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Was wird aus dem Heil- und Kräutergarten?

Der Heil- und Kräutergarten verliert Ende März seine verbliebenen Ein-Euro-Jobber. Die Anlage soll aber erhalten bleiben. In welchem Umfang ist noch unklar.

Von Andre Schramm
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Christine Dietrich pikiert Radieschen im Gewächshaus.
Christine Dietrich pikiert Radieschen im Gewächshaus. © Claudia Hübschmann

Meißen. Donnerstag, 10 Uhr, Wiesengasse. In der Stadtgärtnerei herrscht emsiges Treiben. Mehrere Männer kümmern sich um ein Beet. Zwischendrin: Christine Dietrich. Sie ist seit 2010 dabei und eigentlich im Ruhestand. "Ich komme aus einer Gärtnerfamilie und kann nicht anders", sagt die gelernte Gartenbau-Ingenieurin. Als sie dazu kam, war die Stadtgärtnerei noch ein Eigenbetrieb der Stadt.

Und wer sind die Leute neben ihr? Vier 1,50-Euro-Jobber, ein junger Mann aus einem ESF-Projekt und einer, der seine Strafstunden hier ableistet. Dann sind noch zwei andere junge Menschen zu sehen, die im Beet kauern. "Sie sind von der Nassau-Schule und kommen jeden Donnerstag und Freitag in die Stadtgärtnerei. Sie sind wirklich eine große Hilfe", sagt Frau Dietrich. Mit der Förderschule gibt es seit vielen Jahren eine gute Zusammenarbeit.

Ein 1,50-Euro-Jobber stammt aus Palästina. "Er hat mich als Frau von Anfang an akzeptiert", sagt Chefin Dietrich. Die Verständigung ist etwas mühselig. "Mit meinem Schulenglisch klappt es einigermaßen", lacht sie. Der Mann ist mittleren Alters. "Und sehr zuverlässig und fleißig", sagt Frau Dietrich. Sogar den Krankenschein bringe er vorbei. Keine Selbstverständlichkeit. Ende März ist für ihn Schluss, für die anderen drei verbliebenen 1,50-Euro-Jobber auch. Wegen einer Haushaltssperre darf das Jobcenter ab 1. April keine Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (AGH) mehr bewilligen, bestehende AGHs laufen aus. Den Träger, die Stiftung Soziale Projekte (SoPro), trifft das hart.

In den vergangenen Jahren hat Christine Dietrich viele Ein-Euro-Jobber erlebt. Bei manchen wusste sie schon am ersten Tag: Den siehst du nicht wieder. Andere hätten sich voll in die Arbeit gekniet. In der Regel, so erzählt sie, wurden die Ein-Euro-Jobber für einfache Arbeiten eingespannt: Unkraut jäten, umgraben, anpflanzen. Maschinen durften sie nicht bedienen, aus versicherungstechnischen Gründen. Viele der Teilnehmer, wie sie genannt werden, haben es nicht in richtige Arbeit geschafft. Die letzte Teilnehmerin sei immerhin in einen Mini-Job gewechselt.

Die unterschiedlichen Erfahrungen machen es schwer, ein einheitliches Urteil über das Arbeitsmarkt-Instrument zu fällen: "Es gab solche und solche. Ich bin schon traurig, dass meine aktuelle Mannschaft demnächst gehen muss. Wir sind ein gutes Team." Als sie hier anfing, sollen es noch um die 30 gewesen sein. Man fuhr nach Dresden, kaufte Setzlinge und zog sie in den Gewächshäusern an der Wiesengasse groß. Zwei dieser Anlagen sind noch in Betrieb. Andere fungieren u.a. als Lagerstätte. Gurken, Radieschen, Tomaten und Kohlrabi werden nach wie vor angebaut, und dann vor Ort verkauft.

2015 wurde im hinteren Teil der Anlage der Heil- und Kräutergarten eröffnet – eine grüne Oase mit einheimischen Pflanzen unmittelbar am Elberadweg. Die Frage ist: Wird die Anlage auch ohne die helfenden Hände zu bewirtschaften sein? "Der Kräutergarten wird rein ökologisch bewirtschaftet, macht also viel Arbeit", sagt Frau Dietrich mit Blick aufs Unkraut. "Angenommen, ich wäre bald hier allein, dann würde ich mir das schon zutrauen. Für andere Dinge bleibt dann aber nicht mehr viel Zeit", fügt sie hinzu. Bisher wurden die Anlage als Ausflugsziel, für Seminare und den Brotback-Tag am Café sehr gut genutzt. Der Stadtelternrat hatte zuletzt zwei gut besuchte Flohmärkte auf dem Areal veranstaltet. Frau Dietrich ist Optimistin. "Es wird weitergehen", sagt sie. Irgendwie.