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Wird Reiten bald Teil des Schulsports in Sachsen?

Pferde könnten bald eine größere Rolle an Sachsens Schulen spielen, verriet Ministerpräsident Michael Kretschmer bei seinem Besuch auf dem Landgestüt in Moritzburg.

Von Ines Mallek-Klein
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Ministerpräsident Michael Kretschmer und Landrat Ralf Hänsel im Gespräch mit Landesstallmeisterin Kati Schöpke und Obersattelmeister Hofmann.
Ministerpräsident Michael Kretschmer und Landrat Ralf Hänsel im Gespräch mit Landesstallmeisterin Kati Schöpke und Obersattelmeister Hofmann. © Arvid Müller

Moritzburg. Der Herbstwind zupft energisch das gelbe Laub von den Bäumen. Es riecht nach nasser Erde, und unter den Hufen von Cadett und Unicum stiebt das Wasser aus den Pfützen, die der Regen der Nacht zurückgelassen hat. Die beiden Hengste werden dirigiert von Dirk Hofmann. Noch, denn der Obersattelmeister der Landgestüts Moritzburg weist gerade den Meißner Landrat Ralf Hänsel ein, wie der Zweispänner zu führen ist und gibt ihm am Ende die beiden Kreuzleinen in die Hand. Hänsel hat Reiterfahrung. Doch das Lenken einer Kutsche sei noch mal etwas ganz anders, sagt er und folgt konzentriert den Erklärungen des Obersattelmeisters.

Auf der Kutsche hinten sitzt Ministerpräsident Michael Kretschmer. Immer wenn er mit seinem Kabinett auf Landkreistour geht, nutzt er die frühen Morgenstunden, um in der jeweiligen Regionen das kennenzulernen und auch auszuprobieren, was sie besonders macht. "Ich bin in Markkleeberg schon Kanu gefahren und war mit dem Finanzminister unter Tage, nun also eine Kutschfahrt", so der Landeschef.

Mit Pferden kennt er sich aus, reitet selbst, auch durch die Wälder rund um Moritzburg. Im Winter sei das geradezu märchenhaft, wenn links und rechts die Rehe aus den Büschen springen.

Mit Cadett und Unicum führen Ministerpräsident Michael Kretschmer und Landrat Ralf Hänsel zwei schwere Warmblüter zur Kutsche.
Mit Cadett und Unicum führen Ministerpräsident Michael Kretschmer und Landrat Ralf Hänsel zwei schwere Warmblüter zur Kutsche. © Arvid Müller

Das Landgestüt wird finanziell maßgeblich vom Freistaat getragen. "Einen Teil unserer Einnahmen erzielen wir aber auch selbst, indem wir Trainings anbieten, Prüfungen abnehmen und bei unseren Veranstaltungen wie den Hengstparaden viele Hundert Besucher begrüßen", sagt die Landesstallmeisterin Kati Schöpke. 65 Hengste und 100 Stuten, verteilt auf Sachsen und Thüringen, werden von den Pferdewirten und -trainern betreut, die damit auch ein Stück Kulturgut sichern. Denn die Rasse des Sächsisch-Thüringischen Schweren Warmbluts, für das Moritzburg bekannt ist, war bedroht.

Bedroht war in den Nachwendejahren aber auch die Existenz des Gestüts selbst. Erzählungen von Zeitzeugen folgend mussten wegen finanzieller Engpässe wertvolle Pferde verkauft werden, um die Bezahlung der Mitarbeiter zu sichern.

Ministerpräsident Michael Kretschmer verfolgt das Einspannen der beiden Hengste.
Ministerpräsident Michael Kretschmer verfolgt das Einspannen der beiden Hengste. © Arvid Müller

Pferde an sächsischen Schulen

Diese Zeiten sind vorbei. Gerade werden in Moritzburg 24 Millionen Euro in eine neue Multifunktionsreithalle investiert. Der Kran überragt weithin sichtbar die Baustelle und die Betonsäulen lassen die Ausmaße des 6.000 Quadratmeter großen Areals erahnen. Die kleine Anreithalle soll nach Aussage von Kati Schöpke im Herbst kommenden Jahres in Betrieb genommen werden, die große Veranstaltungshalle wird dann ab Winter 2025 genutzt werden können. Mit der Großinvestition erfüllt die sächsische Staatsregierung ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag 2019 bis 2024. Darin hat sie sich verpflichtet, die Sächsische Gestütsverwaltung als Kompetenzzentrum der Pferdewirtschaft mit bundesweiter Ausstrahlung zu entwickeln.

Die promovierte Agrarwissenschaftlerin sieht das Landesgestüt auf gutem Weg und auch den Pferdesport, der sich wachsender Beliebtheit erfreut. Die Ansprüche an die Pferde haben sich aber gewandelt. Freizeitreiter verlangen nach einer gewissen Robustheit, so Kati Schöpke.

Pferde könnten künftig auch an sächsischen Schulen eine größere Rolle spielen, verriet Michael Kretschmer. Der Umgang mit Tieren schaffe neue Erfahrungswelten für die Kinder und fordere sie auch körperlich. Tiere sind zugleich eine Verpflichtung, "Denn Pferde akzeptieren keine Viertagewoche", so Landesstallmeisterin Dr. Schöpke. Die im sächsischen Kabinett diskutierte Idee, Reitsport als Sportangebot an Schulen zu integrieren, begrüßt sie, wenngleich natürlich die Kapazitäten der Reiterhöfe begrenzt seien.

Ein Brandbrief an den Ministerpräsidenten

Mittlerweile hat Ministerpräsident Kretschmer auf den Kutschbock gewechselt und führt die Leinen. Die Zeit drängt. Auf Schloss Schönfeld warten die anderen Kabinettsmitglieder. Die beiden schweren Warmblüter traben eilig voran, während der Obersattelmeister erklärt, warum Cadett rechts und Unicum links läuft. "Das hat mit dem Gefälle der Straße zu tun, sie fällt nach rechts ab, sodass man das größere Pferd immer auf dieser Seite anspannt", erklärt Hofmann. Der Ministerpräsident fährt auf eine Kreuzung zu, sicher kommt die Kutsche zum Stehen, lässt das Auto durch und weiter geht die Fahrt.

Der arbeitsreichere Teil des Tages steht auch Landrat Hänsel noch bevor. Der CDU-Politiker hat eine ganze Liste von Themen, die er mit den Kabinettsmitgliedern besprechen will. Da geht es um die Integrationspolitik und die Ergebnisse des Asylgipfels vergangene Woche. "Mit denen kann ich nicht zufrieden sein, denn sie lösen die Probleme nicht", so Hänsel. Mehr Geld hilft den Kreisen und Kommunen, schafft aber nicht automatisch mehr Schlafplätze. "Wenn die Zahlen so bleiben, reichen die Unterkünfte im Kreis Meißen bis Frühjahr 2024, dann sind unsere Kapazitäten restlos ausgeschöpft", so Landrat Hänsel.

Doch auch die Kommunalfinanzen treiben den Landrat um, und das nicht erst jetzt. Schon im Mai hatten er und die Bürgermeister alle Kommunen einen Brandbrief nach Dresden geschrieben und auf die Defizite in ihren Kommunalhaushalten verwiesen. Die anhaltend hohen Energiekosten und die Inflation, die auch Bauprojekte verteuert, verschärfen diese Situation zusätzlich. Es gäbe, so das Fazit von Ralf Hänsel, also genügend Themen, die mit den Ministern zu besprechen sind.