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Staatsanwaltschaft Berlin stellt Ermittlungen gegen Till Lindemann ein

Weil die mutmaßlichen Opfer nicht selbst aussagen, können die Missbrauchs-Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann nicht hinreichend belegt werden.

Von Oliver Reinhard
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Erleichterung bei Rammstein-Sänger Till Lindemann: Die Staatsanwaltschaft Berlin kann keine Anhaltspunkte für sexuellen Missbrauch finden.
Erleichterung bei Rammstein-Sänger Till Lindemann: Die Staatsanwaltschaft Berlin kann keine Anhaltspunkte für sexuellen Missbrauch finden. © dpa

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das Ermittlungsverfahren gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann eingestellt. Das gab die Behörde Dienstagmittag bekannt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, „dass der Beschuldigte gegen deren Willen sexuelle Handlungen an Frauen vorgenommen, diesen willensbeeinflussende oder -ausschaltende Substanzen verabreicht oder gegenüber minderjährigen Sexualpartnerinnen ein Machtgefälle ausgenutzt hat, um diese zum Geschlechtsverkehr zu bewegen“, so die Staatsanwaltschaft.

Für die Entscheidung war maßgeblich, dass sich die mutmaßlich Geschädigten selbst nicht an die Behörden gewandt habe, „sondern ausschließlich – auch nach Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens – an Journalistinnen und Journalisten, die sich ihrerseits auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen haben.“ Die Möglichkeit, etwaige Tatvorwürfe ausreichend zu konkretisieren, bestand daher laut Staatsanwaltschaft ebenso wenig wie die, „einen Eindruck von der Glaubwürdigkeit der mutmaßlichen Geschädigten und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben im Rahmen von Vernehmungen zu gewinnen.“ Die Strafanzeigen, die bei der Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Till Lindemann eingegangen waren, stammten tatsächlich nicht von mutmaßlichen Opfern, sondern von unbeteiligten Dritten.

Rekrutierungssystem für junge Frauen als Sexobjekte

Die #MeToo-Affäre um Till Lindemann und Rammstein hatte vor drei Monaten begonnen. Die Irin Shelby Lynn hatte nach einem Konzert der Band in Vilnius am 25. Mai ein Bild mit einer Verletzung an ihrem Körper gepostet und dazu geschrieben: „Auf dem Konzert wurde ich unter Drogen gesetzt, ich hatte nur zwei Drinks auf der Vorab-Party. Und Till gab allen einen Tequila Shot. Ich weiß nicht, wann oder wie das passiert ist.“ Damit stand die Möglichkeit im Raum, dass Lynn womöglich betäubt und missbraucht worden sein könne.

Die Veröffentlichung des Posts löste ein breites Echo in klassischen und Sozialen Medien aus. Mehrere Frauen berichteten von ihren eigenen Erfahrungen mit Till Lindemann, die sie teils als verstörend und beängstigend empfunden hätten. Laut diverser Aussagen sind junge Frauen vor und während der Konzerte gezielt ausgewählt und für spezielle After-Show-Partys rekrutiert worden. Dort sei es dann in separaten Räumen auch zu sexuellen Handlungen gekommen. Diese Schilderungen decken sich mit Aussagen mehrerer Frauen in anderen Ländern zu Castings und Fragen nach der Bereitschaft zu Sex und vom Ausschluss für jene, die dem Wunsch nicht nachkamen.

Meinungsäußerung "sexueller Missbrauch" weiter erlaubt

Die Band bestreitet die Vorwürfe und reagiert darauf, indem sie unter anderem die „Casting Direktorin“ freistellte, die Lindemann immer neue Frauen zugeführt haben soll. Die Vorwürfe, er habe Frauen gezielt unter Drogen gesetzt, um mit ihnen Sex zu haben, wurden vom Anwalt der Band als unwahr bezeichnet und inzwischen vom Landgericht Hamburg ebenso verboten wie die Behauptung, der Sänger habe Frauen vergewaltigt.

Zuvor hatte das Landgericht Berlin beschlossen, der Begriff "sexueller Missbrauch" sei vor dem Hintergrund der "unstreitigen sexuellen Kontakte des Antragstellers (auf eine Unterlassung, d. Red.)" im Zusammenhang mit Konzerten Till Lindemanns auch weiterhin als Meinungsäußerung zulässig.