Meißen. Porzellansammler und Kunstexperten warten gespannt auf den 14. September. Aufgeteilt in insgesamt 117 Lose, kommt ab 10 Uhr eine seltene Auswahl von wertvollen Stücken aus den oft als Goldenes Zeitalter bezeichneten Anfangsjahren der Manufaktur unter den Hammer. Die Geschichte des sächsischen Porzellans ist abenteuerlich.
Nach Angaben der US-amerikanischen Porzellanexpertin Maureen Cassidy-Geiger wurde die exklusive Kollektion Anfang des 20. Jahrhunderts von dem jüdischen Sammler-Ehepaar Margarethe und Franz Oppenheimer in Berlin zusammengetragen. Der Bergbaumagnat hatte mit schlesischer Steinkohle ein Vermögen erworben. Zusammen mit seiner Frau widmete sich er sich vor allem Porzellanen, die Dekore im sogenannten Chinoiserie-Stil tragen. Dabei handelt es sich um Motive, die auf der Basis von Vorbildern aus China und Japan in Europa entstanden. Oft lieferten Farbholzschnitte aus Fernost die Grundlage. Aufgrund ihrer Exotik wurden die Malereien häufig pauschal als "indisch" bezeichnet.
Wie andere Herrscher seiner Zeit hegte der sächsische Kurfürst und polnische König August der Starke eine große Vorliebe für alles Orientalische. Zu den teuersten Antiquitäten, welche am 14. September bei Sotheby's zum Aufruf kommen, zählen zwei Augustus-Rex-Deckelvasen, welche auf einen Preis zwischen 150.000 Dollar und 250.000 Dollar geschätzt werden. Nach Angaben internationaler Experten könnten die Vasen auf direkten Wunsch des sächsischen Herrschers für das als Porzellanschloss entworfene Japanische Palais entstanden sein.
Auch bei dem teuersten Stück, ein auf bis zu 400.000 Dollar geschätztes Gehäuse für eine Kaminuhr, wird angenommen, dass es für den gleichen Ort bestimmt war. Insgesamt rechnen Experten für alle über 100 Stücke mit einem Gesamterlös von zwei bis über drei Millionen Dollar. Nach Ansicht von Marktkennern dürfte eine kleine Zahl sehr engagierter Sammler um die größten Raritäten wetteifern. Seit 40 Jahren habe es nicht mehr die Gelegenheit gegeben, derart seltenes Porzellan zu erstehen.
Möglich wird die Versteigerung durch die Rückgabe der Sammlung aus den Beständen des Rijksmuseums in Amsterdam an die Erben von Margarethe und Franz Oppenheimer. Das jüdische Paar war vor den Nationalsozialisten zunächst nach Wien und anschließend nach New York geflohen. Die genauen Umstände, wann und wie sich die Sammler von ihren Beständen trennen, sind nicht abschließend geklärt. Bekannt ist, dass ein Großteil der Sammlung von dem in Amsterdam ansässigen jüdisch-deutschen Bankier Fritz Mannheimer erworben wurde. Der Finanzmann besaß damals eine der wertvollsten privaten Kunstsammlungen in Europa.
Anfang 1941 verfügt Adolf Hitler den „umgehenden Kauf der Sammlung Mannheimer“ durch seinen Sonderbeauftragten für dieses Gebiet, den Chef der Dresdner Gemäldegalerie Hans Posse. Geplant war, die Porzellane im sogenannten Führermuseum in Linz zu zeigen. Nach einigem Hin und Her wurde die Kollektion durch den höchsten Nazi-Kunsträuber Kajetan Mühlmann erworben und gegen Kriegsende in dem österreichischen Salzbergewerk Altaussee versteckt.
Beherzte Bergarbeiter bewahrten das Depot 1945 vor der durch den Gauleiter von Oberdonau, August Eigruber, angeordneten Sprengung. Auch als Monuments Men bezeichnete Kunstschutzsoldaten der US-Armee übernahmen nach Kriegsende den Standort. Die Sammlung Oppenheimer wurde an den niederländischen Staat übergeben, welcher sie dem Amsterdamer Rijksmuseum anvertraute. Erst in den letzten Jahren gelang es den Nachfahren der ursprünglichen Sammler, ihre Ansprüche durchzusetzen.