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So teuer darf ein Schornsteinfeger sein

44 Euro für eine kurze Nachmessung: Ein Beispiel aus dem Osterzgebirge zeigt, warum sich ein Preisvergleich lohnt.

Von Kornelia Noack
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Ist mit der Heizung alles in Ordnung? Schornsteinfeger putzen nicht nur die Esse, sondern messen auch nach.
Ist mit der Heizung alles in Ordnung? Schornsteinfeger putzen nicht nur die Esse, sondern messen auch nach. © Sebastian Gollnow/dpa

Ulrich Gebauer ist sauer. Anfang Oktober hat der Hausbesitzer aus dem Osterzgebirge, so wie in jedem Jahr, seine Ölheizungsanlage samt Kaminofen vom Bezirksschornsteinfeger prüfen lassen. Dieses Mal stimmte aber etwas mit den Emissionswerten nicht – obwohl Gebauer die Heizung nur wenige Tage zuvor von einem Fachbetrieb hatte reinigen und einstellen lassen.

Der Heizungsmonteur schaute also noch einmal vorbei. Bei der anschließenden Nachmessung durch den Schornsteinfeger-Gesellen waren die Werte wieder korrekt. Alles gut also, möchte man meinen. Doch dann kam die Rechnung. „Für die Nachmessung, die keine zehn Minuten gedauert hat, sollte ich 44,08 Euro bezahlen“, wundert sich Gebauer. Dabei hatten die Reinigungs- und Überprüfungsarbeiten des Schornsteinfegers, für die er auch auf das Dach des Zweifamilienhauses musste, gerade mal 67,71 Euro gekostet. „Das steht doch in keinem Verhältnis. Für mich ist das einfach Wucher“, sagt Gebauer. Doch wie kann das sein? Was dürfen Schornsteinfeger für Preise ansetzen?

Einige Mängel sind gefährlich

Rund 320 Bezirksschornsteinfeger gibt es in Sachsen. Sie haben die Oberaufsicht über Schornsteine, Heizungsanlagen und Kaminöfen. Im Jahr 2013 wurde das Kehr-Monopol in Deutschland gelockert. Seitdem dürfen Hausbesitzer ihren Schornsteinfeger aus dem gesamten Bundesgebiet frei wählen. Außerdem wird zwischen hoheitlichen Arbeiten, die nur von einem bestellten Bezirksschornsteinfeger durchgeführt werden dürfen, und nichthoheitlichen Arbeiten unterschieden. Dies wiederum hat Einfluss auf die Preisgestaltung. „Für die hoheitlichen Tätigkeiten gelten Gebühren, die bundesweit einheitlich in der sogenannten Kehr- und Überprüfungsordnung festgelegt sind“, sagt Bernd Damisch von der Schornsteinfeger-Innung Sachsen. Auch die Intervalle für wiederkehrende Arbeiten sind darin festgelegt. Denn Hausbesitzer sind dazu verpflichtet, ihre Feuerstätten regelmäßig kontrollieren und prüfen zu lassen.

Eine der wichtigsten hoheitlichen Aufgaben ist die Feuerstättenschau. Die ist den üblichen Reinigungs- und Wartungsarbeiten übergeordnet. Der Bezirksschornsteinfeger begutachtet dabei alle Öfen und Heizungsanlagen im Gebäude und überprüft deren baulichen Zustand. Die Besichtigung der Schornsteine und Verbindungsrohre gehört dazu. Zweimal innerhalb von sieben Jahren ist die Feuerstättenschau Pflicht. „Der Zeitraum dazwischen darf mindestens drei Jahre und höchstens fünf Jahre betragen“, erklärt Damisch. Der Bezirksschornsteinfeger hat dabei eine hohe Verantwortung. Er stellt den Feuerstättenbescheid aus, ein rechtsverbindliches Dokument. „Er bestätigt mit seiner Unterschrift die Betriebs- und Brandsicherheit der Feuerungsanlagen“, sagt Alexis Gula vom Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks. „Im Prinzip steht da drin, wie oft eine Feuerungsanlage überprüft und gereinigt werden muss.“

Oft ist die Prüfung auch zwingend nötig. „Die häufigsten Mängel sind defekte Abgasanlagen. Wenn Abgas austritt, kann das zu Gesundheitsschäden und sogar bis zum Tod führen“, sagt Damisch. Versperrte Abgaswege können im schlimmsten Fall Brände oder tödliche Vergiftungen mit Kohlenmonoxid (CO) zur Folge haben. Sollte der Schornsteinfeger zu hohe CO-Werte und gleichzeitig austretende Abgase feststellen, wird er die Anlage stilllegen.

Was darf ein Feuerstättenbescheid kosten?

Auch Bauabnahmen gehören zu den hoheitlichen Tätigkeiten. Das heißt, werden Heizanlagen neu installiert oder Feuerstätten und Abgasanlagen wesentlich modernisiert, muss ein Bezirksschornsteinfeger sie vor der ersten Nutzung abnehmen. Das gilt für Gas-, Öl- oder auch Pelletheizungen. Erst nach der Freigabe darf die Anlage in Betrieb genommen werden. Bei der Installation von Wärmepumpen oder Wärmetauschern ist ein Bezirksschornsteinfeger nicht nötig.

