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Auf zur letzten Fahrt in den Hochofen: Diera-Zehrens Gierseilfähre wird abgewrackt

1999 in Dienst gestellt, wird die "Rauhe Furt" in diesen Tagen am Elbufer von Kleinzadel zerlegt. Damit geht eine über 450-jährige Ära zu Ende - vorerst.

Von Ines Mallek-Klein
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Dort, wo zuletzt die "Rauhe Furt" fuhr, verkehren seit über 450 Jahren Fähren auf der Elbe. Das Schiff lag zuletzt viele Jahre im Hafen, bevor es seit Montag dieser Woche zerlegt wird. Seine Metallteile sollen eingeschmolzen werden.
Dort, wo zuletzt die "Rauhe Furt" fuhr, verkehren seit über 450 Jahren Fähren auf der Elbe. Das Schiff lag zuletzt viele Jahre im Hafen, bevor es seit Montag dieser Woche zerlegt wird. Seine Metallteile sollen eingeschmolzen werden. © Claudia Hübschmann

Diera-Zehren. Mit dem Schneidbrenner wird die "Rauhe Furt" zerlegt. Zwei Tage dauert es, dann ist die letzte Gierseilfähre im Elbland vollständig zerteilt und kann abtransportiert werden. Ihre letzte Station wird der Hochofen sein. Die Metallteile der 1999 in Betrieb gestellten Fähre sollen eingeschmolzen werden.

Dabei fällt auf, dass sich das 35 Tonnen schwere Schiff, das am Montag von einem Kran ans Ufer gehoben wurde, in sehr gutem Zustand befindet. Das Elbwasser hat kaum Korrosionsschäden am Rumpf hinterlassen. Und lange hatte die Gemeinde auch gehofft, einen Betreiber für die Fähre zu finden, die die beiden nach Diera-Zehren eingemeindeten Ortsteile Kleinzadel und Niedermuschütz verbindet. Es gab unzählige Telefonate und Besuche bei Fährbetreibern. Aber leider keine Erfolge, wie Bürgermeisterin Carola Balk einräumt und man merkt, wie lange und wie intensiv sie dieses Thema umgetrieben hat.

Auf lange Sicht ein Sicherheitsrisiko

Die Geschichte der Fähre reicht bis in das 16. Jahrhundert zurück, erste Erwähnungen finden sich 1554, sodass die Verbindung im kommenden Jahr ihr 470-jähriges Jubiläum gefeiert hätte. Dass es so weit nicht kommen würde, schien schon 2015 Gewissheit. Damals hatte der Landkreis Meißen sein Fährkonzept überarbeitet und die Fördersummen angepasst. Die Fähren in Coswig, Strehla und Riesa wurden von der Verkehrsgesellschaft Meißen (VGM) übernommen.

Diera-Zehren fiel aus dem Konzept heraus, parallel sanken die Zuschüsse von jährlich 50.000 auf 20.000 Euro. Die Gemeinde hätte also ihren Eigenanteil überproportional aufstocken müssen, was zulasten anderer Investitionen gegangen wäre. Bürgermeisterin Balk hat für die Fähre gekämpft, weil sie auf dem 25 Kilometer langen Weg von Meißen nach Riesa die einzige Chance war, die Elbe zu queren - mit dem Auto. Immerhin drei Pkws fanden auf der "Rauhe Furt" zeitgleich Platz, die es mit ihren 17 Metern Länge und 6,6 Metern Breite sogar in das Verzeichnis der sächsischen Industriekultur geschafft hat.

Seit der Betrieb eingestellt ist, liegt die Fähre im Hafen. Einigermaßen sicher, aber auf lange Sicht ein Sicherheitsrisiko, vor allem bei Hochwasser und Eisgang. Also wurde die Verschrottung beschlossen und wird nun umgesetzt, nachdem auch die Idee eines Museums gescheitert ist. Sie an einen anderen Ort zu schleppen, wäre zu teuer geworden und ernstzunehmende Käufer haben sich in all den Jahren nicht gefunden.

Anschaffung von Solarfähren geplant

Bürgermeisterin Balk weiß sehr wohl um die emotionale Bedeutung der Verbindung über die Elbe. Die "Rauhe Furt" war identitätsstiftend und ein Highlight für die vielen Touristen, die die Elbe auf der Fähre mit ihrem Rad überquerten. Allerdings war der Fährbetrieb immer auch pegelabhängig, gerade in den Sommermonaten.

Die Hoffnung, dass eines Tages die Fährverbindung zurückkehrt, haben die Diera-Zehrener nicht ganz aufgegeben. Erst Ende September wurde öffentlichkeitswirksam ein Fördermittelbescheid von über acht Millionen Euro an den Landkreis übergeben. Damit sollen die bestehenden Fährverbindungen fit für die Zukunft gemacht werden. Neben neuen Anlegern und Anbindungen von Radwegen ist die Investition in umweltfreundliche Solarfähren angedacht. Vier baugleiche Fahrzeuge sollen angeschafft werden. In dem Zuge wird auch am Fährnutzungskonzept des Elblandes gearbeitet. Dass Diera-Zehren dort eine Rolle spielen muss, wird Carola Balk nicht müde zu betonen.