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SOE: Experte verrät, wie der Einzelhandel durch die Krise kommt

In Neustadt hat Johannes Albert erklärt, was den Handel heute ausmacht, wie die Kunden ticken und was von den Einzelhändlern erwartet wird.

Von Anja Weber
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Leer stehende Geschäfte gibt es nicht nur in Neustadt. Sie zu beleben ist schwer. Wie es gar nicht erst dazu kommen muss, hat jetzt ein Experte erklärt.
Leer stehende Geschäfte gibt es nicht nur in Neustadt. Sie zu beleben ist schwer. Wie es gar nicht erst dazu kommen muss, hat jetzt ein Experte erklärt. © Steffen Unger

Fast alle Kleinstädte im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge kennen das Problem: Leerstand in den Geschäften. Der Einzelhandel hat zu kämpfen. Manche Läden werden aus Altersgründen geschlossen. Einen Nachfolger gibt es nicht, weil das Risiko groß ist.

Das Innenstadtmanagement von Neustadt hatte sich jetzt den Experten Johannes Albert eingeladen, um Tipps und Tricks zu erfahren, wie der Einzelhandel heute aufgestellt sein müsste, um gut durch Krisenzeiten zu kommen. "So angenehm die positiven Seiten und Freiheiten der Selbstständigkeit auch sein können, gibt es aktuell viele Herausforderungen zu bewältigen. Diverse Krisen, der Vormarsch der Onlinekonzerne und sich steig verändernde Kaufgewohnheiten beeinflussen das Verhalten der Kunden stark", sagt er.

Und trotz aller Herausforderungen gebe es Lösungen und erprobte Wege, die nicht nur machbar, sondern auch praxisbewährt seien. Diese fünf ausgewählten Strategien sollten Ladenbesitzer aus seiner Sicht berücksichtigen, um eben Krisenzeiten zu überstehen.

Experte Johannes Albert hier mit Gisela Förster, Projektleiterin Innenstadtmanagement in Neustadt.
Experte Johannes Albert hier mit Gisela Förster, Projektleiterin Innenstadtmanagement in Neustadt. © Sarina Mann/Stadtverwaltung

Johannes Albert ist eigentlich Innenarchitekt. Über ein Jahrzehnt lang inszenierte er mit seinem Büro kundenorientiert Unternehmen, verhalf Läden dazu, besser sichtbar zu werden und deren Sortiment der Kundschaft in machbaren Schritten näherzubringen. Seine Erfahrungen gibt er jetzt in seinen Workshops "Entfalte Deinen Laden" weiter. Er sagt: "Kleine Läden sollen nicht mehr hoffen müssen, sondern mit Plan die richtige Kundschaft ansprechen, die den Laden liebt."

1. Strategie: Läden magnetisch anziehend machen

Aus der Sicht von Johannes Albert sei es wichtig, die Gestaltung des Ladens mit dem Marketing zu verbinden. Zunächst müsse geklärt werden, wer die Zielgruppe des Ladens sei. Danach müsse man die Schaufensterdekoration ausrichten, wie auch die Inneneinrichtung. Und er hat einen Tipp: Die Deko dürfe nicht zehn Jahre die Gleiche sein, sondern müsse verändert werden. Das wiederum würde beim Kunden Neugierde erzeugen, das Geschäft zu betreten, auch wenn es schon lange am gleichen Standort existiert. Ziel müsse sein, dass die Kunden in einem Radius von etwa 25 Kilometern genau an das Sortiment an den Laden denken und dann genau dorthin zum Einkaufen fahren. Johannes Albert umschreibt das gekonnt mit: "Hol Dir den Logenplatz in den Köpfen Deiner Kundschaft."

2. Strategie: Außenwirkung ist wichtig

Von der Außenwirkung eines Ladens ziehen seiner Erfahrung nach die Kunden Rückschlüsse auf den Laden. So müsse ersichtlich sein, dass das Geschäft überhaupt offen ist. Wenn davor zum Beispiel ein altes oder schäbiges Schild stehe, werden die Kunden abgeschreckt und sie kommen gar nicht erst in den Laden. "So viele Ladeninhaber haben ungenutzte Potenziale, die bereits da sind und nur geweckt werden wollen", sagt der Experte. Das trifft auch auf die Schaufenstergestaltung zu. Die sollte die Zielgruppe ansprechen und zeigen, was in dem Laden angeboten wird. Er rät, dass Sortiment immer zu kommunizieren. Allerdings müsse man darauf achten, dass man die Kundschaft nicht verwirre. Das heißt, dass richtige Maß finden. Und er hat noch einen Tipp. Der Kunde müsse sehen, dass der Eingangsbereich mit Liebe gestaltet sei. Eine Bank, ein Schild oder einen Blumenkübel, der Abends wieder in den Laden geholt wird, helfen da bereits.

3. Strategie: Ohne soziale Medien geht es nicht

Johannes Albert hat einen eigenen Podcast in dem er Einzelhändlern und Einzelhändlerinnen Impulse geben will. Und er weiß, dass es ohne soziale Medien auch in kleinen Läden nichts wird. Manche Inhaber würden sich zwar dagegen sträuben. Doch ohne geht es nicht. Sein Tipp, zum Beispiel auf Instagram täglich etwas aus dem Angebot posten oder Dinge, die neu eingetroffen sind. Das schaffe Nähe zum Kunden. Außerdem sei es von Vorteil, wenn der Laden eine eigene Website hat. Sein Tipp: Neben der Kasse einen QR-Code zur Website platzieren. So hat den jeder Kunde gleich auf seinem Handy.

4. Strategie: Einkaufserlebnis soll in Erinnerung bleiben

Auch dafür hat er ein paar Tricks und Tipps. Ziel sollte es sein, dem Kunden eine Perspektive für den nächsten Einkauf zu bieten. Das gelingt am besten über einen Gutschein oder andere kleine Nettigkeiten. Ganz wichtig sei, die Stimmung und Atmosphäre im Geschäft. Dazu gehöre zum Beispiel, dass sich der Händler gegenüber dem Kunden nicht dauernd beschwere, wie schlecht alles sei.

5. Strategie: Lokale Kooperationen pflegen

Lokale Kooperationen seien Gold wert. Das sagt Johannes Albert. Und auch das gehe ganz einfach. So könnten sich Geschäfte gegenseitig weiterempfehlen. Sofern sie natürlich nicht das gleiche Angebot haben und in Konkurrenz stehen. Eine weitere Möglichkeit wären gemeinsame Gutscheinaktionen oder ähnliches. Sich gegenseitig ergänzende Branchen müssten sich unbedingt besser vernetzen. So könnten letztlich mehrere davon profitieren. Genauso wichtig wär es, miteinander im Gespräch zu bleiben.