Dresden
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IT-Ermittler prüft den Mordauftrag

Eine 41-jährige Dresdnerin hat im Internet einen Killer auf die Freundin ihres Ehemannes angesetzt. Heute soll das Urteil fallen.

Von Alexander Schneider
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Wachtmeister führen die Angeklagte Ina R. in den Gerichtssaal. Seit Februar sitzt die Angeklagte in Untersuchungshaft. Sie soll einen Auftragskiller auf die neue Freundin ihres Ehemannes angesetzt haben.
Wachtmeister führen die Angeklagte Ina R. in den Gerichtssaal. Seit Februar sitzt die Angeklagte in Untersuchungshaft. Sie soll einen Auftragskiller auf die neue Freundin ihres Ehemannes angesetzt haben. © Ronald Bonß

Dresden. Durch Recherchen einer Journalistin des „Spiegel“ wurde ein Auftragsmord bekannt, die Verdächtige festgenommen und das vermeintliche Opfer im Zeugenschutzprogramm versteckt. Das war die Lage Ende Februar dieses Jahres, als ein 41-jähriger IT-Ermittler des Landeskriminalamtes mit Recherchen im Darknet beauftragt wurde. Er sollte sich in dem besonders anonymen Bereich des Computernetzes auf die Spuren der mutmaßlichen Täterin begeben.

Am Donnerstag war der Polizist Zeuge im Prozess gegen die 41-jährige Dresdnerin Ina R., die der neuen, damals schwangeren Freundin ihres Ehemannes aus Berggießhübel nach dem Leben trachtete. Seit Oktober steht die Frau wegen versuchter Anstiftung zum Mord vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Dresden.

„Internet Killer“ heißt die Darknet-Seite, und der Hauptkommissar habe nicht lange danach suchen müssen. Es gebe einige Seiten dieser Art, auf denen Unbekannte einen Auftragsmord versprechen, berichtete der Zeuge. Es war ihm auch bald gelungen, das „Konto“ der Angeklagten auf dieser Seite zu öffnen. Für die Daten versuchte er Nutzernamen und Passwörter, die unter verschiedenen Notizen auf dem Schreibtisch sichergestellt worden waren. So sei es gelungen, nicht nur ein E-Mail-Konto der 41-Jährigen zu durchforsten, sondern auch die „Internet Killer “-Seite.

Ein VIP-Kill für 60.000 Dollar

„Kjm4m“ lautete der Nutzername, die Abkürzung könnte für „Kille J. M. für mich“ stehen, hinter J. M. verbergen sich die Personalien des 23-jährigen Opfers. Für umgerechnet 10.000 US-Dollar habe die Angeklagte einen Mord bestellt, der wie ein Unfall aussehen sollte. Auf der Seite gab es weitere „Angebote“: Für relativ günstige 5.000 Dollar wird angeboten, das Opfer quasi im Vorbeifahren zu erschießen („Shoot an drive away“), deutlich teurer, 30.000 Dollar, sind Entführungen, für einen „VIP-Kill“ seine 60.000 Dollar fällig.

Auf der Seite seien die Vorteile dieses Dienstleistungsmodells umfassend herausgestellt worden: Es sei ein sicheres Geschäft, anonym, bezahlbar und vor allem nicht nachzuverfolgen. Die Auftragskiller würden erst nach erfolgreichem Einsatz bezahlt, sei dort etwa versichert worden, so der Beamte. Auch wenn Zweifel blieben, was die Ernsthaftigkeit angeht, so dürfe man mit diesem Thema nicht leichtfertig umgehen. Wer könnte das bestreiten?

Das Geld war längst weg

Ina R. habe Namen, Adresse und persönliche Identifikationsmerkmale der 23-Jährigen in ein Formular eingetragen, dass sie alle zwei Stunden mit ihrem Hund vor die Tür gehe, welches Auto sie fährt, Kennzeichen, soziale Medien und dergleichen. R. habe 0,2 Einheiten der Kryptowährung Bitcoin überwiesen, so der Zeuge, etwa 10.000 Dollar. Er habe auch eine Nachforderung in Höhe von knapp 300 Dollar gefunden, der sich möglicherweise aus Schwankungen des Bitcoin-Kurses resultiere.

Allerdings habe er den Mordauftrag nicht stornieren oder das Geld zurückrufen können. Die Bitcoins waren längst weg. Die Spur des Geldes habe sich über mehrere Stationen verfolgen lassen, in Großbritannien schließlich sei Schluss gewesen. Der Empfänger habe rumänische Personalien. Mehr sagte der Beamte dazu nicht mit dem Verweis auf laufende Ermittlungen.

Ina R. hat die Tat gestanden. Heute Nachmittag will die Kammer ihr Urteil verkünden. Am Vormittag wird zunächst ein psychiatrischer Sachverständiger sein Gutachten über die Angeklagte abgeben, ehe Staatsanwalt und Verteidigung plädieren.