Und wie hoch sind nun die Gebühren? „Das hängt maßgeblich von den sogenannten Arbeitswerten ab. Die sind in der Kehr- und Überprüfungsordnung festgeschrieben“, erklärt Schornsteinfegermeister Damisch. Demnach werden zum Beispiel für die „Ausstellung und Änderung des Feuerstättenbescheids bei bis zu drei Feuerungsanlagen“ 10,0 Arbeitswerte angesetzt. Bei der Prüfung von Abgasanlagen wird „ein Arbeitswert pro angefangenem Meter einer senkrechten Leitung“ herangezogen, für die Bestimmung der Holzfeuchte sechs Arbeitswerte.

Aktuell entspricht ein Arbeitswert bundesweit 1,20 Euro. Erst im Juli wurde die Gebühr erhöht, davor waren es 1,05 Euro. Bei einer Feuerstättenschau können zudem Zuschläge fällig werden – bis zu 50 Prozent auf die Gesamtrechnung, wenn die Leistung auf Wunsch des Hausbesitzers werktags vor sechs Uhr und nach 18 Uhr ausgeführt wird. An Sonn- und Feiertagen beträgt der Zuschlag bis zu 100 Prozent. Die Experten von FinanceScout24 haben ermittelt, dass für die Ausstellung eines Feuerstättenbescheids maximal 30 Arbeitswerte berechnet werden und damit Kosten von höchstens 30 bis 45 Euro entstehen können. Hinzu kämen Gebühren sowie Kosten für eventuell zusätzliche Arbeiten.

Wahlfreiheit wird kaum genutzt

Ganz anders gestaltet sich die Preisfindung bei den nichthoheitlichen Tätigkeiten – also die üblichen Kehr-, Mess- und Prüfarbeiten, deren Fristen aus dem Feuerstättenbescheid hervorgehen. Ein Grund ist: Die Tätigkeiten können von jedem beliebigen Schornsteinfeger erledigt werden, dessen Betrieb bei einer Handwerkskammer in Deutschland in die Handwerksrolle eingetragen ist. Seit 2013 können das auch Betriebe aus dem Bereich Sanitär, Heizung und Klima, mit einer entsprechenden Qualifikation, übernehmen. Gelistet sind die Experten im Schornsteinfegerregister des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Welche Kosten für nichthoheitliche Aufgaben angesetzt werden können, ist nicht reglementiert. „Das bedeutet, jeder Schornsteinfeger oder Betrieb kann den Preis selbst kalkulieren“, sagt Damisch. Wie groß der Spielraum dabei sein kann, hat Ulrich Gebauer im vergangenen Monat bei der Nachmessung an seiner Heizungsanlage zu spüren bekommen.

Damit Hausbesitzer wie er nach dem Besuch des „Glücksbringers“ keine böse Überraschung erleben, rät Bernd Damisch, vorab Kostenvoranschläge von verschiedenen Schornsteinfegern für Kehr- und Messarbeiten einzuholen. Schließlich dürfe man den Anbieter frei wählen. „Manchmal sind die Preise auch einfach Verhandlungssache.“ Seiner Erfahrung nach seien die Hausbesitzer aber nicht sehr wechselwillig. Kaum jemand nutze die Wahlfreiheit. Viele würden dem Bezirksschornsteinfeger treu bleiben.

Jüngere Anlagen müssen seltener überprüft werden

Ein Grund: „Wenn jemand einen Kollegen aus einem anderen Bezirk beauftragt, muss er auch mit höheren Fahrtkosten rechnen“, sagt Damisch. Das Problem hat auch Ulrich Gebauer erkannt, als er die hohe Rechnung erhalten hatte. „Ich könnte den Schornsteinfeger wechseln. Das ist aber keine Lösung, denn der andere hat einen weiter entfernten Firmensitz. Damit verteuert sich alles“, sagt er.

Dennoch gibt es Faktoren, die die Höhe der Kosten für nichthoheitliche Tätigkeiten beeinflussen – die Art und das Alter der Heizung beispielsweise. So müssen Öl- und Gaskessel alle ein bis zwei Jahre überprüft werden, Anlagen mit Holz, Kohle oder Pellets dagegen bis zu dreimal im Jahr. Außerdem müssen jüngere Anlagen weniger häufig gemessen werden, ältere in der Regel alle zwei Jahre. Laut FinanceScout24 liegt die Preisspanne für Wartungs- und Messarbeiten an herkömmlichen Öl- und Gasheizkesseln sowie Öl- und Gasbrennwertkesseln bei 40 bis 50 Euro im Jahr. Für einen täglich genutzten Kachel- oder Kaminofen können bis zu 75 Euro im Jahr anfallen, für einen Pelletofen bis zu 50 Euro.

Falls der Hausbesitzer einen Betrieb mit den Kehr-, Mess- und Prüfarbeiten beauftragt hat, muss er den Nachweis über die Ausführung an seinen Bezirksschornsteinfeger schicken. Er überwacht, dass die vorgeschriebenen Fristen eingehalten werden. Wird der Zeitraum um zwei Wochen überschritten, meldet er den fehlenden Nachweis an die zuständige Baubehörde.

Ulrich Gebauer aus dem Osterzgebirge hat nun erst mal die Hälfte des Rechnungsbetrages, also rund 22 Euro, an seinen Schornsteinfeger überwiesen. Das findet er für die Nachmessung ohne viel Aufwand angemessen. Auf eine Reaktion des Schornsteinfegers wartet er noch. (rnw/dpa)