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Das sind Ottenhains neue Schlossbesitzer

Ein Ehepaar aus Niedersachsen hat das Gebäude in der Gemeinde Kottmar gekauft, das bis zum Sommer noch die Kita des Ortes war. Was sie jetzt vorhaben.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Susanne Schmid und Klaus Räckers haben das Schloss Ottenhain gekauft und freuen sich auf einen Neustart in der Gemeinde.
Susanne Schmid und Klaus Räckers haben das Schloss Ottenhain gekauft und freuen sich auf einen Neustart in der Gemeinde. © Matthias Weber/photoweber.de

Das nennt man wohl Liebe auf den ersten Blick. Das Foto vom Ottenhainer Schloss hat Susanne Schmid sofort gefangen, als sie es im Internet sah. Das herrschaftliche Haus mit der zartrosa Fassade und dem hübschen Türmchen - das könnte ihr neues Anwesen werden, war sich die Niedersächsin sofort sicher.

Und so kam es dann auch. Im Sommer erhielt sie gemeinsam mit ihrem Mann Klaus Räckers den Zuschlag von der Gemeinde Kottmar für das Schlösschen. Bis Ende August war hier die Kita des Ortsteiles Ottenhain, die Gemeinde schloss die Einrichtung. Die nötigen und sicherheitsrelevanten Investitionen in das Gebäude wären zu hoch gewesen. Das Haus wurde zum Verkauf ausgeschrieben. Inzwischen sind alle Formalitäten geklärt und das Ehepaar Schmid/Räckers konnte vor wenigen Tagen die Schlüssel in Empfang nehmen. Jetzt sind sie Schlossherren - und haben eine Menge Arbeit vor sich.

Alte Gutshäuser haben Susanne Schmid schon immer fasziniert. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie in ihrer Heimat Niedersachsen im Städtchen Bassum nahe Bremen ein altes Haus aus dem Jahr 1836 saniert. "Seit 21 Jahren sind wir immer am Sanieren und bauen." Mit alter Bausubstanz kennt sich das Ehepaar also aus.

Mit Begeisterung schaute die 68-Jährige seit Jahren die Fernsehsendung "Die Gutshausretter". Und war immer wieder fasziniert, was Menschen mit viel Elan und Herzblut aus solchen alten Anwesen machen. "Wenn ich doch 20 Jahre jünger wäre, hab ich immer zu meinem Mann gesagt, dann würde ich sowas auch nochmal wagen", erzählt sie.

Dann verstarb ihre Mutter - im stolzen Alter von 92 Jahren. Und da dachte sich Susanne Schmid, wenn sie die guten Gene geerbt hat und ebenfalls so alt wird, dann hätte sie ja doch noch Zeit für ihren Traum vom Gutshaus.

"Für so ein Projekt braucht es positiv Verrückte"

Im Internet suchte die Niedersächsin Anfang dieses Jahres nach Gutshäusern, die zum Verkauf standen - deutschlandweit. Und stieß auf die Anzeige zum Schloss Ottenhain. "In der Gegend waren wir noch nie", so Susanne Schmid. "Aber das Bild hat mich sofort angesprochen." Das ist es! Sie nahm Kontakt mit dem Makler auf.

"Für so ein Projekt braucht es positiv Verrückte", sagt Immobilienmakler Tobias Richter von Hornig Immobilien. Und er ist überzeugt, sie mit Susanne Schmid und Klaus Räckers tatsächlich gefunden zu haben, die positiv Verrückten, die sich vor einem Riesen-Anwesen mit verblasstem DDR-Charme und hohen Sanierungskosten nicht schrecken lassen. Und auch der Umzug aus der alten Heimat schmerzt sie nicht. "Die Kinder wohnen in Berlin. Das ist von hier aus sogar näher", sagt Susanne Schmid.

Dass die Niedersachsen es ernst meinen, hat der Makler gründlich geprüft. "Das Ziel ist es ja, dass hier wieder Leben einzieht. Wir wollen keine Invest-Ruine." Richter schickte dem Ehepaar also ein Gutachten, das über die nötigen Investitionen Aufschluss geben sollte. Kosten von rund zwei Millionen Euro hatte der Gutachter da aufgelistet, die nötig seien, um das Haus wieder auf Vordermann zu bringen.

Auch das tat der Liebe zum Schloss keinen Abbruch. "Diese Vorgaben beziehen sich ja auf ein öffentliches Gebäude. Wir nutzen es privat und müssen das nicht alles umsetzen", begründet Klaus Räckers.

65.000 Euro haben sie für das Anwesen - zum Schloss gehören noch 8.000 Quadratmeter Park - bezahlt. Mit rund 250.000 Euro und viel Eigenleistung können sie einiges erreichen, schätzt das Ehepaar. Am wichtigsten sei jetzt die Erneuerung der Heizung. Und ein kaputtes Fenster im Turm ist dringend zu reparieren. Dann wollen sie nach und nach sanieren und renovieren.

Schloss soll zugänglich bleiben

Vor allem aber wollen sie sich nicht in ihrem Schloss verschanzen. Sie werden zwar selbst darin wohnen, es soll in Teilen aber weiterhin öffentlich zugänglich sein. Denn, wie sehr die Ottenhainer an ihrem Schloss hängen und wie sehr der Verlust der Kindereinrichtung schmerzte, davon haben sie erfahren. So könnten sie sich vorstellen, das Turmzimmer mit der tollen Aussicht für Trauungen anzubieten. "Oben auf dem Turm könnte man Hochzeitsfotos machen", so Susanne Schmid. Das Plateau auf dem Turmdach ist begehbar.

Und Susanne Schmid, die vor ihrem Ruhestand als Lehrerin gearbeitet hat, könnte sich vorstellen, Lesenächte oder ähnliches mit Kindern im Schloss zu organisieren.

Die Pläne sind schon sehr konkret. "Wir würden gerne Kulturschaffenden jeden Genres eine kostenlose Bühne bieten - vom Turmbläser bis zur Aquarellmalerin", beschreibt Susanne Schmid die Idee. Ein großes Zimmer im Erdgeschoss mit Ausgang zum Garten könnte dafür den Platz bieten. Susanne Schmid spricht von Klappstuhlkonzerten, zu denen jeder Gast sich einen Stuhl mitbringt.
Daneben hat sie vor, auch in Ottenhain ihre Leidenschaft für Wolle weiter zu pflegen. Sie verarbeitet selbst den Naturrohstoff. Außerdem gestaltet sie Mosaike aus alten Fliesen oder Porzellanresten. In ihrer alten Heimat hat sie Kreativkurse gegeben. In ihrem alten Wohnort Bassum hat sie auch den "Wollzirkus" ins Leben gerufen - eine mehrtägige Veranstaltung, die sich mit dem Rohstoff beschäftigt. Das möchte sie auch in Ottenhain veranstalten. Am nächsten Tag des offenen Denkmals im September 2023 wäre dafür ein guter Termin, so Susanne Schmid. Sie sucht dafür Schafhalter, Scherer, Spinner, Weber, Stricker - eben alle Wolle verarbeitenden Stationen.

Schon im nächsten Jahr wollen sie mit Veranstaltungen am Ottenhainer Schloss beginnen. Am zweiten Adventswochenende haben sie sich bereits beim Ottenhainer Weihnachtsmarkt beteiligt. Es könnte also was werden mit der neuen Liebe.

Künstler, Kulturschaffende und Wolle Verarbeitende können Kontakt aufnehmen: per Telefon unter: 0170 1837859 oder per Mail: sus.e.schmid@web.de