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Hirschstein: Kein Musikunterricht und wohl bald höhere Steuern

Bürgermeister Conrad Seifert (CDU) hat in diesem Jahr große Ziele, sagt er im SZ-Gespräch. Für die Hirschsteiner hat er nicht nur gute Nachrichten.

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Conrad Seifert (CDU) ist seit 2015  Bürgermeister von Hirschstein. In diesem Jahr strebt er weitere Funktionen an.
Conrad Seifert (CDU) ist seit 2015 Bürgermeister von Hirschstein. In diesem Jahr strebt er weitere Funktionen an. © Lutz Weidler

Herr Seifert, Sie sind jetzt in der zweiten Amtsperiode im neunten Jahr Bürgermeister in Hirschstein. Welche Zeit war schwieriger, die nach Ihrem Amtsantritt oder die jetzige?

Schwierig wird es nur, wenn man nicht weiter weiß. Die erste Wahlperiode war gekennzeichnet von großen Investitionen, von der Notwendigkeit, diese zu erkennen, sich um die Finanzierung zu kümmern und die Aufgaben mit unserem Personal zu stemmen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir für unsere Vorhaben immer die höchsten Fördersätze erhalten haben. Die jetzige Amtsperiode ist genauso herausfordernd. Jetzt kommt es darauf an, die Standards der letzten 30 Jahre zu halten.

Die Gemeinde stand finanziell immer relativ gut da. Wie ist die derzeitige Situation?

Ohne die zusätzlichen Belastungen wie hohe Energiekosten, die nicht nur die Handwerkerleistungen verteuern, stetig steigende Kreisumlage, welche auch durch die Sozialkosten für Geflüchtete steigt, würde es uns als Gemeinde immer noch gut gehen. Hinzu kommen hohe Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst, die zwar die Mitarbeiter freuen, aber das Geld muss eben aufgebracht werden. Sorgen bereiten uns auch die hohen Bürokratiekosten. Hier sollten Aufwand und Nutzen hinterfragt werden.

Wie wollen Sie die steigenden Kosten begleichen?

Eines ist klar: Auf der Ausgabenseite können wir nicht mehr kürzen. Wir müssen also die Einnahmen erhöhen.

Also die Steuern?

Ja, es geht nicht mehr ohne Steuererhöhungen. Wir haben zuletzt vor zwölf Jahren, also vor meiner ersten Amtszeit, Steuersätze hochgesetzt. Im vergangenen Jahr haben wir die Hundesteuer moderat erhöht, aber das reicht bei Weitem nicht aus. In diesem Jahr müssen wir entscheiden, ob und in welchem Umfang wir die Grundsteuern und die Gewerbesteuer erhöhen. Sonst können wir an der Decke ziehen, wo wir wollen, sie ist immer zu kurz.

Lehrermangel nun auch in Prausitz

Die Gemeinde hat in den vergangenen Jahren viel in Kindereinrichtungen investiert, eine neue Kinderkrippe und einen neuen Kindergarten gebaut. Die Grundschule wurde und wird energetisch ertüchtigt. Doch wie sieht es mit dem Personal aus? Fehlen Fachkräfte? Stimmt es, dass es seit Schuljahresbeginn keinen Musikunterricht in der Grundschule mehr gibt?

Ja, das stimmt leider. Ich finde das hoch bedenklich. Schlimmer ist es ja an der Oberschule Lommatzsch, wo Physikunterricht wegen Lehrermangels ausfällt. Bei uns kommt erschwerend hinzu, dass die Leiterin unserer Grundschule teilweise nach Riesa abgeordnet wird, dort unterrichten muss. Sie führt unsere Schule sozusagen in ihrer Freizeit.

Nach den Winterferien hat der Freistaat Sachsen nach eigenen Angaben 620 neue Lehrer in die Schulen geschickt. Haben Sie davon nichts abgekriegt?

Nee, bei uns ist niemand angekommen.

