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Noch mehr Fälle von falschen Grundsteuerbewertungen im Kreis Meißen

Ein Gartenlandbesitzer aus Moritzburg kämpft weiter gegen die Fehlbewertungen seines Eigentums bei der Grundsteuer und sammelt Gleichgesinnte um sich. Es gibt noch deutlich gravierendere Fälle.

Von Ulf Mallek
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Glühweinrunde von offensichtlich fehlerhaften Grundsteuerbescheiden Betroffener in Moritzburg.  Der Gartenlandbesitzer Torsten Küllig (2.v.r.) hatte schon vor Weihnachten  eingeladen und besprach mit den Gleichgesinnten das weitere Vorgehen.
Glühweinrunde von offensichtlich fehlerhaften Grundsteuerbescheiden Betroffener in Moritzburg. Der Gartenlandbesitzer Torsten Küllig (2.v.r.) hatte schon vor Weihnachten eingeladen und besprach mit den Gleichgesinnten das weitere Vorgehen. © Claudia Hübschmann

Der Widerstand gegen offensichtlich falsche Grundsteuerbewertungen im Landkreis Meißen hält an. Torsten Küllig, ein krass falsch bewerteter Moritzburger Eigentümer von Gartenland, hat bereits 18 gleichfalls Betroffene um sich versammelt. Er selbst soll künftig mindestens das 40-fache an Steuer bezahlen. Aus seinem gut 30.000 Euro teuren Grundstück machte das Finanzamt Meißen per Anschreiben kurzerhand 850.000 Euro. Aus 40 Euro Grundsteuern pro Jahr könnten ab 2025 - je nach noch festzulegendem Hebesatz der Gemeinde Moritzburg - sogar 2.500 Euro werden. Bedauerlicherweise für Küllig steht der enorme Wertzuwachs seines Grundstücks nur auf dem Papier. Das Gartenland ist immer noch ein Garten und kein Bauland geworden.

Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) räumte inzwischen ein, dass es bei der Umsetzung des Grundsteuergesetzes zu Ungerechtigkeiten kommen könne, die dann wohl oft vor Gericht landen werden. Dennoch soll auch die neue Grundsteuer aufkommensneutral gestaltet werden, so der Minister. Für die Hälfte der Eigentümer wird es billiger, für die andere Hälfte teurer. Külligs Fall ist ein Beispiel aus der zweiten Kategorie. Doch juristisch dagegen vorzugehen wird wohl schwierig. Denn das Gesetz, noch vom damaligen Bundesfinanzminister Olaf Scholz in der Regierung Merkel konzipiert, sieht kaum Ausnahmen vor, damit es praktikabel bleibt.

Weinböhla ist teuer

Sieglinde und Klaus Scholze aus Riesa wurden ebenfalls Opfer der pauschalisierten Festlegung von Bodenrichtwerten. Sie sind Miteigentümer einer Wiese, die dicht an bebautem Land liegt. Die Familie geht von einem Bodenrichtwert von 1 Euro pro Quadratmeter aus. Das Finanzamt Meißen aber nicht. Es legt einen Bodenrichtwert von 83 Euro fest. Widersprüche der Familie wurden abgelehnt. Diese Verfahrensweise, so die Riesaer Familie, sei haarsträubend und mit einer seriösen Ermittlung nicht zu vereinbaren.

Tilo S. aus Weinböhla habe seinen Grundsteuermessbescheid über mehrere Tage wiederholt lesen müssen, um ihn zu begreifen. Sein Einfamilienhaus-Grundstück liegt in dritter Reihe und hat keinen richtigen Anschluss an die Straße. Nur über vorgelagerte Grundstücke. Aus heutiger Sicht, so Seifert, dürfte es sogar fast unverkäuflich sein. Das hindert das Finanzamt aber nicht, es mit dem höchsten Weinböhlaer Bodenrichtwert zu bewerten. Weinböhla ist teuer, die Preise gehen dort über 300 Euro pro Quadratmeter.

Hartmut Goldberg aus Radebeul fühlt sich ebenfalls falsch bewertet. Auf seiner Straßenseite legte das Finanzamt einen Bodenrichtwert von 454 Euro fest, während die andere Straßenseite bei gleicher Bebauung mit 18 Euro bewertet wird. Auf seine Anfrage erhielt er noch keine Antwort.

"Willkürliche Festlegung"

Sabine Reich betreibt eine Pension in Radebeul, die 2002 und 2013 vom Hochwasser überschwemmt wurde. Damals, so Frau Reich, galt ein Bodenrichtwert von 70 Euro pro Quadratmeter, heute habe sie die gleichen Werte wie die luxuriöse Friedensburg ganz oben auf dem Berg. Es sind über 300 Euro. Frau Reich sieht hier "willkürliche Festlegung von extrem hohen und nicht der Realität angepassten Bodenrichtwerten". Außerdem habe Radebeul auch sehr hohe Hebesätze, sodass die Eigentümer alle sehr tief in die Tasche greifen müssten.

Eine Radebeuler Familie hat Gartenland mit einer baufälligen Laube erworben. In dem recht schönen Gebiet bestehe die Besonderheit, dass das Baurecht sehr lückenhaft für die einzelnen Grundstücke vorliege. Gemäß schriftlicher Erklärung der Stadt dürfe sie in dem Gartengrundstück ausdrücklich nicht bauen. Deshalb war es recht preiswert. Bei der neuen Festlegung des Bodenrichtwertes wurde jedoch statt 18 Euro pro Quadratmeter (wie bei vergleichbaren Nachbargrundstücken) ein Wert von 365 Euro festgelegt. Offensichtlich spiele auch hier die Annahme eine Rolle, dass es sich um Bauland handelt.

Neuer Treff der Betroffenen in Moritzburg

Das Finanzministerium teilte Sächsische.de dazu mit, dass im Bewertungsgesetz geregelt sei, dass vom Finanzamt der Bodenrichtwert anzusetzen ist, der für das Bodenrichtwertgrundstück der jeweiligen Bodenrichtwertzone festgelegt wurde. Das Bodenrichtwertgrundstück sei ein fiktives unbebautes Grundstück, dessen Grundstücksmerkmale weitgehend mit den vorherrschenden grund- und bodenbezogenen Grundstücksmerkmalen der Bodenrichtwertzone übereinstimmen. Individuelle Abweichungen des konkret zu bewertenden Grundstücks vom Bodenrichtwertgrundstück seien nicht zu berücksichtigen.

Das will Eigentümer Torsten Küllig nicht einfach hinnehmen. Er verständigte sich mit dem Bund der Steuerzahler und informierte auch den Augsburger Finanz-Professor Gregor Kirchhoff, der das von Sachsen angewendete Grundsteuermodell ganz klar als verfassungswidrig ansieht. Mit weiteren Opfern des neuen Grundsteuergesetzes will sich Küllig Ende nächster Woche erneut in Moritzburg in einer Gaststätte treffen. Den Finanzminister hat er auch dazu eingeladen.