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Kreis Meißen: Die Geldkarte für Sozialleistungen soll zum 1. April kommen

Der Landkreis Meißen will die Bargeldauszahlungen an Geflüchtete begrenzen und so verhindern, dass die Hilfen zweckentfremdet werden.

Von Ines Mallek-Klein
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Asylsuchende sollen künftig nur noch einen kleinen Teil ihrer Hilfen in bar ausgezahlt bekommen. Das verhindert auch Geldtransaktionen ins Ausland.
Asylsuchende sollen künftig nur noch einen kleinen Teil ihrer Hilfen in bar ausgezahlt bekommen. Das verhindert auch Geldtransaktionen ins Ausland. © dpa/Monika Skolimowska (Symbolbild)

Meißen. In den beiden Thüringer Landkreisen Greiz und Eichsfeld gibt es die Bezahlkarte für Sozialleistungen schon. Zum 1. April soll sie auch im Landkreis Meißen kommen, vielleicht sogar in ganz Sachsen. Ausgegeben werden wird sie vorrangig an Asylbewerber. 1.300 lebten, Stand 31. Dezember 2023, im Landkreis. Sie erhalten, da sie in aller Regel nicht über ein deutsches oder europäisches Konto verfügen, ihr Geld in bar. Es wird am Kassenautomaten im Landratsamt ausgezahlt.

Eine, wenn auch selten genutzte Alternative, ist die Ausgabe von Wertgutscheinen. Die können in bestimmten Läden, wie Drogerien und Supermärkten, eingelöst werden. Wobei die Händler den Einkaufsbetrag direkt beim Kreissozialamt abrechnen.

Die Bargeldauszahlung soll nun auf einen bestimmten Eurobetrag monatlich beschränkt werden. Die Kreise, die bereits die Karte eingeführt haben, zahlen 100 beziehungsweise 150 Euro Bargeld aus. Das Gros ihrer Asylleistungen, die bei 460 Euro pro Monat für einen Alleinstehenden und 826 Euro für ein Paar liegen, bekommen die Asylbewerber auf ihre Geldkarte gebucht. Die funktioniert nach dem Prepaid-Modell und kann bei allen Verkaufsstellen eingelöst werden, die auch die Mastercard akzeptieren. Das Besondere: Werden Waren wieder zurückgegeben, gibt es kein Bargeld zurück, sondern das Guthaben wird auf die Karte gebucht.

Kein technischer Aufwand nötig

In Sachsen prüft in diesen Tagen jeder Landkreis individuell, ob eine solche Bezahlkarte eingeführt werden soll, sagt Veronika Müller. Und die stellvertretende Geschäftsführerin des Sächsischen Landkreistages bestätigt die Auskunft aus dem Meißner Landratsamt. Man favorisiere eine einheitliche Lösung für alle Regionen des Freistaats. Auf die Frage, was denn der Vorteil der Bezahlkarte sei, verweist Müller auf einen geringeren Verwaltungsaufwand gegenüber den Barauszahlungen in den Landratsämtern und Außenstellen.

Besonderer technischer Aufwand sei übrigens nicht nötig, um die Karte einzuführen. Sie könne neben dem Guthaben noch mit weiteren Funktionalitäten ausgestattet werden. So ließen sich Höchstbeträge bei Ausgaben festlegen und auch regionale Beschränkungen wären möglich. Die Hilfeempfänger können also nur in ihrer Region auch mit der Karte bezahlen. Wie weit diese gefasst ist, können die Kreise im Einzelfall festlegen.

Einstellige Fallzahl für Überweisungen ins Ausland

In Thüringen hat die Einführung der Bezahlkarte bereits erste Effekte. Die Landkreise Greiz und Eichsfeld melden eine vermehrte Abreise von Geflüchteten, unter anderem zurück in ihre Herkunftsländer. Mit der Geldkarte könne aber vor allem unterbunden werden, dass die Geflüchteten einen Teil ihrer Hilfsleistungen in die Heimat überweisen, um dort ihre Familien zu unterstützen oder Schlepper zu bezahlen. Man wolle die Spreu vom Weizen trennen, heißt es aus Thüringen. Wer wirklich auf der Flucht sei, dem sei die Auszahlungsweise egal. Und noch eine Besonderheit gibt es. Einnahmen aus Erwerbstätigkeit, beispielsweise einem Minijob, stehen den Geflüchteten in bar zur Verfügung.

Das Bürgergeld soll übrigens nicht über die Geldkarte ausgezahlt werden. Insofern sind auch Geflüchtete aus der Ukraine nicht von ihrer Einführung betroffen. Sie erhalten ihre Leistung in aller Regel auf ein hier eingerichtetes Konto bzw. bei Neuankunft am Kassenautomaten des Landratsamtes.

Bürgergeld kann übrigens auch auf Konten ins EU-Ausland überwiesen werden. Diese Fallzahl hält sich im Landkreis Meißen jedoch sehr in Grenzen, sie liegt im einstelligen Bereich, heißt es aus dem Landratsamt. Sozialhilfe bezieht exakt ein Anspruchsberechtigter im Ausland, der sich die Gelder auf ein Onlinekonto überweisen lässt. Zusätzliche Kosten für den Landkreis entstünden durch die Auslandstransaktionen nicht, so die Landratssprecherin weiter.

Die Bezahlkarten sollen personengebunden sein. Die finanziellen Leistungen für Kinder werden, wie jetzt auch, dem Sorgeberechtigten zugeteilt und Mehrausgaben über das Budget hinaus wird es nicht geben. Außerdem behalten sich die Behörden vor, die Karte zu sperren.

Warnung vor Stigmatisierung

Das Modell ist nicht neu, andere Länder arbeiten bereits damit. In Frankreich gibt es eine Guthabenkarte für Geflüchtete, sie können damit in Geschäften einkaufen. Noch strenger ist Großbritannien. Dort gibt es pro Woche umgerechnet ein Guthaben von 55 Euro pro Person, das auf die Geldkarte geladen werden kann. Bei bereits abgelehnten Asylbewerbern wird obendrein reglementiert, was sie sich von dem Geld kaufen können.

Unumstritten ist die Kartenlösung nicht. Das Modell ist seit mehreren Jahren im Gespräch, immer wieder wurde aber vor rechtlichen Problemen gewarnt. Offen sei, ob der Staat sich einmischen dürfe in die Frage, wofür die Geflüchteten ihr Taschengeld ausgeben. Und die Migrationsbeauftragten warnen vor einer Stigmatisierung.

Dass alle sächsischen Landkreise zeitgleich mit dem Modell der Bezahlkarte starten, dürfte als unwahrscheinlich gelten. Ohnehin sei eine landesweite Lösung nur der erste Schritt. Mittelfristig müsste das System der Hilfen für Asylsuchende bundesweit vereinheitlicht werden, so Veronika Müller vom Sächsischen Landkreistag.