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Beispiel Hohwald: Brand an der Landkreisgrenze wird zum Problem

Erste Feuerwehren vor Ort aus Bautzen mussten ihre Löscharbeiten einstellen. Sie waren nicht zuständig - weil der Ort im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge liegt. Kann daran schnelle Brandbekämpfung scheitern?

Von Anja Weber
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Über den Brand am 17. März im Hohwald diskutieren die Feuerwehren noch immer. Ein Grenz-Sonderfall.
Über den Brand am 17. März im Hohwald diskutieren die Feuerwehren noch immer. Ein Grenz-Sonderfall. © RocciPix / Rocci Klein

Der Brand am 17. März in der Lagerhalle eines Holzverarbeitungsbetriebes mitten im Hohwald ist auch fast einen Monat danach ein großes Thema bei den Feuerwehren. Dabei geht es jedoch nicht etwa darum, dass die Löscharbeiten überdurchschnittlich schwierig gewesen wären.

Wie erst später bekannt wurde, mussten die Feuerwehren, die aus dem Landkreis Bautzen bereits vor Ort waren, ihren Einsatz abbrechen. Denn eigentlich wären die Feuerwehren aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zuständig gewesen.

Der Knackpunkt: Zunächst war unklar, auf welchem Gebiet der Brandherd lag. Offenbar war man anfangs davon ausgegangen, dass das Flurstück zum Landkreis Bautzen gehört. Deshalb wurden zuerst die Oberlandfeuerwehren alarmiert. Tatsächlich befand sich aber der Brandbereich im Territorium des Landkreises SOE. Am Ende waren insgesamt zwölf Feuerwehren aus den Nachbarlandkreisen vor Ort. Ein Sonderfall, der immer wieder eintreten kann. Die SZ ging der Frage nach, wie es dazu kam.

Der Notruf wurde im Ortsgebiet von Steinigtwolmsdorf getätigt. Die Erstalarmierung durch die dafür zuständige Rettungsleitstelle Ostsachsen in Hoyerswerda erfolgte auf die Neustädter Straße 12. Der eigentliche Einsatzort war aber auf der Hohwaldstraße, etwa zwei Kilometer hinter der Gemarkungsgrenze zu Steinigtwolmsdorf.

Das allerdings konnte man zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau lokalisieren. Das Hohwaldgebiet ist weitläufig und erstreckt sich über mehrere Fluren. Es wurde lediglich eine Rauchsäule über dem Wald beziehungsweise einem Feld gemeldet und das von einer Entfernung von vier Kilometern.

Der Einsatzort konnte aufgrund der mündlichen Angaben des Anrufers von den jeweiligen Disponenten in der Leitstelle offenbar nur grob geschätzt werden. Dann gab es aber auch Hinweise an die Feuerwehr von Neustadt - im Hohwald sei etwas los. Um das zu klären, sind dann der Gemeindewehrleiter von Neustadt und sein Stellvertreter in den Hohwald gefahren. Dort haben sie festgestellt, dass sich das Brandobjekt auf Neustädter Flur befindet. Ein außergewöhnlicher Grenzfall also.

Von diesem Zeitpunkt an jedenfalls war die Stadt Neustadt zuständig. Vor Ort musste eine Tauschstrategie erarbeitet werden. Die Neustädter Feuerwehren rein und die vom Oberland raus.

Doch warum war das überhaupt notwendig? Im Amt für Bevölkerungsschutz im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge weiß man, dass es immer wieder zu solch merkwürdigen Situationen kommen kann und verweist auf das Sächsische Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzgesetz. Dort ist geregelt, dass die Einsatzleitung der Gemeindefeuerwehr des Schadensortes übernimmt; bis zu ihrem Eintreffen kümmert sich jene Feuerwehr, die zuerst vor Ort ist. Im speziellen Fall waren es eben die Oberland-Feuerwehren.

