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Start der sächsischen Weinernte auf Schloss Wackerbarth in Radebeul

Tourismusministerin Barbara Klepsch griff im Radebeuler Weingut Schloss Wackerbarth selbst zur Leseschere, um die ersten Trauben der frühreifen Sorte Solaris zu ernten.

Von Ines Mallek-Klein
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Sachsens Tourismusministerin Barbara Klepsch griff am Mittwochmorgen gemeinsam mit Weinkönigin Alona Chesnok selbst zur Leseschere. Mit den ersten Schnitten auf Schloss Wackerbarth hat die sächsische Weinlese 2023 offiziell begonnen.
Sachsens Tourismusministerin Barbara Klepsch griff am Mittwochmorgen gemeinsam mit Weinkönigin Alona Chesnok selbst zur Leseschere. Mit den ersten Schnitten auf Schloss Wackerbarth hat die sächsische Weinlese 2023 offiziell begonnen. © Arvid Müller

Radebeul. Mit einem geübten Griff schiebt Barbara Klepsch die schmale Klinge der Leseschere durch das dichte Blattgrün. Der Saft der Traube, die Sachsens Tourismusministerin (CDU) Sekunden später in den Händen hält, würde gut ein Glas Federweißer füllen, sagt Till Neumeister. Er ist der Weinbauleiter auf dem sächsischen Staatsweingut Schloss Wackerbarth, wo am Mittwochmorgen ganz offiziell die diesjährige Weinlese beginnt.

Man sei gut eine Woche später dran als 2022, denn das Jahr hat kälter, aber auch regenreicher begonnen. Und vor allem Letzteres ist eine gute Nachricht für die Winzer. Ihre Reben trieben ab Ende April auf vollgesogenen Böden aus, die auch dann noch Wasser spenden konnten, als im Mai die Trockenheit einsetzte. Till Neumeister und seine rund 2.500 großen und kleinen Winzerkollegen, die zusammen knapp 500 Hektar in ganz Sachsen bewirtschaften, haben Glück.

Mehr Glück als die Weinbauern in Norditalien und Südfrankreich, wo Unwetter wüteten und wochenlange Nässe zu einem massiven Mehltau-Befall führten. Das sächsische Weinjahr lief besser, doch für die Qualität der Weine sind die kommenden Tage und Wochen entscheidend. Neumeister wünscht sich vor allem Wärme und Sonne.

Die bekommen die Trauben der frühreifen Sorte Solaris nicht mehr ab. Sie wurden gestern unterhalb der Wackerbarthschen Steilhänge von vielen fleißigen Händen gelesen. Sachsens Tourismusministerin Barbara Klepsch hatte sich extra für lange Hosen und rutschfeste Schuhe entschieden. Sie war schon 2022 beim Start der Weinlese dabei und kam nun erneut, vor allem um die Bedeutung des Weinbaus für den Tourismus in Sachsen zu würdigen. "Die beeindruckende Vielfalt unserer sächsischen Weine zieht nicht nur Einheimische, sondern auch Gäste aus der ganzen Welt an. Kulinarik und Genuss sind mittlerweile wichtige Entscheidungskriterien für Gäste bei der Auswahl ihres Urlaubsziels", so die Ministerin.

Tourismusministerin Barbara Klepsch mit der neuen Weinkönigin Alona Chesnok, den beiden Weinprinzessinnen Sabine Leonhardt und Nicole Baumgärtel sowie Weinbauleiter Till Neumeister (v.l.n.r.)
Tourismusministerin Barbara Klepsch mit der neuen Weinkönigin Alona Chesnok, den beiden Weinprinzessinnen Sabine Leonhardt und Nicole Baumgärtel sowie Weinbauleiter Till Neumeister (v.l.n.r.) © Arvid Müller

Sonnencreme und Wasserflasche

Der Weintourismus habe in den vergangenen Jahren massiv an Bedeutung gewonnen, auch weil das Angebot erweitert worden sei. Es reiche von Weinbergwanderungen und Kellerführungen über Verkostungen, Straußwirtschaften bis hin zu Yoga im Weinberg. Es sei das Verdienst der Winzer, die damit die Region attraktiv für Gäste machen und gleichzeitig einen außergewöhnlichen Beitrag bei der Pflege der Kulturlandschaft leisten. Man vergesse bei dem Genuss eines Glases Wein nur allzu schnell, wie viel Arbeit darin stecke, so die Ministerin. Arbeit, die die Winzerinnen und Winzer mit viel Leidenschaft und Können absolvierten.

In jedem Fall braucht es viel körperliche Fitness, ausreichend Sonnencreme, einen Hut und auch eine Wasserflasche könne nicht schaden. Katrin Bräuer arbeitet seit 33 Jahren auf dem Weingut Schloss Wackerbarth, sie hat hier gelernt und schon viele Lesen miterlebt. Hier gilt noch die klassische Geschlechtertrennung und der kann sie durchaus Gutes abgewinnen. Die Frauen lesen und füllen ihre wahlweise roten oder grünen Körbe direkt an der Rebe. Gut zehn Kilogramm schwer werden sie regelmäßig in die Butte geleert. Die Rückentrage dürfen nur Männer tragen, denn sie fasst schnell 50 Kilogramm und mehr.

Der stellverstretende Weinbauleiter Alexander Tau leert eine Rückentrage in die Butte.
Der stellverstretende Weinbauleiter Alexander Tau leert eine Rückentrage in die Butte. © Arvid Müller

Über drei Millionen Weintouristen

Die Ministerin erntete gestern nicht allein. Ihr zur Seite standen die erst vor wenigen Tagen gewählte sächsische Weinkönigin Alona Chesnok sowie die beiden neuen Weinprinzessinnen Nicole Baumgärtel und Sabine Leonhardt. Innerhalb weniger Minuten waren die Körbe gefüllt und wurden zur Edelstahlpresse getragen. Ein in der Sonne silbern schimmerndes Transportband bringt die Trauben in die Kelterei. "Wenig Romantik, dafür viel Effizienz", sagt der stellvertretende Weinbauleiter Alexander Thau. Er und seine Kollegen werden in den kommenden Tagen schon kurz nach 6 Uhr morgens im Weinberg sein. Sie ernten sorten- und lageabhängig bis Ende Oktober. Der Riesling, der in den Steillagen von Wackerbarth reift, gehört traditionell zu den letzten Sorten, die gelesen werden können. Die Trauben bleiben also noch einige Wochen an den Rebstöcken hängen. Sie sind ein beliebtes Fotomotiv, auch von vielen Gästen.

Nicht wenige kommen wegen des Weins nach Sachsen. Rund 3,1 Millionen Übernachtungen und Tagesbesucher schreibt man dem Weintourismus zu. Und die Besucher sind durchaus genussorientiert unterwegs und bringen zudem einiges an Kaufkraft mit. Sie wird von den Touristikern auf rund 300 Millionen Euro geschätzt, Tendenz steigend.

Und während mittlerweile auch die ersten Tagesgäste über das Wackerbarth-Areal flanieren und sich über die vielen Fotografen und Kameraleute wundern, liest Barbara Klepsch weiter die Trauben. Auch Katrin Bräuer füllt ihren roten Korb mit flinken Händen. Damit auch keine Traube übersehen wird, pflückt sie die Blätter vom Rebstock. Sie bleiben eigentlich zwischen den Spalieren liegen, sind Wohnraum für Insekten und Dünger für die Reben. Nur hier im Schauweinberg werden die grünen Blätter am Ende des Tages zusammengefegt. Da siegt dann doch die Optik über den natürlichen Weinbau, dem sich Wackerbarth verschrieben hat.