu erscheinen. Doch als der Richter mitbekommen hatte, dass Prinz im damaligen Wahlkampf aufgetreten war, hatte ihn eine angebliche Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten nicht mehr überzeugt.

Mehr als zwei Jahre hat die Justiz nun wieder verstreichen lassen, ehe Prinz sich jetzt für seine angeblichen Eskapaden auf der A13 auch vor dem Landgericht Dresden in der Berufungsverhandlung verantworten musste. Dort sagte der 49-Jährige, im erstinstanzlichen Prozess habe er keine Chance gehabt. "Man konnte sagen, was man wollte", es habe nichts gebracht, so Prinz.

Seine Verteidigerin fügte an, dass es diesen Vorfall nicht gegeben habe, jedenfalls nicht so: "Es gab keine Begegnung." Ihr Mandant sei zwar in Berlin gewesen, doch zum Tatzeitpunkt habe er sich längst in einer Reha-Klinik in Kreischa bei seiner Frau befunden. Aber ja, Prinz sei tatsächlich im Besitz zweier Polizeimarken gewesen. Das seien Artikel, die er in einem Geschäft für Faschingsbedarf gekauft habe und im Übrigen nun auch gerne wieder zurückhaben möchte.

Des Weiteren wurde ein ärztliches Attest verlesen, nach dem Prinz aufgrund einer Erkrankung seit April 2012 behindert sei. Danach sei der Patient seit April 2012 nicht in der Lage, sich "frei und ohne Hilfsmittel" wie Rollstuhl oder Krücken fortzubewegen. Sein Auto sei behindertengerecht umgerüstet worden.

Polizeimarken aus dem Faschingsshop

Als Zeugin war nur eine Polizeibeamtin erschienen, die 2016 gegen Prinz ermittelt hatte. Sie berichtete unter anderem, dass der Angeklagte von den beiden Männern, die in dem Q7 gesessen hatten, nicht zweifelsfrei wiedererkannt worden sei. Prinz war wohl aufgrund eines Autotyps und Teilen seiner Kennzeichennummer "888" ermittelt worden - und der Fund der Faschingsmarken dürfte den Verdacht gegen ihn weiter erhärtet haben. Die Audi-Insassen erschienen nicht. Laut Polizeivernehmung hatten sie jedoch die Frage verneint, ob der angebliche Zivilpolizist mit Krücken auf sie zugekommen sei.

Und so ließ der Staatsanwalt nach der Beweisaufnahme vom Vorwurf der Amtsanmaßung ab und plädierte, Prinz nur noch wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 1.600 Euro zu verurteilen. Es sei unstrittig, dass er das behindertengerecht umgebaute Auto auf dem Rückweg von Berlin gefahren habe. Bei den falschen Polizisten könnte es sich auch um einen Beifahrer gehandelt haben. Die Verteidigerin forderte einen absoluten Freispruch: "Die Tat kann sich nicht so zugetragen haben".

Es spreche vieles dafür, dass sowohl der Angeklagte als auch sein Mercedes am Tatort waren, "doch wohin man schaut, es bleiben Zweifel", sagte der Vorsitzende Richter. Die Aussagen der Geschädigten seien zu wenig konkret. Es sei unklar, ob der Fahrer des Prinz-Mercedes oder gar ein Beifahrer ausgestiegen sei. Prinz wurde von der Berufungskammer freigesprochen, rechtskräftig ist das Urteil jedoch noch nicht.

Prinz hatte in seinem letzten Wort gesagt, er sei das nicht gewesen und sei "fix und fertig" aufgrund dieser Geschichte. Der Mann muss jetzt tapfer sein, denn schon in wenigen Tagen steht am Amtsgericht Dippoldiswalde angeblich sein nächster Strafprozess an. Neuer Anlauf in der nicht enden wollenden Geschichte um die vermeintlich geraubten Tablets.