Stellt die Leitstelle, die den Notruf empfangen hat fest, dass es ein anderes Territorium ist, so verständigen sich die Leitstellen untereinander. Das allerdings war eben beim Brand im weitläufigen Hohwaldgebiet unklar.

Die Stadt Neustadt trägt die Kosten

Im Landratsamt kommt man zu der Einschätzung, dass die Ablösung der Oberlandwehren rechtskonform war. Danach konnten diese Feuerwehren ihre Einsatzbereitschaft im eigentlichen Zuständigkeitsbereich wieder herstellen.

Klar geregelt ist auch, wer die Kosten trägt. "Die Einsätze der Gemeindefeuerwehr zur Brandbekämpfung sind für den Inhaber der Firma unentgeltlich. Es sei denn, er hat die Gefahr oder den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt", heißt es aus dem Amt für Bevölkerungsschutz. Aussagen zur Ursache liegen aktuell jedoch noch nicht vor.

Klar ist auch, dass die Zuständigkeit im konkreten Fall bei der Stadt Neustadt liegt. Damit muss die Stadt gegenüber den hilfeleistenden Gemeinden die Kosten für den überörtlichen Einsatz übernehmen. Einzige Ausnahme ist, wenn die Gemeinden untereinander Vereinbarungen getroffen haben, dem jeweils anderen nichts in Rechnung zu stellen. Das gibt es bereits zwischen Gemeinden im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, aber nicht kreisübergreifend. Wie hoch nun die Kosten für Neustadt sind, wird noch ermittelt. Zunächst müssen die beteiligten Gemeinden ihre Rechnungen an die Stadt stellen.

So läuft die Alarmierung generell ab

Grundsätzlich ermitteln die jeweiligen Leitstellen mit den zum Zeitpunkt des Notrufes vorliegenden Informationen den wahrscheinlichen Einsatzort. Sofern dies mittels einer konkreten Adressangabe erfolgt, wird der Einsatzort zielgenau durch das Einsatzleitsystem identifiziert, heißt es aus dem Amt für Bevölkerungsschutz.

Digitale Technik hilft, wenn etwa der Notrufende in unmittelbarer Nähe des betroffenen Ortes steht. Dann werden zumeist die Standortdaten des Mobiltelefons übertragen und die Leitstelle kann genauer lokalisieren. Problematischer wird es wie im vorliegenden Fall. Dann könne der Einsatzort nur aufgrund der mündlichen Angaben vom Disponenten grob geschätzt werden. Er beziehe aber alle Möglichkeiten zur genauen Ermittlung des Ereignisortes ein, heißt es. Es werde aber immer wieder den Fall geben, in dem dieser zum Zeitpunkt der Alarmierung der ersten Kräfte und Mittel nicht konkret zu bestimmen sei. Wie bei jedem Einsatz sei es Aufgabe der zuerst eintreffenden Kräfte, den Einsatzort zu erkunden, wozu auch dessen genaue Lokalisierung zähle, um eine Bewertung des Ereignisses zu treffen.

Aus dem Oberland kamen die Freiwilligen Feuerwehren aus Steinigtwolmsdorf, Weifa, Ringenhain sowie aus Neukirch, Sohland und Wilthen zum Einsatz. Außerdem war die Berufsfeuerwehr Bautzen und der diensthabende Kreisbrandmeister vor. Aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge wurden die Feuerwehren aus Neustadt, Langburkersdorf, Berthelsdorf, Rugiswalde, Rückersdorf und Polenz nachalarmiert.

Ob das ganze nun Auswirkungen auf das Brandgeschehen hatte, ist aktuell noch nicht bekannt. Doch könnte das Prozedere nicht vereinfacht werden? In etwa so: Die Feuerwehr, die zuerst vor Ort ist, löscht bis zum Ende. Passiert währenddessen im eigenen Gebiet etwas, können andere - auch aus dem Nachbarlandkreis - herangezogen werden. Dazu müssten dann allerdings Gesetze geändert werden, die die Zuständigkeiten und letztlich auch die Finanzierung von solchen Einsätzen neu regeln.