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Niesky geht in seine 40. Faschingssaison

Die Karnevalsvereine versuchen nach zwei Jahren, wieder an traditionelle Feiern anzuknüpfen. In Niesky wird ein großes Jubiläum gefeiert, in Görlitz noch ein passender Saal gesucht

Von Steffen Gerhardt
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Im Februar vor zwei Jahren war das Motto des Nieskyer Faschings im Bürgerhaus "Geisterstunde". Danach folgte Corona.
Im Februar vor zwei Jahren war das Motto des Nieskyer Faschings im Bürgerhaus "Geisterstunde". Danach folgte Corona. © André Schulze

Endlich wieder ausgelassene Stimmung beim gemeinsamen Feiern. Das war zwei Jahre nicht nur den Nieskyer Narren untersagt. Im Februar 2020 fand in Niesky der letzte Fasching vor der Pandemie statt. Das Thema hieß "Geisterstunde". Ahnten die Narren, dass der Corona-Virus die fünfte Jahreszeit verhinderte? Natürlich nicht. Um so schmerzhafter war alles, was dann folgte. Ein Vorgriff auf das, was gekommen ist? "Vieles ist eingeschlafen, auch manches Mitglied. Wir mussten uns erst wieder aktivieren", berichtet Edwin Voigt, Mitglied im Elferrat des KCN. Doch nun startet der Verein sogar in eine besondere Saison: Er feiert mit der Schlüsselübergabe an diesem Freitag sein 40-jähriges Bestehen.

Aber er freut sich darüber, dass der KCN zwei neue, ausgeschlafene Mitglieder hat. Denn mit den 40 Jahren KCN ist mancher junger Mann von damals jetzt im Rentenalter. "Ich nehme mich da nicht aus, bin inzwischen auch schon 71", erzählt Voigt. Zum KCN ist er 1993 gekommen, durch seinen Schwager, der ihn dafür begeisterte. Seitdem ist er dabei. Von den einstigen Gründungsmitgliedern sind noch zwei im Verein: Lothar Bräsel und Klaus Uri.

Die Funkengarde des Karnevalsclub Niesky marschiert zum Auftritt in den Saal ein. Das war 1983. Welche Dame erkennt sich nach 39 jahren wieder?
Die Funkengarde des Karnevalsclub Niesky marschiert zum Auftritt in den Saal ein. Das war 1983. Welche Dame erkennt sich nach 39 jahren wieder? © SZ-Archiv
Unvergessen. Joachim Jähne war der erste Präsident des Karnevalclubs Niesky. Seine Amtszeit dauerte 17 Jahre.
Unvergessen. Joachim Jähne war der erste Präsident des Karnevalclubs Niesky. Seine Amtszeit dauerte 17 Jahre. © SZ-Archiv/Rolf Ullmann
Missgeschick für einen Oberlausitzer Blasmusikanten beim Umzug zur Schlüsselübergabe an den Karnevalsclub Niesky vor dem Rathaus in Niesky, Das geschah zum 11.11.1993,
Missgeschick für einen Oberlausitzer Blasmusikanten beim Umzug zur Schlüsselübergabe an den Karnevalsclub Niesky vor dem Rathaus in Niesky, Das geschah zum 11.11.1993, © SZ-Archiv/Ralf Jungnickel
Heute nicht mehr vorstellbar: Die Menschenmassen vor dem Rathaus der Stadt Niesky anlässlich der Schlüsselübergabe. Aufgenommen 1997.
Heute nicht mehr vorstellbar: Die Menschenmassen vor dem Rathaus der Stadt Niesky anlässlich der Schlüsselübergabe. Aufgenommen 1997. © SZ-Archiv Rolf Ullmann
Edwin "Eddi" Vogt (rechts) und Udo Fleischer sind Geschäftsführer beziehungsweise Präsident beim Karnevalsclub Niesky. Der Verein ist 2016 in seine neuen Räume an der Rosenstraße/Ecke Wachsmannstraße eingezogen.
Edwin "Eddi" Vogt (rechts) und Udo Fleischer sind Geschäftsführer beziehungsweise Präsident beim Karnevalsclub Niesky. Der Verein ist 2016 in seine neuen Räume an der Rosenstraße/Ecke Wachsmannstraße eingezogen. © SZ-Archiv/André Schulze

