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Meißen: Wer entscheidet über Tempo 30?

Diese Frage wurde im Stadtrat aufgeworfen. Sächsische.de wandte sich an die Leiterin des städtischen Ordnungsamtes Belinda Zickler.

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Achtung Kinder! Ein Auto fährt auf der Dresdner Straße in Meißen. An Schultagen soll hier künftig Tempo 30 gelten.
Achtung Kinder! Ein Auto fährt auf der Dresdner Straße in Meißen. An Schultagen soll hier künftig Tempo 30 gelten. © Daniel Schäfer

Meißen. Das Thema Tempo-30-Zonen hat im Stadtrat für Debatten gesorgt. Während der Sitzung am 28. September hatte es sich an einzelnen Anträgen entzündet. Die BI/SPD-Fraktion hatte eine Tempo-30-Zone vor der Johannes-Grundschule gefordert, während die AfD-Fraktion die Verkehrssituation an der Rauhentalstraße, bei der das Tempo 30 ebenfalls eine Rolle spielt, bemängelte. Die SZ nahm das zum Anlass, um bei Belinda Zickler nachzufragen. Als Leiterin des Ordnungsamtes ist sie auch Chefin der Meißner Verkehrsbehörde.

Frau Zickler, im Stadtrat wurde darauf verwiesen, dass nur Ihre Behörde festlegen kann, wo Tempobeschränkungen gelten oder Zebrastreifen auf eine Straße kommen. Wie genau werden solche Entscheidungen getroffen?

Das ergibt sich aus der Straßenverkehrsordnung. Nach Paragraf 45 kann die Verkehrsbehörde Einschränkungen im fließenden Verkehr wie die Begrenzung der Regelgeschwindigkeit von 50 km/h festlegen, wenn es der öffentlichen Sicherheit dient. In jedem Fall muss das begründet sein. Diese Begründung wird in einem Anhörungsverfahren überprüft. Erst wenn alle strittigen Punkte geklärt sind, kann die Anordnung wirksam und vom Baulastträger umgesetzt werden. Aus der unterschiedlichen Klassifizierung der einzelnen Straßen folgen unterschiedliche Zuständigkeiten: Für Gemeindestraßen, wozu auch Wald- und Feldwege zählen, ist das städtische Bauamt zuständig, bei Kreisstraßen das Landratsamt, bei Staats- und Bundesstraßen das Landesamt für Straßenbau und Verkehr.

Was bedeutet das konkret für den Antrag der BI/SPD-Fraktion, an der Johannesschule eine Tempo-30-Zone einzurichten?

Die Dresdner Straße ist eine Staatsstraße. Deshalb müssen wir das Landesamt für Straßenbau und Verkehr über die Absicht der Stadt informieren, hier das Tempo vor der Schule einzuschränken – und das auch begründen. Damit beginnt das Anhörungsverfahren.

Als Leiterin des Ordnungsamtes ist Belinda Zickler auch Chefin der Meißner Verkehrsbehörde. Die 33-Jährige hat ihre berufliche Laufbahn mit einer Ausbildung hier im Rathaus begonnen und sich im Abendstudium zur Verwaltungsfachwirtin qualifiziert.
Als Leiterin des Ordnungsamtes ist Belinda Zickler auch Chefin der Meißner Verkehrsbehörde. Die 33-Jährige hat ihre berufliche Laufbahn mit einer Ausbildung hier im Rathaus begonnen und sich im Abendstudium zur Verwaltungsfachwirtin qualifiziert. © Daniel Schäfer

Was spricht dagegen – gilt nicht auf den Straßen vor allen Schulen und Kindereinrichtungen in der Stadt Tempo 30?

