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Kita-Beiträge Löbau/Zittau: 18 Gemeinden haben angezogen - teils drastisch

Ein Großteil der 26 Städte und Gemeinden hat ihren Eltern seit 2021 mehr Geld für die Betreuung ihrer Kinder abverlangt. Eine Übersicht über Preise und Gründe.

Von Anja Beutler
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In einigen Gemeinden in Löbau-Zittau sind die Elternbeiträge kontinuierlich gestiegen.
In einigen Gemeinden in Löbau-Zittau sind die Elternbeiträge kontinuierlich gestiegen. © Archiv: dpa

Für Maria Müller* fängt das Jahr 2024 teuer an: Für ihre drei Kinder, die Krippe, Kindergarten und Hort in der Gemeinde Kottmar besuchen, muss die Mutter jetzt deutlich mehr bezahlen als bislang. Denn Kottmar hat - wie viele andere Gemeinden zuletzt auch - die Elternbeiträge für die Kindereinrichtungen erhöht. Schaut man auf die Summe, die eine Familie für ihr erstes Kind für einen üblicherweise angesetzten 9-Stunden-Vertrag pro Monat bezahlen muss, liegt Kottmar inzwischen im Süden des Landkreises an der Spitze: 293,32 Euro sind es aktuell. Vor vier Jahren waren es noch 239,78 Euro.

Zwar müssen wohl die wenigsten Eltern jeweils den vollen Preis zahlen, denn es gibt Rabatte für alleinerziehende Eltern und für weitere Geschwisterkinder. Dennoch ist der Preisanstieg für Müller deutlich spürbar: "Ich habe es nicht genau zusammengerechnet, da bekomme ich schlechte Laune - aber es sind noch einmal insgesamt um die 20 bis 30 Euro im Monat mehr - und dabei war der Elternbeitrag schon zum August 2023 das letzte Mal um eine ähnliche Summe gestiegen", schildert sie. Hinzu kommen Tee- und Essensgeld, wo es auch Preissteigerungen gibt.

Dabei ist es nicht allein die kurze Haltbarkeit der festgelegten Elternbeiträge, die viele Eltern in Kottmar derzeit verärgern. "Ich verstehe ja, dass es überall Kostensteigerungen gibt und würde das auch hinnehmen, wenn alles gut funktionieren würde", sagt Müller und erklärt: "Aber seit einiger Zeit heißt es im Hort, die Hausaufgaben können wegen Personalmangel nicht mehr gemacht werden und darüber hinaus gibt es jetzt neu auch Schließzeiten in den Sommerferien in beiden Horten der Gemeinde", erklärt sie.

Da Eltern nicht nur in der Gemeinde Kottmar sehr empfindlich auf Preiserhöhungen reagieren - zumal, wenn sie regelmäßig nötig sind - ist die Diskussion in vielen Stadt- und Gemeinderäten jedes Jahr besonders emotional. In Zittau ist es schon mehrfach passiert, dass die Stadträte eine Erhöhung zunächst ablehnen, der Oberbürgermeister dann in Widerspruch geht und am Ende doch eine Erhöhung folgt. In Olbersdorf waren 2022 die Räte aus Protest - trotz knapper Kasse - bei ihrem Nein geblieben. Auch andere Gemeinden versuchen, die Erhöhung möglichst lange hinauszuzögern. Mit den steigenden Kosten für Energie seit dem Ukrainekrieg und der generellen Teuerung durch die Inflation sowie der schwierigen Haushaltslage vieler Gemeinden gelingt das aber nur noch wenigen Kommunen.

Warum aber unterscheiden sich die Preise so? Hier ein Überblick:

Angegeben sind die Elternbeiträge für einen 9-Stunden-Platz für eine Familie ohne Rabatte. In manchen Gemeinden ist die zuletzt geltende Höhe des Elternbeitrages für das Jahr angegeben - die Änderungen der Beiträge erfolgte teilweise in verschiedenen Monaten. Angaben ohne Gewähr
Angegeben sind die Elternbeiträge für einen 9-Stunden-Platz für eine Familie ohne Rabatte. In manchen Gemeinden ist die zuletzt geltende Höhe des Elternbeitrages für das Jahr angegeben - die Änderungen der Beiträge erfolgte teilweise in verschiedenen Monaten. Angaben ohne Gewähr © SZ/Anja Beutler/ Quellen: Landratsamt Görlitz/Gemeinden/eigene Recherchen
Angegeben sind die Elternbeiträge für einen 9-Stunden-Platz für eine Familie ohne Rabatte. In manchen Gemeinden ist die zuletzt geltende Höhe des Elternbeitrages für das Jahr angegeben - die Änderungen der Beiträge erfolgte teilweise in verschiedenen Monaten. Angaben ohne Gewähr
Angegeben sind die Elternbeiträge für einen 9-Stunden-Platz für eine Familie ohne Rabatte. In manchen Gemeinden ist die zuletzt geltende Höhe des Elternbeitrages für das Jahr angegeben - die Änderungen der Beiträge erfolgte teilweise in verschiedenen Monaten. Angaben ohne Gewähr © SZ/Anja Beutler/ Quellen: Landratsamt Görlitz/Gemeinden/eigene Recherchen
Angegeben sind die Elternbeiträge für einen 6-Stunden-Platz für eine Familie ohne Rabatte. In manchen Gemeinden ist die zuletzt geltende Höhe des Elternbeitrages für das Jahr angegeben - die Änderungen der Beiträge erfolgte teilweise in verschiedenen Monaten. Angaben ohne Gewähr
Angegeben sind die Elternbeiträge für einen 6-Stunden-Platz für eine Familie ohne Rabatte. In manchen Gemeinden ist die zuletzt geltende Höhe des Elternbeitrages für das Jahr angegeben - die Änderungen der Beiträge erfolgte teilweise in verschiedenen Monaten. Angaben ohne Gewähr © SZ/Anja Beutler/ Quellen: Landratsamt Görlitz/Gemeinden/eigene Recherchen

Welchen Spielraum haben Gemeinden?

