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"Eine Kampfabstimmung mache ich nicht mit"

Die Landtagsabgeordnete Daniela Kuge steht für den Chefposten des Meißner CDU-Kreisverband bereit. Sie nennt Ursachen für die schwere Wahlniederlage.

Von Ulf Mallek
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Seit 2011 Mitglied der CDU: Daniela Kuge (46). Sie vertritt den Landkreis Meißen im Sächsischen Landtag und gilt als enge Parteifreundin vom bisherigen CDU-Kreischef Sebastian Fischer. Sie hat Chancen, seine Nachfolgerin zu werden.
Seit 2011 Mitglied der CDU: Daniela Kuge (46). Sie vertritt den Landkreis Meißen im Sächsischen Landtag und gilt als enge Parteifreundin vom bisherigen CDU-Kreischef Sebastian Fischer. Sie hat Chancen, seine Nachfolgerin zu werden. © Claudia Hübschmann

Frau Kuge, wie geht es Ihnen nach Ihrer langwierigen Covid-Erkrankung?

Schon wesentlich besser. Aber meine richtige Work-Life-Balance habe ich noch nicht gefunden. In der Reha hat man mir eindringlich geraten, dass ich darauf achten soll. Auch Facebook und Insta sind Arbeit. Long-Covid und die Folgen von Long-Covid werden immer noch unterschätzt. Es gibt wenig Forschung, und nur wenige Experten kennen sich damit aus. Als Patient muss man von Arzt zu Arzt gehen. Der eine behandelt, wie in meinem Fall, Sprachstörungen, der andere vielleicht Erschöpfungssyndrome. Besser wäre es doch, wir hätten da einen Spezialisten in den Elblandkliniken. Den gibt es aber nicht.

Die Niederlage von Sebastian Fischer im Bundestagswahlkampf gegen die AfD war überraschend deutlich. Wie weit sind Sie bei der Ermittlung der Ursachen?

Wir sind noch dabei. Wir müssen analysieren: Lag es am Kandidaten? Oder lag es an der generellen Situation in der CDU, dass wir keine Mehrheiten mehr finden? Wenn ich mit Leuten in Nossen spreche, dann erfahre ich etwas ganz anderes, als wenn ich mit Leuten in Radebeul spreche. In Radebeul ist die Welt für uns noch in Ordnung, aber nicht in Nossen. Wir müssen entscheiden, in welche Richtung die CDU gehen soll. Wir müssen wieder Wahlen gewinnen, Leute für die CDU begeistern.

Hat Sebastian Fischer einen persönlichen Anteil an der Niederlage?

Der Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme für die CDU ist immer noch recht groß. Sebastian Fischer wurde besser gewählt als die CDU als Partei. Aber darüber sollten wir sprechen, darüber müssen die Mitglieder reflektieren.

War es vielleicht doch die falsche Personalie?

Nein. Die Alternative wäre Andreas Jahn gewesen. Er ist in Berlin verwurzelt, aber nicht mit dem Landkreis Meißen. Fischer schon.

Weshalb spaltet die Person Fischer so sehr?

Nein. Sie spaltet doch gar nicht. Man kann sich an ihm als Person reiben, sicher. Er hat nicht nur Freunde, vielleicht auch Neider. Empathie ist nicht jedem gegeben. Ich bin auch mal polternd. Aber er konnte auch teilen und delegieren. Seinen eigenen Kopf hat er natürlich. Es ist seine Marke eben. Vielleicht ist nicht Fischer, sondern die gesamte CDU ganz generell abgewählt worden? Die Analyse dazu braucht Zeit. Es war wichtig, dass wir die Wahlen des Kreisvorstandes verschoben haben.

Fischer stellt sich ja nicht wieder zur Wahl. Wie geht es jetzt weiter im CDU-Kreisverband?

Für viele ist das ein gutes Zeichen. Vielleicht will er ja weiter im Vorstand mitarbeiten. Das muss er selber entscheiden. Wir können ja nicht nur No-Names aufstellen. Die Mischung bringt den Erfolg. Es müsste eine aus Jungen und Alten, Unerfahrenen und Erfahrenen sein. Wir müssen aber vor allem auf den Nachwuchs schauen. Junge Leute wie Titus Reime oder Michael Lukas oder Conrad Seifert, Bürgermeister von Hirschstein, müssen wir fördern. Wer bringt welche Kompetenzen mit? Wer vertritt den ländlichen Raum? Das Team muss stimmen.

Wer wird neuer CDU-Vorsitzender? Es kursiert ja auch Ihr Name als Nachfolgerin.

Na ja, ich denke darüber nach. Bis zur Mitgliederversammlung im Dezember. Die Mitglieder entscheiden das, niemand sonst. Die von der Mittelstands- und Wirtschaftsunion eingeforderten Regionalversammlungen vorher sind der richtige Weg. Wir können uns aussprechen und gemeinsam nach einem Weg suchen: Sollten die Alten zurücktreten? Oder wollen wir einen Profi an der Spitze? Vielleicht ein Bürgermeister oder den Landrat? Ich persönlich beteilige mich auf keinen Fall an einer Kampfabstimmung.

Der Landrat Ralf Hänsel ist ja jetzt CDU-Mitglied und steht für den Vorstand bereit. Was ist mit Bert Wendsche, dem OB von Radebeul und parteilosen Fraktionschef der CDU im Kreistag?

Von ihm liegt uns kein Antrag vor.

Die CDU ist im Moment sehr uncool. Die Jugend geht zu den Grünen und der FDP. Wie wollen Sie das ändern?

Durch die Kommunalwahlen im Frühjahr 2024. Vielleicht sind sie eine Chance, junge Menschen wieder an uns zu binden. In Dresden beispielsweise ist die Junge Union sehr modern. Natürlich hat die CDU ein Imageproblem. Alte Männer an der Spitze sprechen junge Frauen vielleicht nicht so an. Ich selbst habe aber viele Praktikumsbewerbungen, habe viele junge Praktikanten.

In Italien ist die dortige CDU, die Democrazia Cristiana, schon Mitte der 90er-Jahre nach Wahlniederlagen und einer Reihe von Korruptionsfällen verschwunden, wurde aufgelöst. Droht das auch der CDU?

Nein. Wir arbeiten an den Fehlern, jeder Einzelne muss an sich selber arbeiten. Solange Geschäftsleute, Ärzte, Kraftfahrer, Pflegerinnen, Tierzüchter und Lehrer in der CDU sind, ist mir nicht bange. Die CDU wird niemals untergehen. Wir sind eine Volkspartei. Wir müssen nur die Leute wieder begeistern für unsere Politik. Irgendwann einmal sind wir wieder die stärkste Partei.

Das Gespräch führte Ulf Mallek.