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Vor Gericht in Meißen: Kraftfahrer betrügt seinen ehemaligen Arbeitgeber

Ein 36-Jähriger tankt privaten Transporter mit der Geldkarte seines ehemaligen Arbeitgebers: mehr als 7.000 Liter Diesel im Wert von 7.500 Euro.

Von Martin Skurt
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Ein Angeklagter hat das Vermögen seines Arbeitgebers veruntreut. Seine Motivation ist maximal verständlich, aber nicht rechtmäßig.
Ein Angeklagter hat das Vermögen seines Arbeitgebers veruntreut. Seine Motivation ist maximal verständlich, aber nicht rechtmäßig. © Claudia Hübschmann

Der Vorwurf wiegt schwer: Ein 36-Jähriger soll in 55 Fällen mehr als 7.000 Liter Diesel für etwa 7.500 Euro getankt haben. Als Arbeitnehmer habe er eine Tankkarte für seinen Dienstwagen, einen Lkw-Kipper, erhalten. Doch der jetzt in Radeberg-Ullersdorf lebende Mann hat sie für sein eigenes Auto benutzt und gab auch einem Kumpel etwas vom Diesel ab. Vor Gericht in Meißen hat ihn die Staatsanwaltschaft nun wegen Untreue angeklagt.

Angeblich habe der Angeklagte eine WhatsApp-Nachricht seines Chefs eines Brandenburger Logistikunternehmens erhalten, die ihm das private Tanken erlaubt habe. Doch das Handy gibt es nicht mehr, die Nachricht bei WhatsApp ebenso wenig. Selbst wenn sie noch da wäre, hat der Arbeitgeber sicherlich nicht solche großen Mengen gemeint.

"Ich lasse mich nicht gern beschwindeln"

Denn der Ullersdorfer, der zum Tatzeitpunkt in Klipphausen wohnte, hat in der Zeit von September 2020 bis Mitte Februar 2021 manchmal mehrere Hundert Liter Diesel getankt. Besonders die letzte Oktoberwoche ist auffällig. In drei Tagen hat er mehr als 1.100 Liter mit der Karte erworben. Sein damaliges Auto, ein Mercedes-Sprinter, hatte aber nur einen Tank von 100 Litern. Den Rest habe er in Kanister gefüllt – als Reserve.

"Diese Mengen haben Sie doch nicht allein verbraucht", sagt die Staatsanwältin mit lauter Stimme.

"Ich habe es einem Kumpel gegeben", erwidert der Angeklagte mit monotoner Stimme.

"Wo haben Sie den Rest hingeschüttet? Es ist schön, wenn Sie Angaben machen, ich lasse mich aber nicht gern beschwindeln."

Der Angeklagte schweigt und starrt die Staatsanwältin ausdruckslos an. Diese wiederum hält ihm vor, dass es doch auf der Hand liege, dass er nicht privat und auch nicht so viel hätte tanken dürfen. Doch der 36-Jährige bleibt bei seiner Erzählung. Immer dann, wenn es "größere Mengen" wären, habe er diese an einen Kumpel mit Traktor gegeben. "Wo dieser den Diesel hingeschüttet hat, das weiß ich nicht."

Seine Arbeit habe der Angeklagte zum 31. Oktober gekündigt. Seine Arbeitszeit war mit der Kinderbetreuung unvereinbar. Er wäre manchmal von 3 bis 22 Uhr unterwegs gewesen. Allerdings habe ihm sein Arbeitgeber etwas anderes versprochen.

Während seiner Straftaten wäre er zudem gar nicht mehr im Dienst gewesen. Erst krankgeschrieben, dann Resturlaub und Überstundenabbau bis zur Kündigung. In dieser Zeit habe das Unternehmen ihn nicht kontaktiert und er nach eigenen Aussagen ebenso weniger Gehalt bekommen. Grob 4.000 Euro weniger, sagt der Angeklagte. Deshalb habe er auch die Tankkarte einbehalten und das seinem Chef so angekündigt.

Eine Freiheitsstrafe sei angemessen

Zur Verurteilung kommen aber schließlich nur noch 23 Fälle mit einem Schaden von 3.000 Euro. Alle Taten nach dem 31. Oktober sind für das Gericht strafrechtlich nicht relevant, dafür sei das Zivilgericht zuständig, so die Staatsanwältin. Für sie sei die Art und Weise des Angeklagten dreist gewesen, sich derartig am Vermögen des Arbeitgebers zu bedienen. Unabhängig davon, ob noch Lohnrückstände bestehen.

In der Vergangenheit ist der Angeklagte schon fünfmal verurteilt worden, laut dem Bundeszentralregister, das Verurteilungen deutscher Gerichte dokumentiert. Unter anderem wegen Unterschlagung und Computerbetrug zu einer zusammengerechneten Geldstrafe von fast 10.000 Euro in fünf Anklagen. Der Angeklagte habe damit in der Vergangenheit gezeigt, dass er das Vermögen anderer nicht zu schätzen wisse, sagt die Staatsanwältin.

"Geldstrafen haben ihn nicht abgehalten. Eine Freiheitsstrafe halte ich für angemessen", sagte die Staatsanwältin in ihrer Stellungnahme am Ende. Sie plädiert für acht Monate, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung, sowie eine Geldauflage in Höhe von 500 Euro, die dem Kinderarche e. V. in Meißen zugutekommen soll. Der Angeklagte äußert sich nicht, bleibt ruhig, rührt sich nicht. Die Richterin schließt sich dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft an.