Generell ist festgelegt: Der Elternbeitrag muss in Sachsen bei Krippenkindern zwischen 15 und 23 Prozent der Betriebskosten liegen, bei Kindergartenkindern zwischen 15 und 30 Prozent und beim Hort maximal bei 30 Prozent. Zu den Betriebskosten zählen neben den Personalkosten, die meist rund Dreiviertel der Summe ausmachen, vor allem die Posten Strom, Wasser, Abwasser, Gebäudeunterhaltung und Beschäftigungsmaterialien für die Kinder. Da gerade die Heizungskosten enorm gestiegen sind, mussten auch Gemeinden, die Eltern so gering wie möglich belasten wollten, nun doch erhöhen, weil die festgelegten Elternbeiträge durch die Kostensteigerung insgesamt unter die 15-Prozent-Grenze gefallen waren. "Das war bei nicht wenigen der Fall", erklärt Rosenbachs Bürgermeister Roland Höhne, der als Vertreter des Kreises im Sächsischen Städte- und Gemeindetag (SSG) mitwirkt. Das Thema Kitagebühren ist in dem Gremium ein Dauerbrenner seit Jahren, weil die Kinderbetreuung vor allem im letzten Jahrzehnt immer teurer geworden ist.

Wieso leiden viele Gemeinden doppelt?

Problematisch wird es aber auch, wenn Gemeinden generell wenig finanziellen Spielraum haben. Denn der Finanzanteil des Freistaates an der Kinderbetreuung ist ein Festbetrag und den flexiblen "Rest", der neben dem Elternbeitrag dann noch bleibt, müssen die Gemeinden stemmen. Und er steigt stetig. In Kottmar beispielsweise, so erklärt es Bürgermeister Michael Görke (parteilos) in einem Brief an die Eltern, hat sich der Gemeindeanteil an der Kinderbetreuung von 2018 bis 2023 von 1,275 Millionen Euro auf 1,784 Millionen erhöht. Es bleibt unterm Strich also durch diese laufenden Kosten weniger Geld beispielsweise für Investitionen - was am Ende allen Einwohnern auf die Füße fällt. Daher geht Kottmar mit den neu festgelegten Elternbeiträgen auch an die oberen Grenzen dessen, was der Gesetzgeber zulässt: auf 22 Prozent Anteil bei der Krippe, 28 Prozent bei der Kita und 29 Prozent beim Hort.

Was trägt der Freistaat dazu bei?

Aus Dresden kommt ein Festbetrag pro Kind und Jahr - der sich bislang eben nicht den realen Preisentwicklungen dynamisch anpasst. "Eine solche Dynamisierung versuchen wir als SSG schon seit Jahren durchzusetzen - darum kämpfen wir bei jedem Doppelhaushalt", sagt Roland Höhne. Bislang ohne den ganz großen Erfolg - aber zumindest mit einem kleineren: "Der Freistaat hat im vergangenen Jahr seinen Anteil erneut erhöht", sagt Höhne. Einmal habe es rückwirkend ab Januar 200 Euro mehr pro Kind und Vollzeitplatz gegeben - als eine Art Inflationsausgleich. Dann, ab August, bekamen die Gemeinden nochmals 218 Euro mehr, allerdings mit einer Bedingung verknüpft. "Es ging um eine Erhöhung des Betreuungsschlüssels, die kommen musste", erinnert sich Höhne. Diese Bedingung hat natürlich die Kosten insgesamt gleich wieder anwachsen lassen. Wie stark diese Erhöhung um 418 Euro - pro Vollzeitplatz in Krippe, Kindergarten und Hort gibt es demnach insgesamt 3.455 Euro pro Jahr vom Freistaat - am Ende den Gemeinden hilft, ist jedoch ganz unterschiedlich. Das hängt beispielsweise auch davon ab, wie energieeffizient die Einrichtungen sind - also wie sie heizen und wie die Gebäude gedämmt sind oder gedämmt werden können.

Welche neuen Wege müssen Gemeinden gehen?

Damit die Festlegungen der Elternbeiträge nicht zum reinen politischen Spielball werden, haben sich zuletzt mehrfach Gemeinden entschieden, die Elternbeiträge zu dynamisieren. Das bedeutet: Die Räte legen generell fest, wie viel Prozent der Betriebskosten durch die Elternbeiträge gedeckt werden sollen - im gesetzlichen Rahmen natürlich. Jedes Jahr zu einem festgelegten Stichtag gibt es dann neue Elternbeiträge, die anhand der jüngsten Abrechnung ermittelt werden und zu bezahlen sind. Eingreifen können Stadt- und Gemeinderäte jederzeit, wenn das nötig ist. Generell aber entfällt die jährlich neue Grundsatzdebatte, ob man nun erhöhen muss oder noch ein Jahr warten kann. Neben Löbau gehen diesen Weg inzwischen Oppach, Beiersdorf und auch Ostritz.

*Name geändert