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Bad Gottleuba: Das Geheimnis des Herrenhauses Giesenstein

Den Eigentümer aus München kennt keiner, seine Gesellschaft wurde als vermögenslos gelöscht. Dabei übersah das Gericht etwas. Nun steht das Haus wieder zum Verkauf.

Von Heike Sabel
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Eine Perle, die nun darauf wartet, wieder poliert zu werden: das Herrenhaus Giesenstein.
Eine Perle, die nun darauf wartet, wieder poliert zu werden: das Herrenhaus Giesenstein. © Egbert Kamprath

Es hat nach wie vor das gewisse Etwas, auch wenn es das inzwischen gut versteckt. Das Herrenhaus Giesenstein in Bad Gottleuba ist das, was man eine Perle nennt, auch wenn es das gut verbirgt. Seit 20 Jahren steht das schlossähnliche Haus leer und hat in dieser Zeit gelitten. Nun steht es zum Verkauf.

Warum nicht schon früher, ist eine berechtigte Frage. An der Antwort ist die Stadtverwaltung von Bad Gottleuba-Berggießhübel lange fast verzweifelt, denn ihr gehört das Objekt nicht. Die Suche nach dem Eigentümer landete immer wieder in einer Sackgasse. 2007 hatte eine Immobiliengesellschaft mit Sitz in München das Objekt gekauft, ohne jemals etwas am Haus zu machen. Ein Kontakt zwischen Stadt und Eigentümer kam nicht zustande. Seither steht das Herrenhaus ohne Herren - und Damen.

Münchner Unternehmen vermögenslos gelöscht

Nun hat die Stadt sich juristischer Hilfe bedient und ist einen großen Schritt vorangekommen. Sandro Dittmann wurde als Nachliquidator bestellt. Die Münchener Firma gibt es schon eine Weile nicht mehr. Sie wurde als vermögenslos aus dem Handelsregister gelöscht, sagt Dittmann. "Dabei hat das Gericht in München das Herrenhaus übersehen." Vielleicht stand es auch nur mit einem Euro in den Bilanzen. Jedenfalls wurden damit alle Bestrebungen der Stadt blockiert. Doch jetzt ließ sie nicht locker, stellte einen Antrag und Dittmann wurde eingesetzt.

Bei schönem Wetter sieht es noch romantisch aus, vor allem aber sieht es rund um das Herrenhaus nach viel Arbeit aus.
Bei schönem Wetter sieht es noch romantisch aus, vor allem aber sieht es rund um das Herrenhaus nach viel Arbeit aus. © Stadtverwaltung

Wenn die Gesellschaft aufgelöst ist, wer bekommt dann den Erlös aus dem Verkauf? Zuerst werden die Kosten gegengerechnet. Die Stadt hat das Grundstück gesichert, Gutachten wurden erstellt, der Verkauf kostet Notar- und sonstige Kosten und Dittmann arbeitet auch nicht umsonst. Wenn am Ende etwas übrigbleibt, wird das hinterlegt - für die früheren Gesellschafter der Firma oder deren Erben. Nach zehn Jahren fällt dieses Geld an den Staat.

Viel Denkmal und noch mehr Mängel

Bad Gottleuba-Berggießhübel hat also nichts vom Verkauf und trotzdem großes Interesse an dem Verkauf. Weil es ein markantes Gebäude ist, weil es eine Chance bietet und weil es das erste auf einer Liste von Immobilien mit großem Investitionsbedarf ist, die die Stadt verkaufen will. So wurden unter anderem schon das Torbogenhaus in der Siedlung in Berggießhübel und das Mehrfamilienhaus Giesensteiner Straße 20 verkauft. Dieses Jahr sollen das Mafago-Gelände und die Talstraße 11 folgen. Die Stadt hat nicht genug Geld für diese Häuser und hofft, dass Private sie sanieren können und die Gebäude dann das Ortsbild weiter aufwerten. Das Kurmittelhaus im Gottleubaer Klinikgelände ist ein ähnlich schwerer Brocken wie das Herrenhaus, wenngleich aus anderen Gründen.

Die Hausgeschichte

  • Das Herrenhaus Giesenstein ist mit seinem Sandsteinportal ein Beispiel für den ländlichen Schlossbau im 17. Jahrhundert.
  • Umgebaut wurde es das letzte Mal Ende des 19. Jahrhunderts.
  • Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Besitzer enteignet. Die Kommune übernahm das Haus, das reines Wohnhaus war.
  • 1991 ging das Gebäude an die Kommunale Dienstleistungsgesellschaft Bad Gottleuba, seit 2004 steht es leer.
  • Anfang 2007 wurde es im Rahmen einer Versteigerung für 51.000 Euro verkauft.
  • 2024 steht es nach Klärung der Verhältnisse nun wieder zum Verkauf.

Als Verhandlungsbasis und zugleich Mindestgebot für das im 17. Jahrhundert ge- und um 1900 umgebaute Herrenhaus Giesenstein werden 100.000 Euro angegeben, 50.000 Euro weniger als das Gutachten ergab, sagt Dittmann. Da keiner am Verkauf verdienen will und der Aufwand, das Herrenhaus wieder ansehnlich herzurichten, enorm ist, sei das in Ordnung. Das Gebäude weist wesentliche Baumängel auf, besonders an der Dachkonstruktion und -entwässerung sowie an Zwischendecken und Fenstern. Das Haus steht unter Denkmalschutz und auf dem reichlich 2.000 Quadratmeter großen Grundstück befindet sich neben einem Felsenkeller, dessen Zugang auch denkmalgeschützt ist, ein ebenfalls geschütztes Fledermausquartier.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Besitzer enteignet und die Stadt übernahm das Wohnhaus. Bis 2004 war es bewohnt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Besitzer enteignet und die Stadt übernahm das Wohnhaus. Bis 2004 war es bewohnt. © Stadtverwaltung

Bevor das Gebäude genutzt werden kann, muss es von Grund auf saniert werden, schreibt die Stadt in ihrem Angebot auf dem Portal Kleinanzeigen (früher Ebay Kleinanzeigen). Über den Verkauf soll neben dem Preisangebot die künftige Nutzung mit entscheiden. So weit wie jetzt war die Stadt Bad Gottleuba-Berggießhübel beim Herrenhaus noch nie. Das lässt hoffen, sagt Bürgermeister Thomas Peters (CDU). "Wir sind froh, dass hier jetzt Bewegung reinkommt. Unsere Kämmerei hat da viel Arbeit geleistet", sagt Stadtrat André Ziegenbalg (Liste Freie Bürger).