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Kartenbetrüger finden neue Masche

Ein Trio hat hochwertige E-Bikes mit Kreditverträgen ergaunert. Die Daten und Girokarten dazu waren gestohlen, gefälscht und professionell erstellt worden.

Von Alexander Schneider
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Thomas R. (l.) soll mit zwei Komplizen gezielt Fahrräder und Möbel ergaunert haben. Zum Prozessauftakt erklärte sein Verteidiger Robert Zukowski, sein Mandant werde vorerst schweigen.
Thomas R. (l.) soll mit zwei Komplizen gezielt Fahrräder und Möbel ergaunert haben. Zum Prozessauftakt erklärte sein Verteidiger Robert Zukowski, sein Mandant werde vorerst schweigen. © Archiv: Alexander Schneider

Dresden. Drei Wochen lang sollen drei Betrüger sich teure Fahrräder und Möbel mit den gestohlenen Daten ahnungsloser Opfer erschwindelt haben. Sie grasten im April 2021 Läden und Möbelhäuser in Erfurt, Jena, Halle, Leipzig und Zwickau ab. Doch schon Anfang Mai endete die Serie vor einer Dresdner Filiale des Fahrrad-Spezialisten XXL. Aufmerksame Mitarbeiter hatten Verdacht geschöpft und die Polizei alarmiert. Seitdem sitzt der mutmaßliche Haupttäter in Untersuchungshaft.

Am Donnerstag hat am Landgericht Dresden der Prozess gegen Thomas R. begonnen, ein 37-jähriger Elektroniker aus Breslau in Polen mit bewegter Vergangenheit und einschlägiger Vorstrafe. Laut Anklage soll er seine Komplizen, zwei Thüringer, mit professionell gefälschten Unterlagen versorgt haben: Personalausweise, Bankkarten, Lohnabrechnungen, kommunalen Meldebescheinigungen. Die Mittäter kauften E-Bikes und andere hochwertigen Räder und zweimal auch Möbel für meist mittlere vierstellige Beträge. Finanziert wurden die Käufe durch Darlehensverträge, die noch in den Geschäften mit den Fake-Unterlagen abgeschlossen wurden.

Beweise im Gully versteckt

Die Verkäufer hatten keinen Anlass zur Sorge, denn die vorgelegten Daten hielten einer Überprüfung im Laden stand. Die Bankverbindungen stimmten, die Konten waren gedeckt – einzig die EC-Karten waren nicht auslesbar. Kommt ja schon mal vor. Vielen Dank und auf Wiedersehen!

Die Täter waren weg, und mit ihnen die Beute. Der Schwindel flog erst auf, als die Inhaber der Konten „ihre“ Darlehen bedienen sollten. Nach Angaben der Dresdner Staatsanwaltschaft haben die Täter einen Schaden von mehr als 25.000 Euro verursacht. Ihnen wird unter anderem Betrug in sieben Fällen, versuchter Betrug und Fälschung von Zahlungskarten vorgeworfen.

Sein Mandant habe bereits bei der Polizei ausgesagt, im Prozess werde er das vorerst nicht tun, sagte Verteidiger Robert Zukowski. Als Grund nannte der Anwalt, dass R. Ende letzten Jahres weitere Angaben habe machen wollen, doch der Ermittler habe auf das Angebot nicht reagiert. „Jetzt halten wir es nicht für notwendig, eine Aussage zu machen und schweigen.“ Das klang irgendwie nach Posse. Zukowski hält es nicht für erwiesen, dass R. der Haupttäter ist. Er hält die Vorwürfe für übertrieben.

Ermittler berichteten, alle drei hätten nach ihrer Festnahme Angaben gemacht und sich gegenseitig belastet. Auf dem Laptop des Angeklagten, in seinem Audi und auf dem Handy eines obdachlosen Mitbeschuldigten sicherten die Ermittler schon in der ersten Nacht so viele Informationen, dass weitere Mittäter im Prinzip ausgeschlossen werden konnten. In einem Gully vor der XXL-Filiale fanden Polizisten mehrere Ausweise und Girokarten, alles Fälschungen.

England, Ukraine, Polen

Das Versteck hatten die Beamten schon gefunden, ehe es ihnen ein Beschuldigter genannt habe. Schön wäre es, so ein Kommissar, wenn man Zugriff auf das mutmaßliche Tat-Handy des Angeklagten hätte. Das Entschlüsseln könne jedoch bis zu 28 Jahre dauern.

Völlig offen ist, wie die Täter an die sensiblen Daten gelangt waren. Doch der Identitätsdiebstahl wird wohl in diesem Prozess kaum aufzuklären sein. Über die Qualität der gefälschten Girokarten staunten die Beamten. Sie seinen "auf den ersten und auf den zweiten Blick nicht von Originalen zu unterscheiden". Der Unterschied sei erst beim Einsatz der Karten feststellbar.

Vom Intellekt her sei das wohl am ehesten dem 37-Jährigen zuzutrauen, als seinen Komplizen, sagte ein Ermittler. R. habe auch Zugang zum Darknet gehabt, wo mit solchen Daten gehandelt werde. Denkbar ist jedoch auch, dass der Angeklagte auf anderen Wegen daran gekommen ist. Die Ermittler haben keinerlei Verbindung zwischen den Verdächtigen und den Geschädigten, darunter auch Männer aus Luxemburg und Österreich, feststellen können.

R. berichtete, er habe Elektroniker gelernt und einige Semester Wirtschaft studiert. Er habe Jahre in England und der Ukraine gearbeitet und habe jetzt Unternehmungen in Breslau im Bereich Transport, Handel mit Gebrauchtreifen, Internetgeschäfte. Wegen Diebstahls ist er vorbestraft, 2013 in München. Zu einer einschlägigen Betrugsverurteilung in Tschechien wollte er keine Angaben machen.

Der Prozess wird fortgesetzt.