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Ins Café "Schwarz-Weiß" zieht wieder Leben ein

In der ehemaligen Stauchitzer Gaststätte entsteht derzeit eine Ergotherapie. Eine junge Frau aus Hof will sich hier einen Traum verwirklichen.

Von Jürgen Müller
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Noch ist es eine Baustelle, doch am 2. April will Sandra Porst ihre Ergotherapie in Stauchitz eröffnen.
Noch ist es eine Baustelle, doch am 2. April will Sandra Porst ihre Ergotherapie in Stauchitz eröffnen. © Sebastian Schultz

Stauchitz. Nach drei Jahrzehnten war Schluss. So lange hatte der Stauchitzer Holger Eulitz sein Café "Schwarz-Weiß" geführt. Ende 2019, mit damals 64 Jahren, machte er die Gaststätte in seinem Elternhaus dicht. Es fand sich einfach kein Personal mehr für das Lokal auf dem Dorf. Auch eine Plakataktion, bei der er 100 Euro Prämie für die Einstellung eines Kochs oder einer Küchenhilfe auslobte, brachte keinen Erfolg.

Einige Zeit hatte der studierte Ingenieur-Ökonom noch die Hoffnung, einen Nachfolger zu finden, der die Gaststätte übernimmt. Auch diese Hoffnung schwand mehr und mehr. Und so endete eine Ära. Bis Ende der 1940er Jahre befand sich hier an der Hauptstraße 3 das „Café Wolf“, danach ein Textilkonsum. Die Bäckerei wurde bis Ende der 60er Jahre betrieben, danach gab es im Haus einen Lebensmittelkonsum. Nach 40 Jahren richtete Holger Eulitz 1989 dort wieder eine Gaststätte ein.

Café, Textilgeschäft, Bäckerei, Konsum, Gaststätte - dies alles befand sich schon in dem Gebäude an der Hauptstraße in Stauchitz. Bald gibt es hier eine Ergotherapie.
Café, Textilgeschäft, Bäckerei, Konsum, Gaststätte - dies alles befand sich schon in dem Gebäude an der Hauptstraße in Stauchitz. Bald gibt es hier eine Ergotherapie. © Sebastian Schultz

Auch eine Vermietung der Räume für einen anderen Zweck scheiterte. "Ich hatte einen Bewerber, der Vertrag war schon aufgesetzt. Er hat mich sitzenlassen, sich nie wieder gemeldet", sagt er. Dabei hatte er schon einige Umbauarbeiten gemacht, eine Küche eingebaut, eine separate Toilette.

Doch jetzt zieht wieder Leben ein ins ehemalige Café "Schwarz-Weiß". Die 32-jährige Sandra Porst aus dem benachbarten Hof wird sich hier einmieten, eine Ergotherapie einrichten und betreiben. "Mein Mann, der gelernter Koch ist, und ich waren des Öfteren essen bei Herrn Eulitz. Als er sagte, dass er einen Nachfolger sucht, hatten wir schon mal überlegt, die Gaststätte zu übernehmen", sagt die Mutter zweier Kinder. Und die Idee dann doch wieder verworfen.

Ganz schnell entschieden

Doch jetzt kam die Entscheidung ganz schnell. Holger Eulitz hatte die ehemalige Interessentin nochmal angeschrieben, nachdem ihn der letzte Interessent hatte sitzen lassen. Im Februar sah sie sich das Haus nochmal an. "Ich habe mich in die umgebauten Räume sofort verliebt, auch mein Mann war ganz begeistert", sagt sie. Und entschied sich nun doch, Teile der ehemaligen Gaststätte zu mieten und dort eine Ergotherapie einzurichten. Denn diesen Beruf hat sie gelernt, sie arbeitet als Ergotherapeutin in Oschatz.

"Es war schon immer mein Traum, in den eigenen vier Wänden zu arbeiten", so die 32-Jährige. Den macht sie nun schneller wahr als gedacht. Seit Anfang März wird gebaut, bereits am 2. April soll die Ergotherapie öffnen. Auf rund 70 Quadratmetern entstehen hier ein Wartebereich, ein Therapieraum und ein Sportraum. Es soll eine kleine, aber feine Ergotherapie auf dem Dorf werden, die Sandra Porst vorerst allein betreiben will.

"Für meine Kolleginnen in Oschatz war der Entschluss natürlich erst einmal ein Schock, schließlich arbeite ich ja erst seit November vorigen Jahres dort. Der Abschied tat weh, aber sie haben Verständnis, haben mich unterstützt und mir den Rücken gestärkt", sagt sie. Und weiß, worauf sie sich einlässt, dass sie die Arbeit mit ihren ein und drei Jahre alten Kindern in Einklang bringen muss. Dass viel Bürokram auch noch am Abend an ihr hängenbleibt, sie Berichte, Patientenakten, Abrechnungen schreiben muss. Der Papierkram schreckt sie nicht. Die Hoferin möchte gleich von Anfang an die elektronische Patientenakte einführen.

Dass Bedarf für eine Ergotherapie da ist, davon ist sie überzeugt. Es gibt in Stauchitz zwei Physiotherapien, eine Ergotherapie aber nicht. Behandelt wird alles Mögliche. ADHS bei Kindern zum Beispiel, Menschen mit Gleichgewichtsstörungen, Demenz oder Gedächtnisproblemen. Auch für die Verbesserung des Zustandes nach Frakturen werden Hilfen angeboten, ebenso Entspannungs- und Gesprächstherapien. Nicht alles will sie in der Praxis erledigen, sondern auch Hausbesuche machen.

Bleibt da überhaupt noch Zeit für anderes, Hobbys zum Beispiel? "Nee, Hobbys habe ich nicht, die Arbeit ist mein Hobby. Wir genießen die Zeit mit unseren Kindern im Garten", sagt sie. Auf dem Grundstück werden Hühner und Hasen gehalten, auch das Brot bäckt Sandra Porst oft selbst, so wie es auf dem Dorf eben manchmal noch ist.

Für länger eingerichtet

Bis zur Eröffnung ist noch einiges zu tun, Innenwände müssen verputzt, Laminat verlegt werden. Auch der Eingang mit derzeit mehreren Stufen soll bald behindertengerecht werden. Holger Eulitz unterstützt sie dabei tatkräftig.

Sandra Porst kann es kaum erwarten, dass es losgeht. Ein Mietvertrag ist erst einmal bis Ende nächsten Jahres geschlossen mit einer Verlängerungsoption. "Ich bin optimistisch, dass ich diese Option ziehen werde, richte mich für länger hier ein", sagt sie. Das wird auch Holger Eulitz freuen.

Die Ergotherapie an der Hauptstraße 3 in Stauchitz wird am 2. April ab 9 Uhr mit einem "Tag der offenen Tür" eröffnet.