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Darum holpert es beim E-Rezept in Löbau-Zittau

Seit Januar ist das elektronische Rezept eigentlich Pflicht - in der Praxis sieht das zwischen Löbau und Zittau anders aus. Das hat Gründe, die nicht unbedingt nur bei der Technik liegen.

Von Anja Beutler
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Apotheker Stephan Hampel mit einem Kartenlesegerät für digitale Rezepte in der Herrnhuter Apotheke zum Hutberg.
Apotheker Stephan Hampel mit einem Kartenlesegerät für digitale Rezepte in der Herrnhuter Apotheke zum Hutberg. © Matthias Weber/photoweber.de

Für manchen Apothekenkunden ist es noch ein bisschen gewöhnungsbedürftig - für viele Apotheken inzwischen Routine: das elektronische Rezept. Eigentlich ist es seit Jahreswechsel für Ärzte Pflicht, Rezepte elektronisch auszustellen. Ganz reibungslos klappt das aber nicht: Das E-Rezept ist auch im Kreis Görlitz zwischen Löbau und Zittau noch nicht der Standard. Woran das liegt, wo es hakt, was das für Patienten bedeutet - hier im Überblick.

Ärzte hadern teilweise mit Technik

In der Tat haben offenbar Arztpraxen mit der Technikumstellung in Teilen mehr Probleme als die Apotheken. Noch stellen auch nicht alle Praxen E-Rezepte aus. Wie viele das genau betrifft, kann die Kassenärztliche Vereinigung Sachsens (KVS) nicht absolut sagen. Nur so viel: Ende Oktober 2023 waren 51 Prozent der Praxen in der Lage, E-Rezepte auszustellen. Das legt nahe, dass auch jetzt noch nicht alle am Netz sind.

Sind es auch nicht, bestätigt der Oderwitzer Arzt Gottfried Hanzl, zugleich Sprecher der Hausärzte im Altkreis Löbau-Zittau. Auch seine Praxis sei noch nicht dabei: "Wir starten nach jetzigem Stand im März", sagt er. "Je größer die Praxis, desto schwieriger die Umstellung", meint er. Seiner Einschätzung nach seien etwa 40 Prozent der Hausärzte derzeit beim E-Rezept schon dabei.

Ute Taube, Vorsitzende der Kreisärztekammer im Kreis Görlitz, vermutet den Anteil ein bisschen höher - bei etwas mehr als der Hälfte. Ihre beiden Praxen arbeiten schon seit Jahresstart mit dem E-Rezept. Technisch laufe alles, aber natürlich brauche es ein bisschen Zeit, bis etwas Neues in alle Praxisabläufe integriert sei, sagt sie.

Diesen Eindruck hat man offenbar auch bei der KVS gewonnen: Rückmeldungen deuteten neben Unsicherheiten in der "organisatorischen Umsetzung und Anwendung des E-Rezepts hauptsächlich auf technische Schwierigkeiten" mit den vorhandenen Praxissystemen. Das müssen die Mediziner aber zeitnah bewältigen, denn ab dem zweiten Quartal drohen Strafen, wenn Praxen nicht die Installation der Software vermelden können: Von "gesetzlich vorgesehenen Sanktionierungen des Honorars" spricht die Kassenärztliche Vereinigung.

Apotheken insgesamt gut gestartet

Technisch zufriedenstellender war der Start offenbar für viele Apotheken: Apotheker Henrik Wintzen, der neben der Zittauer Johannis-Apotheke auch in Seifhennersdorf, Oderwitz und Olbersdorf Apotheken betreibt, bestätigt, dass technisch alles bestens laufe. Vor rund zwei Jahren hat er bereits Vorkehrungen zur Umstellung auf das E-Rezept angeschoben - so lange stehe das Thema schon in Rede. Technisch gut gestartet sind auch die Apotheken in Herrnhut, Leutersdorf, Neugersdorf und Cunewalde, die alle zur Oberlausitzer Apotheken OHG gehören. Das bestätigt Apotheker Stephan Hampel. "Ich finde den Ansatz per se auch nicht schlecht - auch wenn es natürlich noch Kinderkrankheiten gibt, die verbessert werden müssen", sagt er. Ähnlich analysiert es Kathrin Quellmalz vom Sächsischen Apothekerverband: Generell laufe die Umsetzung des E-Rezeptes glatt. Ihren Angaben zufolge kamen Mitte Januar im Freistaat insgesamt "46 Prozent aller als E-Rezept ausstellbaren Verordnungen" auch tatsächlich digital in den Apotheken an.

Problem 1: Verwirrung mit Rezeptvielfalt für Patienten

So gut das E-Rezept gemeint ist - noch gibt es Nachteile. So sind E-Rezepte vorerst nur Pflicht bei verschreibungspflichtigen Medikamenten, die über die Krankenkasse abgerechnet werden sowie bei Blutprodukten, die ausschließlich über Apotheken abgegeben werden. Privat- und Selbstzahler-Rezepte - die blauen und grünen Scheine - oder auch Verbandsmaterial, Teststreifen oder Betäubungsmittel werden weiterhin über Papierrezepte verordnet. "Die Kunden müssen dann mitunter die Chipkarte, einen sogenannten Token-Ausdruck oder noch normale Papierrezepte abgeben, das ist verwirrend", beschreibt Apotheker Hampel. Sein Kollege Wintzen betont, dass dadurch der Beratungsaufwand größer geworden sei. Denn bei der momentanen Vielzahl an Möglichkeiten, wie Ärzte ein Rezept ausstellen können, verlieren Patienten mitunter den Überblick, ob sie alles Verordnete eingelöst haben.

Problem 2: Mehraufwand für Heime und Pflegedienste

Was man in Berlin beim Erstellen des Gesetzes nicht ausreichend bedacht hat, ist die Praktikabilität für Pflegeheime und Pflegedienste, denn zum Auslesen eines E-Rezeptes muss ja eigentlich die Chipkarte in die Apotheke. Das sei aber nicht im Sinne des Erfinders, betonen Ärzte und Apotheken unisono, weil die Chipkarte möglichst immer beim Patienten verbleiben sollte. Hausärztin Ute Taube aus Berthelsdorf berichtet zwar, dass sich viele Pflegedienste und Heime inzwischen darauf eingestellt hätten und dies auch weitgehend funktioniere. Möglich sei beispielsweise, dass Ärzte einen Token, einen digitalen Rezeptcode, ausdrucken und dieser dann in der Apotheke eingelöst werden kann. Aufwand spare das aber niemandem.

Gerade hier müsse nachgebessert werden, sind sich alle einig. Dazu muss auch eine Gesetzeslücke geschlossen werden, betont Hanzl. Aktuell macht das E-Rezept die Lage bei Pflegediensten und Heimen eher komplizierter. Theoretisch kann der Arzt nämlich Folgerezepte vor allem für dauerhaft verordnete Medikamente über eine sichere Medizin-Datenleitung direkt an eine Apotheke senden, die mit einer Heimversorgung beauftragt ist. Doch das geht mit der momentanen Rechtslage nicht, berichten Ärzte und Apotheker, denn der Weg über die sichere Datenleitung wird derzeit nicht anerkannt. Möglich wäre aktuell wohl nur, wenn der Arzt die Verordnung digital an das Heim schickt und es von dort in die Apotheke weitergeleitet werden würde. Aber auch das klappt nicht, denn die Heime sollen aber erst 2025 an das Datensystem angeschlossen werden. "Wir arbeiten derzeit an einer rechtssicheren und pragmatischen Lösung", betont Hanzl.