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Schostakowitsch-Tage in Gohrisch feiern Scheunenfest mit Stars

Feinster Sound auf dem Land: Das Schostakowitsch-Festival in der Sächsischen Schweiz bietet 2024 viele Neuheiten und prominente Debüts.

Von Bernd Klempnow
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Die erste Probe vor 15 Jahren: Der Cellist Isang Enders probiert die Akustik der Konzertscheune von Gohrisch aus. Sie wurde für sehr gut befunden, die Scheune wird seitdem immer fürs Festival gereinigt und bestuhlt, bekommt eine Bühne und Licht.
Die erste Probe vor 15 Jahren: Der Cellist Isang Enders probiert die Akustik der Konzertscheune von Gohrisch aus. Sie wurde für sehr gut befunden, die Scheune wird seitdem immer fürs Festival gereinigt und bestuhlt, bekommt eine Bühne und Licht. © Arne Walther

Die Strohscheune vom Kurort Gohrisch ist quasi der Kulturpalast der Sächsischen Schweiz. Wohl ist der Bau mit 540 Plätzen wesentlich kleiner und weniger schön als das Dresdner Gebäude. Der Klang freilich ist erstaunlich gut – weshalb die Scheune längst Kultstatus für die Austragung der Schostakowitsch-Tage in Gohrisch besitzt. Das Festival, das sich vor allem dem Schaffen des Komponisten Dmitri Schostakowitsch (1906 – 1975) widmet, feiert 15-jähriges Bestehen. Mit hochkarätig besetzten Konzerten wird dies vom 27. bis 30. Juni begangen. Ein Sonderkonzert der Sächsischen Staatskapelle im Kulturpalast am 26. Juni mit der Leningrader Sinfonie läutet den diesjährigen Jahrgang ein.

„Ich freue mich auf namhafte Künstler, die ihre Programme eigens auf unsere Festivalschwerpunkte ausgerichtet haben“, so der Künstlerische Leiter Tobias Niederschlag am Dienstag bei der Präsentation der Vorhaben. Die Tatsache, dass viele der Mitwirkenden zum ersten Mal zu Gast sind, zeige zudem, dass das Festival immer mehr an Attraktivität gewinne.

Schätzt die Vielfarbigkeit: Violinist Gidon Kremer, der mit seinem hervorragenden Kammerensemble Kremerata Baltica in der Festival-Scheune von Gohrisch musizieren wird.
Schätzt die Vielfarbigkeit: Violinist Gidon Kremer, der mit seinem hervorragenden Kammerensemble Kremerata Baltica in der Festival-Scheune von Gohrisch musizieren wird. © Oliver Killig

Dem Schaffen des Namenspatrons stehen in diesem Jahr Werke von zwei weiteren russischen Komponisten gegenüber: Modest Mussorgsky war stilistisch und ästhetisch ein wichtiges Vorbild für Schostakowitsch, etliche Werke Mussorgskys – darunter die Opern „Boris Godunow“ und „Chowanschtschina“ – hat er in eigenen Bearbeitungen vorgelegt. Alexander Raskatov wiederum führt die Schostakowitsch-Tradition in die Gegenwart: Der 1953 in Moskau geborene Komponist feierte unlängst mit der Oper „Animal Farm“ nach George Orwell in Amsterdam und Wien große Erfolge. „Schon lange ist mir Gohrisch ein Begriff“, zitiert ihn Niederschlag. „Jetzt werde ich diesen geschichtsträchtigen Ort endlich besuchen. Es bedeutet mir viel, dass meine Musik in diesem Kontext erklingt.“

Besonderes bietet das Eröffnungskonzert. Mit nahezu 40 zyklischen Aufführungen der Streichquartette gilt das Quatuor Danel als das führende Schostakowitsch-Quartett weltweit. Die Musiker aus Frankreich sind wiederholt zu Gast und musizieren etwa das Streichquartett Nr. 14 – Letzteres ist das Einzige der 15 Quartette, das bislang noch nicht in der Scheune zu hören war. Wieder dabei ist Gidon Kremer. Bei seinem nunmehr vierten Auftritt beim Festival wird er mit seinem Kammerorchester Kremerata Baltica vor allem Komponisten aus Osteuropa im Blick haben.

Tobias Niederschlag ist der Künstlerische Leiter der Schostakowitsch Tage, aufgenommen am Rande einer Pressekonferenz für die Internationalen Schostakowitsch Tage.
Tobias Niederschlag ist der Künstlerische Leiter der Schostakowitsch Tage, aufgenommen am Rande einer Pressekonferenz für die Internationalen Schostakowitsch Tage. © dpa

Prominente Debüts und eine Uraufführung könnten weitere Höhepunkte werden. So geben der Bariton Matthias Goerne und sein Klavierbegleiter Alexander Schmalcz bei ihrem ersten Auftritt auf der idyllischen Anhöhe inmitten der Tafelberge einen Liederabend unter anderem mit der Uraufführung einer nachgelassenen Romanze Schostakowitschs für Bass und Klavier. Es ist der erste Liederabend in der Festival-Geschichte. „Damit öffnen sich Spielräume, um künftig das umfangreiche Liedschaffen unseres Idols zu erschließen. Das Potenzial ist noch lange nicht ausgereizt.“ Vielfältig, in kleinen, größeren und solistischen Formaten, sind wieder Musiker der Staatskapelle im Einsatz. Ohne Gage, wie alle Künstler, aber mit zusätzlicher Arbeit. Der Vorteil: Durch die intensive Beschäftigung mit dieser speziellen, sehr starken Musik bekommt die Kapelle eine gewisse Schostakowitsch-Expertise.

Und Intendant Niederschlag ist hocherfreut, dass noch einmal die 89-jährige Komponisten-Witwe Irina Antonowna anreist. Sie fördert das Festival von Anfang an. „Mit ihr wollen wir uns auf das humanistische Erbe ihres Mannes konzentrieren, das unter den gegenwärtigen politischen Umständen aktueller denn je erscheint.“

Karten und Service

  • Der Einzelverkauf ist am 5. März gestartet. Tickets können auf schostakowitsch-tage.de gebucht werden. Karten für das Sonderkonzert der Staatskapelle am 26. Juni sind unter staatskapelle-dresden.de erhältlich.
  • Zum ersten Mal gibt es einführende Podcasts zu allen Konzerten, die vor und während des Festivals kostenfrei auf der Website verfügbar sind.
  • Live-Konzerteinführungen gibt es im Saal der Gemeindeverwaltung Gohrisch.