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Sun & Bass: Das Comeback der Jugendkultur in Meißen

Am vergangenen Freitagabend ging die Open-Air-Party ,,Sun & Bass” in die dritte Runde. Was treibt die Meißner Jugend um? Was wünschen sie sich? Ein Besuch vor Ort.

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Am frühen Abend sammelten sich die ersten jungen Leute am Akti. Später wurde ordentlich gefeiert.
Am frühen Abend sammelten sich die ersten jungen Leute am Akti. Später wurde ordentlich gefeiert. © Claudia Hübschmann

Von Clara Wieland

Meißen. Heute Abend werden fast ausnahmslos Meißner DJs am Pult stehen, darunter auch einige, die schon in den 80er in Meißen aufgelegt haben. DJ Judge Jazzid macht den Anfang. Für jeden Act ist jeweils eine Stunde eingeplant. Fünf weitere Künstler werden noch für Stimmung sorgen.

Die ist dringend nötig, denn wirklich sonnig war es bisher nicht. Der Sound sorgt für gute Laune. Die Masse ist bunt gemischt: Kinder, Jugendliche, deren Eltern oder einfach nur neugierige Erwachsene, die sich den Spaß nicht entgehen lassen wollten, zieht es auf das betonierte Gelände am Elbufer. Viele stehen noch in kleinen Gruppen am Rand und Wippen verhalten zum harten Bass. Doch das soll sich im Laufe des Abends ändern. Die Jugendlichen vom Polytalk sind inzwischen auch da.

Auszeit im "Safe Space"

Ich komme mit einer 16-jährigen Schülerin ins Gespräch, die dieses Jahr das erste Mal wählen wird. "Es ist spannend mit den Politikern direkt ins Gespräch zu kommen. Oft liest man bloß das Wahlprogramm oder sieht Werbeplakate von Parteien", sagt die Politikinteressierte mit Blick auf die Europawahl. Doch von dem Wahlrecht ab 16 ist nicht jeder überzeugt. Ein Schüler von einem Meißner Gymnasium äußert sich kritisch: "Viele wissen mit 16 gar nicht, was oder wen sie wählen sollen, und sind noch leicht zu beeinflussen. Die zwei Jahre machen schon deutlich einen Unterschied." Ein Trend ist trotzdem zu erkennen: Die Jugend beschäftigt sich mehr mit Politik und will mitbestimmten.

Vor dem Jugendbus wurde eine Bar aufgebaut. Zum Sortiment zählen neben Softdrinks und Eistee auch alkoholische Getränke. Außerhalb der Bar ist ebenfalls Alkohol im Umlauf. Für Jugendliche, die zum ersten Mal ihre Grenzen testen wollen, ist gesorgt. Wasser gibt es gratis aus einem großen Kanister. Wenn das nicht hilft, dann dürfen sich die Jugendlichen in dem ,,Safe Space” im ausgebauten Bus ausruhen.

Ich komme mit Emil Fitz, dem Pressesprecher vom Jugendclub Meißen, ins Gespräch. Der 19-Jährige engagiert sich freiwillig im Verein und ist froh so ein Angebot in Meißen zu haben. Davon gibt es in der Kleinstadt nicht viele. Ihm persönlich fehlt es an Projekten und Veranstaltungen, die die langsam erwachende Jugendkultur fördern. Er wünscht sich mehr Unterstützung von der Stadt. "Viele der Jugendlichen sind aktiv und engagiert. Die wollen was machen, aber es gibt einfach kein Angebot für die Nachfrage", erzählt er. Eine junge Frau, die mit Namen nicht genannt werden möchte, ergänzt: "Meißen konzentriert sich darauf eine Touristenstadt zu sein und vergisst dabei genügend Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene zu gestalten. Kein Wunder, warum es alle nach Dresden zieht."

Nicht nur Konsumenten, sondern Gestalter

Gern würde sie mit mir weiterreden, doch es zieht sie auf die Tanzfläche. Die wird im Laufe des Abends immer voller. Gegen 23 Uhr ist die Scheu dem Mut längst gewichen: Es wird eng. Vor den großen Musikboxen wird abgehottet. Inmitten der Menge komme ich ins Gespräch mit einem Schüler aus der Freien Werkschule. Auf die Frage, was er sich als Jugendlicher für Meißen wünscht, muss er schmunzeln. "Mehr Akzeptanz und Offenheit in Meißen, das ist mir wichtig. Ich denke, viele würden es begrüßen, wenn Projekte für und von Jugendlichen nicht so vielen Hindernisse ausgesetzt werden."

An diesem Abend wurde oft der Wunsch geäußert, dass in Hinblick auf politische Themen ein entspannterer Umgang miteinander stattfinden kann. Auch die Jugend ist gespalten. Doch trotz der Unterschiede zeigt sich eine bemerkenswerte Entwicklung: Man ist aktiv und organisiert.

Ein gutes Beispiel dafür war die Veranstaltung selbst, bei der Jugendliche ihre Leidenschaft für Musik und Gemeinschaft ausleben konnten. Die Heranwachsenden haben klare Vorstellungen davon, was sie wollen, und setzen sich aktiv dafür ein. Durch dieses Engagement lebt eine Jugendkultur wieder auf, die lange Zeit als verloren galt. Die Jugendlichen von heute beweisen, dass sie nicht nur Konsumenten sind, sondern auch Gestalter – ihrer eigenen Welt.