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Kodersdorf will keine teure Feuerwehrtechnik

Zusammen mit Waldhufen lehnt die Gemeinde zwei neue Tunnelfahrzeuge ab. Die sollen nach der Sanierung übergeben werden. Doch das könnte scheitern.

Von Frank-Uwe Michel
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Hier war es nur eine Übung. Für die Brandbekämpfung während der Sanierung des Autobahntunnels werden Spezialfahrzeuge angeschafft. Sie danach zu übernehmen, weigern sich Kodersdorf und Waldhufen.
Hier war es nur eine Übung. Für die Brandbekämpfung während der Sanierung des Autobahntunnels werden Spezialfahrzeuge angeschafft. Sie danach zu übernehmen, weigern sich Kodersdorf und Waldhufen. © Archiv/Rolf Ullmann

Eigentlich klingt die Sache richtig gut, die da im Zuge der Sanierung des Autobahntunnels auf die Freiwilligen Feuerwehren in Kodersdorf und Waldhufen zukommen könnte: Der Landkreis baut auf Wiesaer Seite für drei Millionen die Feuerwache, die beiden - wie auch das Gebäude - vom Freistaat finanzierten, jeweils 620.000 Euro teuren Spezialfahrzeuge, gehen nach Sanierungsabschluss in den Besitz der Kommunen und deren Wehren über. Kostenlos!

Doch so einfach ist das eben nicht. Kodersdorf und Waldhufen sind alles andere als glücklich über dieses vom Freistaat angeschobene Modell. Kathrin Kaufhold von der Kommunikationsabteilung der Autobahn GmbH des Bundes macht deutlich, wie hochwertig die beiden mit spezieller Technik für den Tunneleinsatz vollgestopften Autos sind: "Sämtliche Aggregate werden mit Lithium-Ionen-Akkus gespeist. Dadurch gibt es keine Emissionen im Tunnel. Zudem verfügen sie über fest installierte Wärmebildkameras und Frontmonitore. Die Fahrzeughöhe ist wegen der besonderen Konstellation im Tunnel reduziert." Kreisbrandmeister Björn Mierisch ist voll des Lobes: "Mit den speziellen Akkus können die Fahrzeuge drei Stunden unter Volllast arbeiten." Er findet die Übergabe an die beiden Kommunen als praktikable Lösung. "Dadurch könnten dort zwei alte - über 20 Jahre alte - Fahrzeuge ausgemustert werden."

So weit, so gut. Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Kodersdorfs Bürgermeister René Schöne moniert, dass seine Gemeinde nicht optimal in die Ausschreibung einbezogen wurde. Die sei durch, bestätigt Kathrin Kaufhold. Und auch der Zuschlag wurde bereits erteilt. Klar ist inzwischen, dass die beiden Kolosse bereits Ende 2022 oder Anfang 2023 geliefert werden. "Wir haben jetzt kleinere Fahrzeuge. Die sind völlig ausreichend und nur halb so teuer. Die spezielle Ausrüstung ist zwar schön, wird nach dem Ende der Tunnelsanierung aber nicht mehr gebraucht", stellt der Rathauschef klar. Denn dann fließe der Verkehr wieder zweispurig durch beide Röhren und nicht mehr gegenläufig in einer Röhre wie während der Bauarbeiten.

Berufsfeuerwehr während der Tunnelsanierung

Laut Schöne fühlen sich die Anrainerkommunen mit dem mobilen Tunnelerbe allein gelassen. Und er erklärt auch, warum. "Wenn die Fahrzeuge an uns übergehen, haben sie keine Gewährleistung mehr." Reparaturen, Abschreibung - das komme Kodersdorf und Waldhufen in den nächsten Jahren teuer zu stehen. Feuerwehrausrüstung für den Tunneleinsatz sei dreimal so teuer wie normal. Ganz zu schweigen von der personellen Seite. "Wer soll die Fahrzeuge bedienen? Die Tagesbereitschaft voll zubekommen ist jetzt schon schwierig. Mit der komplizierteren Technik funktioniert das dann gar nicht mehr." In Kodersdorf sei der Aufwand für die Kameraden auch so schon außerordentlich hoch. "Wir haben neben unseren normalen Aufgaben ein Gewerbegebiet mit mehreren großen Unternehmen abzusichern. Und ausschließlich freiwillige Kräfte, die das in ihrer Freizeit tun." Es sei nicht einfach, Mitstreiter dafür zu finden.

Das unterscheidet den Einsatz nach Abschluss der Tunnelsanierung von dem während der Bauarbeiten. Denn für die Dauer vom 1. März 2024 bis 30. November 2025 wird von der Autobahn GmbH nach Vorgabe der Landesdirektion Sachsen eine professionelle Feuerwehrtruppe mit sechs Kräften für den fortlaufenden 24-Stunden-Betrieb engagiert. Die Ausschreibung dazu steht kurz bevor und soll nach Angaben der Sprecherin im April 2022 erfolgen. Gleichzusetzen sei diese Einheit mit einer Werksfeuerwehr, wie es sie auch in Großbetrieben wie VW Sachsen oder bei BMW in Leipzig gebe.

Auf den Tunneleinsatz vorbereitet werden die Vollzeitkameraden höchstwahrscheinlich durch eine Schweizer Institution. Die in Balsthal ansässige International Fire Academy gilt nach eigenen Angaben als "europaweit führendes Kompetenzzentrum für die Bewältigung von (Brand)Ereignissen in Tunneln und unterirdischen Verkehrsanlagen". Ausgebildet wird entweder in der Schweiz oder direkt am Einsatzort. Von diesen Kenntnissen sollen auch die Kameraden aus Kodersdorf und Waldhufen profitieren. Kathrin Kaufhold: "Im Vorfeld sind Einweisungen und Übungen geplant." Diese würden auch während der Einsatzzeit der Werksfeuerwehr fortgesetzt.

René Schöne sieht das Pferd von hinten aufgezäumt. "Die Verantwortung wird nach unten weggedrückt. Zuständig für die Sicherheit im Tunnel müsste der Betreiber sein. Das ist die Autobahn GmbH." Kodersdorf und Waldhufen hätten ihre Bedenken bereits mehrfach vorgebracht, der Freistaat rücke aber nicht von seinen Vorstellungen ab. Andernorts in Deutschland gebe es für Autobahntunnel hauptamtliche Feuerwehren. Der Kodersdorfer Bürgermeister führt dazu das Beispiel Thüringen an.