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Sächsische Wohnungswirtschaft fordert Entlastung von DDR-Altschulden

Über eine halbe Milliarde Euro an Verbindlichkeiten drücken die Wohnungsunternehmen in Sachsen. Die Linke will nun einen Entlastungsfonds.

Von Thilo Alexe
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Ostdeutsche Wohnungsunternehmen haben Schulen aus der DDR-Zeit.
Ostdeutsche Wohnungsunternehmen haben Schulen aus der DDR-Zeit. © imago images

Um das Thema ist es in den vergangenen Jahren etwas ruhiger geworden, Brisanz birgt es aber allemal noch. Wohnungsunternehmen im Freistaat drücken DDR-Altschulden von knapp einer halben Milliarde Euro. Der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (VDW) Sachsen drängt nun auf Abhilfe, etwa durch nicht rückzahlbare Investitionszuschüsse. Auch Sachsens Landtag befasst sich mit der Schuldenlast.

Der Blick zurück zeigt: Kommunale ostdeutsche Wohnungsunternehmen haben Verbindlichkeiten aus der DDR-Zeit per Einigungsvertrag quasi mitgenommen. Darin heißt es, „mit Wirksamwerden des Beitritts“ gehe „das zur Wohnungsversorgung genutzte volkseigene Vermögen mit gleichzeitiger Übernahme der anteiligen Schulden in das Eigentum der Kommunen“ über.

Schulden erschweren Investitionen

Nach einer VDW-Schätzung aus dem vergangenen Jahr belasten noch immer rund 445 Millionen Euro an DDR-Altschulden die Mitgliedsunternehmen. Das sind rund 120, die etwa ein Viertel des Wohnungsbestandes in Sachsen bewirtschaften. Auch wenn sie in drei Jahrzehnten bereits Schulden getilgt haben, sind Belastungen noch spürbar.

Der VDW konstatiert in einem Positionspapier, das der SZ vorliegt, „wegen der bereits erfolgten Tilgung fehlende finanzielle Mittel“ wirkten wie ein „Hemmschuh bei der Bewältigung energetischer Maßnahmen im Rahmen der Gebäude-Energiewende“. Sachsens Wohnungswirtschaft fordert daher ein „Alt- und Wendeschulden-Investitionsprogramm“.

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So sollen die Unternehmen Investitionszuschüsse etwa für Modernisierung und Klimaschutz erhalten. Zwei-Drittel der Kosten, so der VDW, finanziert sozusagen der Staat – diese Zuschüsse müssen nicht zurückgezahlt werden. Aus dieser Entlastung entstünde dem Verband zufolge „ein massives Konjunkturpaket“ vor allem für den ländlichen Raum. Aus einem Euro Investition folgen nach Berechnungen der sächsischen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft bis zu acht Euro an regionaler Wertschöpfung.

Auch die Linke verlangt staatliches Eingreifen. In einem aktuellen Antrag, über den der Landtag entscheidet, fordert sie von der Staatsregierung einen „auskömmlich finanzierten“ Entschuldungsfonds für Sachsen. Mit dessen Vermögen sollen Kommunen, Wohnungsunternehmen und Genossenschaften bei der Tilgung der Altschulden unterstützt werden. „Mit der Entschuldung muss jetzt begonnen werden“, sagt die wohnungspolitische Fraktionssprecherin Juliane Nagel. Ihre Begründung: „Damit die Wohnungsunternehmen auch in kleineren Orten wieder handlungsfähig sind und sich auf Erhalt und Schaffung von Wohnraum konzentrieren können.“

Von Buch- zu Realkrediten

In dem Antrag weisen die Linken darauf hin, dass die Regelung bereits bei der Besiegelung des Einigungsvertrages 1990 umstritten gewesen sei. Bei den Altschulden habe es sich um sogenannte Buchkredite gehandelt, die nicht verbrieft gewesen seien. Infolge der Veräußerung durch die Staatsbank der DDR – etwa an die Deutsche Kreditbank und die Berliner Bank – seien sie zu Realkrediten geworden. Die Fraktion bezeichnet das als „willkürlich erzeugte Altverbindlichkeiten zu Lasten der Kommunen, Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften sowie deren Mieterinnen und Mieter“. Der Antrag dürfte im Landtag voraussichtlich wenig Chancen auf Zustimmung haben.

Kernpunkt ist erwartungsgemäß das Geld. Die Linken beantragen keinen konkreten Betrag. Die mit Grünen und SPD regierende CDU sagt zumindest nicht gleich Nein. Ein Fraktionssprecher betont, die Haushalts- und Wohnungspolitiker der sächsischen Union wollten die Beratungen im Finanzausschuss des Landtages Ende November abwarten. Dann werde man sich positionieren.

Mit den Altschulden befasst sich auch die Bundespolitik. Die Thematik wird im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP gestreift. Darin heißt es eher unverbindlich, das Dreierbündnis wolle die Lage ostdeutscher Kommunen in den Blick nehmen, die durch „unverschuldete Altlasten“ herausgefordert seien. Dabei sollten auch die Wohnungsgesellschaften berücksichtigt werden.