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So läuft Sachsens Kreislaufwirtschaft

Wie kommt das Recycling von Batterien voran? Energy Saxony bringt Forscher und Firmen zusammen, die Rohstoffe sparen wollen. Das nächste Netzwerk steht schon vor dem Start.

Von Georg Moeritz
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Da stecken Rohstoffe drin: Sächsische Unternehmen wie Liofit, Blackstone Technology und JT Energy Systems arbeiten daran, den Inhalt gebrauchter Akkus weiter nutzbar zu machen.
Da stecken Rohstoffe drin: Sächsische Unternehmen wie Liofit, Blackstone Technology und JT Energy Systems arbeiten daran, den Inhalt gebrauchter Akkus weiter nutzbar zu machen. © Archivfoto: René Plaul

Dresden. Ob fürs Elektrofahrrad oder für den Nasenhaarschneider: Den Strom aus Batterie oder Akku nutzt jeder gerne. Doch die Energiespeicher brauchen Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und Nickel – und immer wieder neue, wenn die Leistung nachlässt. Was heute bei uns Batterierecycling genannt wird, sei „nur eine schadstofffreie Entsorgung“, urteilt Mareike Partsch.

Die Leiterin der Abteilung Mobile Energiespeicher und Elektrochemie im Dresdner Fraunhofer-Institut IKTS sagte bei der Jahrestagung des Vereins Energy Saxony in der Dresdner Messe, Batteriematerialien seien ausreichend vorhanden, aber endlich. „Sie verursachen Umweltprobleme, und es werden Kriege darum geführt.“

Laut Partsch sind Lithium-Ionen-Batterien ein ganz wichtiger Baustein der zukünftigen Energieversorgung. Um Mangel vorzubeugen, müsse früh Recycling organisiert werden. Sonst hätten die importierten Rohstoffe „das Zeug, die fossilen Brennstoffe von morgen zu werden“. Zur Wiederverwertung sei Automatisierung nötig: „Heute werden Batteriesysteme mit der Hand auseinandergebaut“, bemängelte Partsch. Dabei arbeiten bereits 34 Einrichtungen in einem „Kompetenzcluster Recycling and Green Battery“ zusammen.

Das zweite Leben der Batterie im Gabelstapler

Dazu zählt das Unternehmen JT Energy Systems in Freiberg mit gut 100 Beschäftigten, das zum Teil dem Gabelstapler-Hersteller Jungheinrich gehört. Der Betrieb produziert nicht nur die Lithium-Ionen-Batterien, die unterschiedliche Fahrweisen aushalten müssen. Der kaufmännische Leiter Christoph Remmel berichtete, JT kümmere sich auch um Reparatur und Wiederaufarbeitung.

Gebrauchte Einzelzellen werden getestet und nach Restkapazität in vier Klassen eingeteilt. Dazu trägt Labormesstechnik des Dresdner Unternehmens Novum Engineering bei, dessen Geschäftsführerin Mandy Schipke zugleich die Vorstandsvorsitzende von Energy Saxony ist. Wenn Batteriezellen noch eine lange Haltbarkeit erwarten lassen, bekommen sie laut Remmel „ein zweites Leben im Gabelstapler“. Schlechtere werden in stationäre Speicher eingebaut. JT will in diesem Jahr Sachsens größten Batteriespeicher in Freiberg mit 29 Megawatt installierter Leistung in Betrieb nehmen.

Das Unternehmen Liofit in Kamenz entwickelt unterdessen in einem europäischen Förderprojekt eine Pilotanlage zum mechanischen Recycling. Bei dieser Technologie wird die Restenergie der defekten Akkus genutzt, sodass nur noch ein Bruchteil der bisher notwendigen Energie benötigt wird. Die „stoffliche Verwertungsquote“ solle von etwa 30 auf 80 Prozent erhöht werden. Gehäusekomponenten werden getrennt verwertet.

Die Recycling-Nation ist nur gut im Mülltrennen

An besseren Batterien arbeitet der Döbelner Betrieb von Blackstone Technology. Geschäftsführer Holger Gritzka berichtete von Pasten auf Wasserbasis mit weniger Lösungsmitteln und von Natrium statt Lithium. 3D-Druck mache es möglich, Akkus in schöneren Formen herzustellen als den oft üblichen klobigen Anhängen. Die Zukunft gehöre den Festkörperbatterien, sagte Gritzka. Allerdings machen sie das Auseinandernehmen zum Recyceln laut Partsch auch nicht leichter.

Die Vorträge der Batterie-Experten gehörten bei der Jahrestagung des Vereins Energy Saxony zu einem Innovationsforum über Keislaufwirtschaft. Der Verein sieht sich auch zuständig für Umwelttechnologie. Als neue Geschäftsführerin stellte die Vorsitzende Mandy Schipke die 31-jährige Frances Zedler vor. Sie stammt aus der Nähe von Leuna und hat Maschinenbau an der Technischen Universität Dresden studiert und promoviert. Sie arbeitete am Lehrstuhl von Professor Antonio Hurtado an der Wasserstoffstrategie mit.

Die Moderatorin und Cluster-Koordinatorin Anne Geißler sagte, von einem Kreislauf der Rohstoffe sei Deutschland noch weit entfernt. Zwar werde das Land oft als Recycling-Nation bezeichnet, „aber eigentlich sind wir nur sehr gut beim Mülltrennen.“ Die Vorteile der Kreislaufwirtschaft liegen für Geißler und ihre Kollegin Susanne Kroll auf der Hand: Sie reduziert Entsorgungskosten, macht Sekundärmaterialien verfügbar, bringt neue Geschäftsmodelle, mehr Ressourceneffizienz und Wissenstransfer.

Neue Geschäftsführerin des Energy Saxony e.V. ist ab Juli Dr. Frances Zedler, die an der TU Dresden an der Wasserstoffstrategie mitgearbeitet hat
Neue Geschäftsführerin des Energy Saxony e.V. ist ab Juli Dr. Frances Zedler, die an der TU Dresden an der Wasserstoffstrategie mitgearbeitet hat © Georg Moeritz

Minister Schmidt: Staat soll keine Wege vorschreiben

Susanne Kroll leitet das neue Innovationscluster Circular Saxony, das regionale Kreislaufwirtschaftskonzepte entwickeln will. Kroll setzt dabei vor allem auf die Branchen Autoindustrie, Windenergie und Luftfahrtindustrie und hofft auf neue Lieferketten in Sachsen.

Die Kreislaufwirtschafter bekommen es häufig mit Verbundmaterial zu tun, das schwer zu zerlegen ist. Wer Rotorblätter von Windkraftanlagen aus Kohle- und Glasfasern recyceln will, sollte sich laut Kroll auch um mechanische Trennung kümmern, nicht nur um Pyrolyse, also Zersetzung durch Hitze. Wer Autos zerlegt, sollte das Dach lieber zu einer Abdeckung für Bremsen umformen, als das Metall erneut in den Schmelzofen zu bringen.

Sachsens Regionalentwicklungs-Minister Thomas Schmidt (CDU) sagte, er könne die „Innovationssprünge“ der nächsten Jahre nicht vorhersagen. Daher wolle er keine Wege vorschreiben, sondern lieber kreative Menschen zusammenbringen. Schmidt verwies auf Modellprojekte der Reihe Simul+, etwa zum Kreislauf von Faser-Kunststoff-Verbunden und zur Verarbeitung von Reststoffen im 3D-Drucker. Er wolle neue Wertschöpfungsketten aufbauen, „völlig egal ob in der Stadt oder auf dem Land“.