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Gewalt unter Kindern und Jugendlichen um mehr als ein Drittel gestiegen

Psychologen sind in Sorge über die zunehmende Aggressivität unter Minderjährigen - die nun auch mit Zahlen belegt ist. Auch bei Älteren nahmen Straftaten und Gewalt zu.

Von Stephanie Wesely
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Die Polizei hat deutlich mehr Kinder und Jugendliche als Tatverdächtige ermittelt.
Die Polizei hat deutlich mehr Kinder und Jugendliche als Tatverdächtige ermittelt. © Daniel Bockwoldt/dpa

Berlin. Die Kriminalität unter Kindern und Jugendlichen in Deutschland im vergangenen Jahr ist gegenüber 2019 um mehr als ein Drittel gestiegen. Das geht aus der polizeilichen Kriminalstatistik hervor, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Donnerstag in Berlin vorstellt.

Doch dabei handelt es sich nur um angezeigte und strafverfolgte Fälle. Die Dunkelziffer wird viel höher eingeschätzt. Gewalt von Gleichaltrigen ist für viele Kinder und Jugendliche bereits Alltag geworden.

Kinder- und Jugendlichen-Psychologen wie Sabine Ahrens-Eipper aus Halle sind in Sorge über diese Entwicklung. Sie fordern mehr Beratungsmöglichkeiten und medienpädagogische Begleitung. Denn als neuer Trend unter Schülern hat sich gezeigt, dass immer häufiger kinderpornografische Dateien, Bilder von Tierquälereien sowie rassistischen und kriegerischen Gewalttaten in Klassen-Chats kursieren. Die Hemmschwelle, selbst solche Taten zu begehen, sinkt damit immer weiter, was der Fall der von Mitschülerinnen getöteten Luise aus Freudenberg zeigt.

Starker Anstieg der Fälle und sinkende Aufklärungsquote

Unabhängig vom Alter haben die Polizeibehörden von Bund und Ländern im vergangenen Jahr deutlich mehr Straftaten registriert als in den Jahren zuvor. Damit kehrt sich der positive Trend der zurückliegenden Jahre um. Nachdem die Zahl der Straftaten in den fünf Jahren zuvor jeweils niedriger gewesen war als im Vorjahr, stieg sie im Jahr 2022 um 11,5 Prozent auf bundesweit rund 5,63 Millionen Fälle an. Die Aufklärungsquote sank im gleichen Zeitraum um 1,4 Prozentpunkte auf 57,3 Prozent.

Die Daten für 2022 zeigten, dass die Arbeit für die deutschen Sicherheitsbehörden gewaltig gestiegen sei, sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke. Angesichts von Personallücken, Ausstattungsdefiziten und einer immer noch sehr schleppend verlaufenden digitalen Vernetzung bestehe dringender Handlungsbedarf.

Besonders stark war der Anstieg 2022 unter anderem bei den Delikten Taschendiebstahl, Ladendiebstahl, Wohnungseinbrüchen, Wirtschaftskriminalität und bei den Raubdelikten. Dass die Zahl der strafrechtlich relevanten Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht, das Asyl- und das EU-Freizügigkeitsgesetz zunahm, dürfte mit dem deutlichen Anstieg der Zahl der unerlaubten Einreisen zusammenhängen.

Hier sowie bei den Eigentumsdelikten spielt auch die Aufhebung von Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie eine Rolle. Diese Maßnahmen hatten irreguläre Grenzübertritte erschwert. Zudem hatten die Menschen in Deutschland in den Jahren 2020 und 2021 mehr Zeit als sonst in der heimischen Wohnung verbracht. Dadurch gab es weniger Tatgelegenheiten für Taschendiebe und Einbrecher.

Bei der Gewaltkriminalität stellte die Polizei sowohl im Vergleich zum Vorjahr als auch im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 eine Zunahme fest. Mit rund 197.000 Fällen gab es den Angaben zufolge 2022 fast 20 Prozent mehr Fälle als im Vorjahr und knapp neun Prozent mehr als 2019. (mit dpa)