Auch auf den Straßen, die zur Schule und zum Hort der Johannesschule führen, gilt bereits Tempo 30, um den Kindern einen sicheren Schulweg zu ermöglichen. Und auf der Dresdner Straße gibt es genau vor dem Eingang zur Schule eine Fußgängerampel. Ich nehme den Antrag der BI/SPD-Fraktion, der im Stadtrat eine Mehrheit fand, zum Anlass, die Prüfung einer verkehrsrechtlichen Anordnung nochmals aufzugreifen. In den Debatten, die der Abstimmung im Stadtrat vorausgingen, habe ich aber darauf aufmerksam gemacht, dass der Verkehrsfluss auf der Dresdner Straße aber nur in der Zeit eingeschränkt werden sollte, in der Schulkinder unterwegs sind. Deshalb lautet die Empfehlung des Stadtrates auch, dass die Tempobegrenzung in beiden Richtungen zwischen Kirchgasse und Herbert-Böhme-Straße nur von Montag bis Freitag von 6 bis 17 Uhr gelten soll. So wird das in das weitere Verfahren übernommen. Das heißt: So steht es in der Anordnung meiner Behörde. Nach dem positiven Abschluss des Anhörungsverfahrens muss das zuständige Landesamt für Straßenbau und Verkehr demensprechend Verkehrsschilder anfertigen und aufstellen lassen. Allerdings ist das Anhörungsverfahren derzeit noch nicht abgeschlossen.

Welche Möglichkeiten hat der einzelne Bürger, Anregungen oder Kritik an bestimmten Regelungen im Straßenverkehr der Stadt einzubringen?

Die Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h, die an der Johannesschule eingerichtet werden soll, geht auf eine Initiative des Stadtelternrates zurück. Aber auch der Einzelne kann sich an die Stadtverwaltung wenden. Über den Mängelmelder im Internet-Auftritt der Stadt haben wir einen Weg geschaffen, der es den Bürgern ermöglicht, mit wenig Aufwand auf Dinge hinzuweisen, die ihrer Meinung nach abgestellt oder verbessert werden sollten. Gemeinsam mit dem Meißner Polizeirevier sowie mit Vertretern der Baulastträger, der Verkehrswacht, des ADAC und der Straßenaufsicht sind wir regelmäßig im Stadtgebiet zu Verkehrsschauen unterwegs. Dabei werden vor allem Unfallschwerpunkte betrachtet und die Wirksamkeit von verkehrsrechtlichen Anordnungen überprüft.

Die AfD-Stadträte hatten in einem Antrag vorgeschlagen, die Tempo-30-Zone in der Rauhentalstraße auf den Bereich um die Einmündung zum Wasserweg zu begrenzen, um den Schülern der Questenbergschule einen sicheren Schulweg zu ermöglichen. Der Antrag wurde von einer Mehrheit abgelehnt – mit dem Verweis auf Erklärungen, die in nicht öffentlichen Ausschusssitzungen dazu abgegeben wurden. Warum will das Ordnungsamt hier nicht tätig werden?

Der Antrag kritisiert außerdem die Angebotsstreifen für den Radverkehr, die auf Empfehlung der AG Radverkehr eingerichtet wurden, sowie das im unteren Bereich der Straße geltende Parkverbot. Derzeit sehe ich keine Möglichkeit, die Situation zu verändern. Solange die Jahnastraße wegen dringender Bauarbeiten gesperrt bleiben muss, ist die Rauhentalstraße die einzige Umleitungsmöglichkeit für den Fall, wenn der Schottenbergtunnel geschlossen ist. Deshalb muss die Tempo-30-Anordnung auf der gesamten Straße gelten. Die Umleitungs-Option ist auch der Grund für die Einschränkung der Parkmöglichkeiten im unteren Bereich der Rauhentalstraße. Darüber wurden alle Anwohner 14 Tage vor Inkrafttreten der Anordnung informiert – und wir haben ihnen das Angebot unterbreitet, ihre Fahrzeuge bis auf Weiteres kostenfrei an der Kerstingstraße zu parken. Sobald die Jahnastraße wieder frei ist, kann das Parkverbot aufgehoben werden. Dann bieten die am Straßenrand abgestellten Fahrzeuge eine natürliche Barriere, sodass die Tempo-30-Anordnung auf die Hol- und Bringezone für die Schulkinder und zeitlich auf Montag bis Freitag, 6 bis 17 Uhr begrenzt werden kann.

Das Gespräch führte Harald Daßler.