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Schwalbe & Co – Das ist alles nur geklaut

Viele Beweisstücke im laufenden Prozess zur Löbauer Motorrad-Diebstahlserie sind in einer ehemaligen Gaststätte in Kleinradmeritz gefunden worden.

Von Frank Thümmler
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Das Landgericht in Görlitz, an dem der Löbauer Fall verhandelt wurde.
Das Landgericht in Görlitz, an dem der Löbauer Fall verhandelt wurde. © Jens Trenkler (Archiv)

Staatsanwalt Uwe Schärich liest am Dienstag im Schwurgerichtssaal des Görlitzer Landgerichts eine lange Liste von Straftaten vor, die er einem 30-jährigen Löbauer und einem 36-jährigen Leutersdorfer vorwirft. Die beiden sollen für eine Diebstahlserie in den Jahren 2018/19 verantwortlich sein. Schärich listet einen Gesamtschaden von rund 40.000 Euro auf. Es ging dabei in erster Linie um Mopeds und Motorräder, aber auch Werkzeuge und anderes. Bei drei Mopeddiebstählen ist sich der Staatsanwalt sicher, dass der Löbauer Angeklagte diese Taten begangen hat.

Bei weiteren elf Straftaten weiß er das nicht. Die beiden Angeklagten werden mit diesen Straftaten deshalb in Verbindung gebracht, weil in ihrer "Schrauberwerkstatt" in Kleinradmeritz bei Löbau Diebesgut gefunden wurde. Weil ihnen der Diebstahl dieser Dinge vielleicht nicht bewiesen werden kann, sei hier auch eine Verurteilung wegen Hehlerei möglich, sagt Uwe Schärich. Beide Angeklagten sind einschlägig vorbestraft. Der 30-Jährige wurde nach einem Bewährungswiderruf für zwei Straftaten nach rund anderthalbjähriger Haft erst Anfang April entlassen und hatte im Gefängnis ausreichend Zeit, sich mit den drei Aktenordnern dieses Verfahrens zu beschäftigen, wie sein Verteidiger Christian Penning gleich vorausschickt.

Drei Diebstähle mit Geschichte

Er äußert sich im Gegensatz zu seinem Mitangeklagten zu den Vorwürfen. Die drei Diebstähle räumt er ein und erzählt jeweils eine Geschichte dazu: Ein später gestohlenes Motorrad (MZ TS 150) in Jänkendorf habe er zufällig während einer "Pinkelpause" in einem verlassen wirkenden Garagenkomplex entdeckt. Zwei Monate später, als er an einer weiteren MZ schraubte und Teile benötigte, erinnerte er sich, fuhr mit einem Kumpel nach Jänkendorf, fand Garagenkomplex und Motorrad unverändert vor und nahm das Motorrad einfach mit. "Das wirkte verlassen, und da war niemand zum Nachfragen", sagt er vor Gericht und bezeichnet es heute als Dummheit. Der Wert dieses Motorrads sei in der Anklage viel zu hoch angesetzt.

In einem zweiten Fall geht es um zwei S51 und eine Schwalbe. Der Angeklagte hatte einen Garten in der Nähe des Tatorts. Ein Bekannter habe ihn gefragt, ob er ihn bei einem Motorrad helfen könne und ihn zu einer nicht verschlossenen Garage geführt. Dort stand eine Kawasaki drin. Starten ging nicht, also schoben die beiden die Kawasaki in der Dämmerung weg. Der Bekannte behielt sie und nicht der Angeklagte, wie in der Anklage steht. Aber: der Löbauer hatte drei weitere Zweiräder entdeckt: zwei S51 und eine Schwalbe. "Qualität Scheunenfund". Die holte er allesamt auf sein Gartengrundstück. Eine S51 wurde ihm über Nacht gestohlen, die zwei anderen vertickte er über ebay. "Den Kaufvertrag habe seine Verlobte später zur Polizei gebracht, erklärt der Angeklagte." Er stand gerade vor einem Haftantritt, deshalb unter Alkohol und Drogen, und habe eben diese Dummheit begangen, sagt er.

Die dritte Geschichte ist fast lustig: Ihm sei sein Fahrrad gestohlen worden und er habe einen Tipp bekommen, in welcher Garage sich das Diebeslager befand. Er brach die Garage auf, fand dort aber nicht sein Fahrrad, sondern ein tolles Motorrad, eine fast neue KTM. Sie sprang sogar an. Also nahm er sie mit. Nur: Es war die falsche Garage. Jedenfalls fuhr er ein paar mal mit der KTM, bevor ein Polizist bei einem Privattermin die gesuchte Maschine erkannte und einen Streifenwagen rief.

Unklarheit bei Werkstattfunden

Während diese drei vorgeworfenen Straftaten durch das Geständnis des Angeklagten und die Spurenlage klar zu sein scheinen, ist das beim Rest der Straftaten, die auch den zweiten Angeklagten betreffen, nicht so. Der Löbauer Angeklagte erzählt, wie es zu der Anmietung der ehemaligen Gaststätte "Böhmerwald" in Kleinradmeritz kam. "Wir waren auf der Suche nach einer neuen Schrauberhalle, weil wir aus der alten rausmussten und bekamen einen Tipp. Wir haben es uns dann angesehen und es für gut befunden." Allerdings befanden sich in dem Gebäude schon eine ganze Reihe von Sachen. Später wurde diese "Schrauberwerkstatt" zweimal von der Polizei durchsucht. Das erste Mal, weil die beiden Betreiber durch Fahren ohne Fahrerlaubnis auf sich aufmerksam gemacht hatten. Was die Polizei fand, ließ sich zum Teil Diebstählen aus der Gegend zuordnen, zum Teil ist das aber durchaus strittig. Und eben auch, ob sich dieses Diebesgut schon vor der Anmietung durch die Angeklagten im Objekt befand.

Der Löbauer Angeklagte gab zwar noch zwei weitere Diebstähle von S51 zu, aber einige Vorwürfe bestritt er auch. Zu vier Anklagepunkten wird er erst am nächsten Verhandlungstag am kommenden Dienstag Stellung nehmen. Ob dem zweiten Angeklagten überhaupt etwas anzulasten ist, muss die Beweisaufnahme erbringen. Zahlreiche Zeugen, neben Polizisten vor allem auch Diebstahlopfer, werden gehört. Insgesamt sind vier Verhandlungstage angesetzt.