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Hat der Eibauer Bahnhofsinvestor ernste Absichten oder ist er doch ein Spekulant?

Vor zwei Jahren hat eine Firma den Eibauer Bahnhof gekauft. Getan hat sich seither wenig. Ein früherer Geschäftspartner spricht jetzt von schlechten Erfahrungen mit dem Investor.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Der Bahnhof in Eibau: Der Vorplatz ist nach wie vor nicht befestigt, das Pflaster herausgerissen.
Der Bahnhof in Eibau: Der Vorplatz ist nach wie vor nicht befestigt, das Pflaster herausgerissen. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Wohnungen, ein Lokal mit Biergarten - die Ideen klangen vielversprechend. Davon hatte Mario Müller gesprochen, als er im vorigen Sommer der SZ seine Pläne mit dem Eibauer Bahnhof vorstellte. Müller ist Prokurist der Unit Media Consult GmbH, einer Firma aus Bayern. Die hatte 2022 den leerstehenden Bahnhof aus einer Versteigerung erworben - für 23.500 Euro. Müller wollte im vorigen Jahr das Haus beräumen und erst einmal eine Fotovoltaik-Anlage aufs Dach bringen, skizzierte er damals die ersten Vorhaben.

Der Kauf ist nun schon fast zwei Jahre her. Aktuell bietet sich ein äußerst trauriges Bild: Fensterscheiben sind eingeschlagen, Türen stehen offen, Müll liegt herum. Bürgermeister Michael Görke ist verärgert darüber, wie es mit dem Bahnhof gekommen ist. Nicht nur, dass der Bahnhof ein Schandfleck ist. "Auch die Sicherheit für Fahrgäste ist ja nicht mehr gegeben, wenn dort überall Scherben und anderer Müll herumliegen."

Für Ärger sorgte der Eigentümer schon im vorigen Jahr, da ließ er sämtliches Pflaster auf dem Vorplatz herausreißen. Die Begründung damals: er wolle den Platz mit Split befestigen. Das sei besser, weil es sich nicht so absenkt wie Pflaster. Das Auffüllen mit Split passierte bisher nicht. Lediglich ein Weg zum Bahnsteig wurde wieder befestigt, das Kopfsteinpflaster blieb verschwunden. Und auch sonst ist von den Plänen wie der PV-Anlage bisher nichts zu sehen.

Pflaster vom Vorplatz bleibt verschwunden

Mario Müller hat Erklärungen dafür. Den Vorplatz, so erzählt er auf Nachfrage, hat er nicht wieder befestigt, weil noch neue Kanäle gelegt werden müssen. Zudem plante er Zisternen einzubauen, um Regenwasser aufzufangen und zu speichern. "Das Gebäude sollte so autark wie möglich werden." Bis geklärt ist, ob das alles klappt, will er den Vorplatz nicht erneuern. Sonst müsste er womöglich später alles wieder aufreißen. Gleiches gilt für die geplante PV-Anlage auf dem Dach und für die Sanierung insgesamt.

"Wir können unter den aktuellen Umständen nicht sanieren", sagt Mario Müller gegenüber SZ. Mit den "Umständen" meint er in erster Linie Vorgaben des Denkmalschutzes und zum energetischen Sanieren. Beides steht im Widerspruch zueinander. Als Beispiel nennt Müller die Fenster. Der Denkmalschutz fordere, so schildert er, dass die Original-Fenster erhalten werden. Will er aber energetisch sanieren und auch Mieter finden, muss er moderne Fenster mit Mehrfachverglasung einbauen, sagt er. "Die Mieter haben ja sonst immense Heizkosten. Das will doch niemand."

Etwa zehn Mietinteressenten habe er bereits, erzählt Müller, Wohnraum sei gefragt. Für 250.000 bis 300.000 Euro könne er das Gebäude sanieren, nach seinen Maßstäben. Nach den Denkmalschutzvorgaben käme man etwa auf drei Millionen Euro. Auch hätten sich gesetzliche Rahmenbedingungen geändert, gegenüber dem Zeitpunkt des Kaufs des Bahnhofs. So gebe es derzeit keine Fördermöglichkeiten für eine Sanierung, schildert Mario Müller. "Ich bin da zu naiv rangegangen", räumt der Investor heute ein.