Wie der Eiffelturm nach Niesky kam

Bräsel und Uri sind zwei der neun jungen Nieskyer gewesen, darunter drei Frauen, die sich sagten, wenigstens in der Faschingszeit muss in Niesky etwas los sein. Jochen Jähne setzte sich die Narrenkappe auf und war damit zum Präsident des KCN gekürt. Bis 1999 war der 2002 viel zu früh verstorbene Jähne der Chef vom KCN. Danach übernahm Udo Fleischer das Amt und ist in diesem auch heute noch. Der Stahlbauingenieur aus See kam 1985 zum KCN.

Sein Arbeitgeber, die IMO Leipzig, hatte in Niesky eine Niederlassung für Industriemontagen. Udo Fleischer wurde zum Bindeglied zwischen KCN und IMO und der Betrieb zum Hauptsponsor für die Nieskyer Jecken. Diese fruchtbare Zusammenarbeit gipfelte darin, dass der Pariser Eiffelturm ein zweites Mal gebaut wurde: in Niesky im Jahr 1987. Im Maßstab 1:25 wurde er konstruiert und aus Metallelementen bis zur Deckenhöhe im Kultursaal von Kollegen der IMO und des MLK (Stahlbau) zusammengeschraubt und -genietet. Ein für Nieskyer Verhältnisse wohl einmaliger Aufwand - und dem Motto der Saison geschuldet: "Ganz Paris träumt von der Liebe".

Dieser Eiffelturm hat in Niesky Geschichte geschrieben, daran erinnert sich auch Edwin Voigt gern. Zu jener Zeit Bauleiter auf den Baustellen der Tiefbau KG Joachim Merker. Ebenso ein Unterstützer und Förderer des Nieskyer Karnevals war Chef Merker. Alles Firmen, die heute dem Karnevalclub als Sponsoren fehlen, bedauert Voigt. Einzig die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft unterstützt den KCN bei seinen Proben und Veranstaltungen im Bürgerhaus oder mit Klubräumen in der Konrad-Wachsmann-Straße als Vereinsdomizil.

Funkengarde ist ein starkes Team

Worauf sich der KCN verlassen kann, sind seine Funken. Zwar gab es in den 40 Jahren auch mal Durststrecken, vor allem nach der Wende, als die Jugend ausflog. Aber inzwischen tanzen rund 30 Mädchen in drei Funkengarden. Ein Drittel mehr, als der KCN Karnevalisten hat. "Wir sind aber nicht nur Männer", fügt Voigt hinzu. Auch zwei Frauen in verantwortungsvollen Positionen sind dabei: Eine für den Tanz der Funken, die andere für die Finanzen. Das Geld ist jede Saison eine neue Herausforderung, denn der Verein finanziert sich selbst.

Auftritte auf Dorffesten wie dieses Jahr in See und Gehege, in Zeche in der Gaststätte "Waldfrieden" oder bei den Senioren aus Wiesa, Thiemendorf und Petershain helfen, die Vereinskasse zu füllen. Höhepunkt für den KCN war der Weltrekord im Gardetanz am 25. September auf dem Dresdner Theaterplatz mit 1.136 Teilnehmern. Neben einer Auswahl Nieskyer Funken reisten auch die Funken vom Görlitzer Karneval- und Tanzsportverein nach Dresden.

Nun konzentrieren sich die Narren auf die Schlüsselübergabe am 11.11. Sie findet nicht mehr um 11.11 Uhr statt, sondern 15.15 Uhr. "Aus Rücksicht auf unsere Berufstätigen und die Funken, die in der Schule sind", erklärt Edwin Voigt. Bis noch vor einigen Jahren gab es keine Probleme mit Freistellungen. Ganze Schulklassen kamen mit ihren Lehrern zur Schlüsselübergabe am Vormittag zum Rathaus. Aber auch hier haben sich die Zeiten geändert. Am Sonnabend, ab 19 Uhr, feiert der KCN im Bürgerhaus Fasching und gibt das Thema für seine 40. Saison bekannt.