Hirschstein ist landwirtschaftlich geprägt. Können Sie die nach wie vor anhaltenden Proteste der Bauern wegen der von der Ampel beschlossenen Subventionskürzungen nachvollziehen?

Auf jeden Fall. So friedlich wie die Bauernproteste abgelaufen sind, das schaffen eben nur die Landwirte. Sie haben konstruktive Kritik geübt, die weit über die gestrichenen Subventionen hinausgeht. Denn die Mehrheit im Land trägt die Entwicklungen der vergangenen beiden Jahre nicht mehr mit.

Der CDU fehlt es an Leuten

Am 9. Juni sind Kommunalwahlen. Traditionell sind in Hirschstein der Regionalbauernverband und die Wählervereinigung stark. Die CDU, der Sie angehören, landete mit 19,2 Prozent auf Platz drei knapp vor der AfD. Was erwarten Sie diesmal?

Ich erwarte, dass der Bauernverband und die Wählervereinigung etwa die Hälfte der Stimmen erreichen werden. Die andere Hälfte werden sich vermutlich AfD und Freie Sachsen teilen.

Und Ihre Partei, die CDU?

Die Nominierungsphase ist schon abgeschlossen, es gibt nur noch einen einzigen Kandidaten. Es fehlt einfach an Leuten. Von den drei CDU-Kandidaten in der laufenden Wahlperiode hat einer aus gesundheitlichen Gründen, ein anderer aus Altersgründen das Mandat zurückgegeben. Nachrücker gab es nicht.

Apropos Wahl. Sie wohnen ja seit einiger Zeit in Lommatzsch. Stimmt es, dass Sie für den dortigen Stadtrat kandidieren wollen? Wenn ja, was sind die Gründe?

Es stimmt, die Gründe sind banal. Wie auch hier in Hirschstein habe ich den Anspruch, dass wegen der Ausgewogenheit möglichst jeder Ortsteil im Gemeinderat beziehungsweise im Stadtrat vertreten ist.

Streben Sie wie viele andere Bürgermeister auch ein Kreistagsmandat an?

Ja, ich werde auch für den Kreistag kandidieren. Das habe ich ja schon vor fünf Jahren getan, damals hat es aber mit dem Einzug nicht geklappt.

Noch Bauplätze zu haben

Wie ist der Stand beim neuen Eigenheimstandort in Schänitz? Gibt es wegen der Wirtschaftslage und der hohen Baukosten bereits Rückzüge von Bauwilligen?

In Schänitz haben wir Bauland für sechs Parzellen erschlossen. Auf einer wird demnächst der Bau begonnen, für drei weitere laufen die Verkaufsverhandlungen. Zurückgetreten von den Bauabsichten ist niemand, es sind aber noch die restlichen zwei Parzellen zu haben. Ich bin optimistisch, dass sich auch dafür Interessenten finden.

Die großen Investitionen wie Feuerwehrgerätehaus in Mehltheuer und die angesprochenen Kindereinrichtungen sind nun getätigt. Was steht in diesem Jahr und mittelfristig an?

Nach den großen Investitionen müssen wir erstmal durchatmen und uns konsolidieren. In den nächsten Jahren kommt es zuerst darauf an, die Attraktivität der Gemeinde zu erhalten. Da stehen beispielsweise die Erneuerung der Spielplätze sowie die Sanierung von Straßen und Brücken, zum Beispiel in Mehltheuer, auf dem Plan.

Ein Problem ist die geschlossene Waldgaststätte in Hirschstein. Gibt es hier einen Hoffnungsschimmer?

Ja, einen kleinen. Der Sportverein, der das Gebäude auch nutzt, hat jetzt Fördermittel für die Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes erhalten. So könnte das Vereins-Angebot erweitert werden. Eine normale Gaststätte wird es dadurch zwar nicht mehr, aber an den Wochenenden könnten beispielsweise Gäste bewirtet werden.

Das Gespräch führte Jürgen Müller