So sieht es derzeit am Eibauer Bahnhof aus:

Der Bahnsteig, wo Reisende auf den Zug warten, bietet ein erschreckendes Bild.
Der Bahnsteig, wo Reisende auf den Zug warten, bietet ein erschreckendes Bild. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Fast sämtliche Scheiben rund um das Gebäude sind eingeschlagen.
Fast sämtliche Scheiben rund um das Gebäude sind eingeschlagen. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Mit Folie wurden hier schon einmal Fenster gesichert. Geholfen hat das nicht viel.
Mit Folie wurden hier schon einmal Fenster gesichert. Geholfen hat das nicht viel. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Die Schäden sind enorm.
Die Schäden sind enorm. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Auch Schmierereien finden sich rund ums Gebäude. Der Dynamo-Schriftzug gehört noch zu den harmlosen.
Auch Schmierereien finden sich rund ums Gebäude. Der Dynamo-Schriftzug gehört noch zu den harmlosen. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Inzwischen beschäftigt der Bahnhof die Behörden. Das Denkmalschutzamt beim Landkreis hat wegen der Vandalismusschäden jetzt erneut Kontakt mit dem Eigentümer aufgenommen, teilt das Landratsamt auf Nachfrage mit. Gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege bemühe man sich um eine Lösung. Mehr will der Landkreis derzeit nicht dazu sagen mit Verweis auf ein laufendes Verfahren.

Nach SZ-Informationen hat das Amt Müller aufgefordert, die schlimmsten Schäden zu beheben, damit das Gebäude nicht weiter in Mitleidenschaft gezogen wird. So sollen offen stehende Fenster und Türen verschlossen werden. Dafür hat die Behörde eine Frist gesetzt. Wird das bis dahin nicht erledigt, könnte der Landkreis selbst eingreifen, alles notdürftig sichern - eine sogenannte Ersatzvornahme durchführen. Die Kosten dafür stellt der Landkreis dann dem Eigentümer in Rechnung. Dieses Vorgehen ist üblich in solchen Fällen, wenn Gefahr im Verzug ist.

Müller versichert im Gespräch mit der SZ, dass er sich darum kümmern wolle. Er merkt aber auch an: "Wenn man da jetzt Platten davor nagelt, könnten die historischen Fensterrahmen natürlich beschädigt werden." Er vermutet, dass das dem Denkmalschutz auch nicht gefallen wird.

Derweil wird im Ort ein Verdacht laut, aus welchem Grund Müllers Firma überhaupt solche alten Gebäude kauft: Womöglich, um möglichst viel davon zu Geld zu machen ohne wirkliches Interesse an dem Objekt selbst? Der Eibauer Bahnhof ist nicht das erste Bahnhofsgebäude im Besitz der Unit Media mit Prokurist Mario Müller. In Münchberg in Bayern und Hildburghausen in Thüringen kaufte Müller beziehungsweise die Firma ebenfalls vor einigen Jahren Bahnhofsgebäude. Und in Hildburghausen, so erzählt ein früherer Geschäftspartner, habe sich das gleiche Drama abgespielt, wie jetzt in Eibau. "Da wurde das ganze Pflaster herausgerissen und verhökert." Der Unternehmer berichtet auch von schlechten Erfahrungen mit Müller und der Unit Media.

Eine Nachfrage im Rathaus in Hildburghausen nach den Erfahrungen dort mit Müller und der Unit Media Consult GmbH ergibt: Der Bürgermeister will sich gar nicht dazu äußern. Mario Müller berichtet derweil, dass seine Firma jetzt neben dem Güterbahnhof in Hildburghausen auch den "richtigen" Bahnhof noch dazugekauft hat. Der Plan: nebenan soll ein Rastplatz für Lkw-Fahrer entstehen, im Bahnhof sollen die Trucker dann übernachten können.

Bahnhof wird 150 Jahre alt

Die Sache mit dem Pflaster dementiert Müller nicht. "Ja, das ist so", bestätigt er gegenüber SZ. Und, dass er es zu Geld gemacht hat - auch in Eibau. Er betrachtet das rein wirtschaftlich. "Das Pflaster sollte später sowieso raus. Wenn ich jetzt Geld dafür bekomme, warum soll ich es dann nicht jetzt abgeben?" Dass es ohne nicht schön aussieht, räumt er ein - und kann den Ärger der Einheimischen verstehen. "Klar ist das hässlich. Ich wäre auch sauer auf mich, wenn ich dort wohnen würde."

An den Plänen in Eibau will er weiter festhalten und die Bahnhofs-Wohnungen sanieren. Aber: Unter den aktuellen Umständen sei das nicht wirtschaftlich machbar. Er hoffe auf ein angekündigtes KfW-Förderprogramm zur Sanierung für Vermieter. "Wir wollten eigentlich dieses Jahr ein Fest vor Ort veranstalten. Der Bahnhof wird 150 Jahre. Aber was sollen wir hier feiern?", fragt er resigniert.