Uhsmannsdorf feiert auch 40 Jahre

Die Nieskyer Karnevalisten sind nicht die einzigen, die dieses Jahr auf vier Jahrzehnte zurückblicken können. Auch die Uhsmannsdorfer gründeten sich 1982. Ihr Start in die Jubiläumssaison vollzieht sich am 19. November. Dann wird ab 20 Uhr zum Faschingsauftakt in die UKC-Arena am Flachglaswerk eingeladen. Die große Jubiläumsveranstaltung steigt am 25. Februar 2023, heißt es vom Verein. Dieses Jahr wartet der UKC noch mit seinem traditionellen Weihnachtsmärchen einschließlich Markt am 10. Dezember auf - und seiner Silvesterparty. Beides in der UKC-Arena.

Schlüsselübergabe am 11.11.

Der Carnevalsclub Reichenbach wird am 11.11. den Schlüssel vom Rathaus aus den Händen von Bürgermeisterin Carina Dittrich auf dem Marktplatz in Empfang nehmen.
Der Carnevalsclub Reichenbach wird am 11.11. den Schlüssel vom Rathaus aus den Händen von Bürgermeisterin Carina Dittrich auf dem Marktplatz in Empfang nehmen. © SZ-Archiv/Constanze Junghanß

In Görlitz und Reichenbach erfolgt die Schlüsselübergabe ebenfalls erst am Nachmittag. In beiden Städten Punkt 16.16 Uhr. Die Reichenbacher versammeln sich dazu wieder auf dem Marktplatz. In Görlitz findet die Zeremonie im Neiße-Park in Königshufen statt.

Den Görlitzern fehlt ein Saal

Während der Reichenbacher Carnevalsclub am Tag darauf im fast ausverkauften "Kultureimer" den Saisonauftakt ab 19.19 Uhr feiert, steht der Görlitzer Karneval- und Tanzsportverein etwas hilflos da. Angelika Lentföhr berichtet, dass dem Verein sein Veranstaltungslokal fehlt. Bisher war es das "Schlesische Tor". Aber nach dessen Schließung steht der Verein auf der Straße. "Wir sind zwar in der Planung unserer Veranstaltungen, aber wir wissen noch nicht, wo wir sie durchführen", erklärt Frau Lentföhr.

Kodersdorf feiert im Zelt

Vielleicht nehmen die Görlitzer die Idee des Karnevalclub Rengersdorf auf? Der lädt am Sonnabend zum "Glühfasching" in den Park nach Särichen hinter der Feuerwehr ein. "Dafür haben wir ein großes beheiztes Zelt für unsere Gäste aufgestellt", berichtet Christian Höhne vom Verein. Die Idee wurde in der Corona-Zeit geboren, als Saalveranstaltungen untersagt waren.

Aus dieser Zeit stammen auch die Ideen für das diesjährige Faschingsprogramm. "Wir hatten schon alles vorbereitet, aber durften es aufgrund Corona nicht umsetzen", sagt Höhne. Nun sind er und die anderen Vereinsmitglieder gespannt, wie ihr "Glühfasching" beim Publikum ankommt. Im Februar sollen zwei weitere Veranstaltungen folgen, dann wieder im Saal in Särichen.

In der Gemeinde Rietschen ist der 68. Karneval bereits im vollen Gang. Die Rietschener Karnevalisten hatten vergangenes Wochenende ihren Auftakt - bei zwei Veranstaltungen unter dem Motto: "Zirkus Katastrophale im Fema Saale". Der Rietschener Karnevalsclub wechselt sich beim Auftakt mit den Daubitzer Karnevalsverein ab. Dieser feiert am Sonnabend in seine 46. Saison im Gasthof "Zur Krone". Das Motto ist bereits ausgegeben: "Die Bahn fährt ab! Steigt alle ein – Zur großen Fahrt mit dem Daubitzer Karnevalsverein!"