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Kreis Meißen: Lagerhalle in Flammen und ein halbes Kilo Crystal im Klo

Ein 30-jähriger Coswiger saß schon vier Jahre im Gefängnis. Jetzt werden ihm wieder schwere Straftaten vorgeworfen. Ihm droht erneut eine lange Haft.

Von Jürgen Müller
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Diese Lagerhalle in Klipphausen soll der Angeklagte am 16. August 2020 angezündet haben. Er soll dort Diebesgut gelagert und Schießübungen abgehalten haben und wollte wohl Spuren verwischen. Es entstand ein Schaden von 440.000 Euro.
Diese Lagerhalle in Klipphausen soll der Angeklagte am 16. August 2020 angezündet haben. Er soll dort Diebesgut gelagert und Schießübungen abgehalten haben und wollte wohl Spuren verwischen. Es entstand ein Schaden von 440.000 Euro. © Roland Halkasch

Dresden/Meißen. Seine Kumpels, die im Saal des Landgerichtes Dresden Platz genommen haben, grüßen den Angeklagten mit "Hasi", als er in den Saal geführt wird. Sie haben sich wohl lange nicht gesehen. "Hasi" sitzt seit Januar im Gefängnis. Mal wieder. Er sitzt eine Strafe von einem Jahr und zehn Monaten ab, zu der ihn das Amtsgericht Dresden verurteilt hat.

Insgesamt vier Jahre hat der 30 Jahre alte Coswiger schon in Haft verbracht. Nach Lage der Dinge wird es nochmal deutlich mehr. Was ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft, hat es in sich. In einem Vorgespräch zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatte der Staatsanwalt schon mal angedeutet, dass er ohne ein Geständnis des Angeklagten auf eine Haftstrafe von acht Jahren plädieren werde.

Angst vor den Dealern und Abnehmern

Mit einem Geständnis ist das vor allem in einer Sache kompliziert. Denn "Hasi" hat offensichtlich Angst vor den Wölfen, besser gesagt, vor den Drogendealern. Deshalb wohl hat er die Kapuze seines Shirts tief ins Gesicht gezogen, will auf keinen Fall erkannt werden. Die Staatsanwaltschaft hat bei einem Geständnis zur Bedingung gemacht, dass er die Hintermänner nennt.

Der Angeklagte soll im verschlüsselten Encro-Chat-Verfahren zwei Kilogramm Crystal für 80.000 Euro erworben haben. Ein Kilogramm wurden auf dem Parkplatz eines Supermarktes in Meißen übergeben, er leistete eine Anzahlung von 6.000 Euro. Ein weiteres Kilogramm erhielt er in Coswig, auch hier zahlte er einige Tausend Euro an.

Bei dem Versuch, in Meißen an zehn Gramm Crystal zu kommen, wurde er festgenommen. Als sein Zimmer in der elterlichen Wohnung durchsucht wurde, fanden die Beamten nur 60 Gramm Crystal. Ein halbes Kilogramm der Droge soll er zuvor in der Toilette entsorgt haben. Bei der Durchsuchung wird auch ein Teleskopschlagstock - auch "Totschläger" genannt - gefunden.

Vorgeworfen wird dem gebürtigen Radebeuler auch, am 16. August 2020 eine Lagerhalle in Klipphausen abgefackelt zu haben. Er und ein Bekannter sollen dort Diebesgut gelagert und Schießübungen abgehalten haben. Es entstand ein Sachschaden von 440.000 Euro.

Da wirken die anderen Tatvorwürfe fast wie Pillepalle. In einem Kosmetikstudio soll der Mann, der nicht nur drogen-, sondern auch spielsüchtig ist und immer Geld braucht, Technik, Bargeld und Kosmetik im Wert von insgesamt 6.509 Euro mitgehen lassen. Zuvor hatte er das Schloss einer Hintereingangstür geknackt. Es entstand ein Sachschaden von 396 Euro. Ein Luftreiniger vom Typ Dyson verscherbelte er anschließend bei Ebay.

Auch zwei Fahrräder für 530 und für 2.300 Euro stahl der Angeklagte in Meißen und Weinböhla, dass eine aus einer Tiefgarage, dass andere aus einer verschlossenen Kellerbox.

Seit Januar dieses Jahres sitzt er in der Justizvollzugsanstalt in Zeithain ein. Kaum angekommen, prügelte er einen Mitgefangenen, schlug ihm mindestens einmal mit der Faust ins Gesicht.

Dünne Beweislage

Die Taten gibt er im Wesentlichen zu, nur zu der Brandstiftung macht er keine Angaben. Das hat einen guten Grund. Die Staatsanwaltschaft hatte angedeutet, dass sie bei einem Geständnis in Bezug auf die anderen Vorwürfe diesen Teil des Verfahrens möglicherweise einstellen würde im Hinblick auf die zu erwartende Strafe wegen der anderen Taten. Ein solch großzügiges Angebot hat wohl den Hintergrund, dass die Beweislage sehr dünn ist. Zwar wurden DNA-Spuren von ihm an der Lagerhalle gefunden, doch die können auch beim Einlagern des Diebesgutes entstanden sein. Ein Beweis, dass er den Brand gelegt hat, sind sie nicht.

Auch Namen von Hintermännern und Abnehmern der Drogen will der Angeklagte nicht nennen, sondern sich nur zu seinem Tatbeitrag äußern, wie es der Verteidiger formuliert. Einen Teil des Crystals hat er selbst verbraucht. Er nimmt diese Drogen nach eigenen Angaben seit zwölf Jahren. Ein bis zwei Gramm pro Tag sei "so ungefähr die Regel" gewesen. Mehrere Entziehungen hat er gemacht, die erste 2014. Danach war er ein Jahr clean, dann kam der Rückfall.

Das Fahrrad in Weinböhla habe er geklaut, als er bei einem Freund zu Besuch war. "Es fuhr kein Zug mehr, ich wusste nicht, wie ich nach Hause kommen sollte", rechtfertigt er sich. Daran gedacht, das Rad zurückzugeben, hat er nicht. Auch den Diebstahl des anderen Rades, von dem nur der Rahmen gefunden wurde, räumt er ein. Den Mitgefangenen habe er geschlagen, weil der ihn beleidigt habe, sagt er.

Das Gericht hat insgesamt sechs Verhandlungstage angesetzt. Durch das Geständnis dürfte sich das Verfahren aber erheblich verkürzen. Nach einem Rechtsgespräch ist nun auch einigermaßen klar, was den Coswiger erwartet.

Im Falle eines Geständnisses werde das Gericht einer Strafe im Rahmen von fünf Jahren und sechs Monaten und sechs Jahren und sechs Monaten verhängen, gab der Vorsitzende der Großen Strafkammer Birger Magnussen nach einem Rechtsgespräch bekannt. In dieses Urteil würde die Strafe des Amtsgerichtes Dresden von einem Jahr und zehn Monaten, die er gerade absitzt, mit einbezogen.

Auf seine Freunde wird "Hasi" also wohl lange Zeit verzichten müssen. Allerdings wird er wohl vor der Haft erst einmal in eine geschlossene Entziehungsanstalt zum Drogenentzug eingewiesen werden.

Das Verfahren wird am 12. September am Landgericht Dresden fortgesetzt.