SZ + Niesky
Merken

Wie groß wird Rothenburgs neues Bürgerzentrum?

Noch immer ist nicht klar, wie intensiv es genutzt werden soll. Trotzdem vergibt der Stadtrat schon Planungen. Doch das hat einen Grund.

Von Frank-Uwe Michel
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Kita-Leiterin Denise Prause vom „Sonnenhügel“ sehnt das neue Bürgerzentrum schon herbei. Denn es soll rechts neben ihrer Einrichtung entstehen und für räumliche Entlastung sorgen.
Kita-Leiterin Denise Prause vom „Sonnenhügel“ sehnt das neue Bürgerzentrum schon herbei. Denn es soll rechts neben ihrer Einrichtung entstehen und für räumliche Entlastung sorgen. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Das neue Bürgerzentrum in der Martin-Ulbrich-Straße ist eine nicht ganz einfache "Geburt". Anfangs schien klar, dass der Ersatzbau für das an der Friedensstraße abgerissene Gebäude genau neben der Kita "Sonnenhügel" entstehen und die Einrichtung auch räumlich entlasten soll. Später wiederum stellten Teile des Stadtrates den Standort infrage. Sie bezweifelten, dass die Lage ideal und das Objekt in der angedachten Form überhaupt nötig sei.

Wo das Bürgerzentrum nach dem Aus auf dem Gelände der sich erweiternden Polizeihochschule entstehen soll, scheint inzwischen kein Streitpunkt mehr zu sein. Doch Größe und Gestaltung sind offenbar weiter im Fluss. Dies machte bei der jüngsten Stadtratssitzung noch einmal Tino Kittner (CDU) deutlich. "Wir brauchen eine aktuelle Bedarfsplanung", mahnte der Unternehmer an. Denn die ersten Überlegungen seien lange her. Dass ein Neubau gebraucht werde, stehe außer Frage, so Kittner. "Aber sind denn die Vereine, die hier einziehen wollen, tatsächlich bereit, die zu erwartenden Mieten zu bezahlen?"

Ähnlich die Meinung von Uwe Garack (Freie Wähler): "Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht am tatsächlichen Bedarf vorbeibewegen." Er sehe die Gefahr, hier ein Gebäude hinzustellen, mit deren Betriebskosten Stadt und Nutzer überfordert seien. Abzuwarten bleibt, was die Rothenburger über die Gestaltung ihres künftigen Freizeitdomizils denken. Immerhin ist der Entwurf des Bebauungsplanes seit 9. August auf der Homepage der Stadt im Internet einsehbar. Innerhalb eines Monats können Hinweise, Kritiken, Beschwerden schriftlich im Rathaus abgegeben werden.

Können sich die Vereine das Bürgerzentrum leisten?

Allerdings datiert der Entwurf vom 24. Mai, die darin verwendeten Untersuchungen stammen aus der Zeit davor. Seitdem hat sich die Welt aber weitergedreht, die Dramatik in der Kostenentwicklung von Baumaterial, Gas und Strom hat zugenommen. Ob sich diese Spirale wieder rückläufig bewegt, ist nicht abzuschätzen. Genau deshalb sehen Kittner und Garack die Stadt in der Pflicht, exakt hinzuschauen, was da in der Martin-Ulbrich-Straße entsteht.

Sechs Rothenburger Vereine sollen in dem Gebäude eine neue Heimat finden. Wollen sie das noch, gab es eventuell einen Mitgliederschwund und hat sich dadurch ihr Platzbedarf geändert? Wie gut sind die Vereine finanziell aufgestellt, reicht der Mitgliedsbeitrag aus, um die Kosten zu tragen oder gibt es auch Sponsoren, die das teilweise oder ganz übernehmen könnten? Um solche Fragen wird es gehen, wenn die Stadt in den nächsten Wochen mit dem ASV Vorwärts, dem Mal- und Grafikzirkel, der Seniorengruppe, mit Spielmannszug, Schützen- und Männergesangsverein ins Gespräch kommt.

Denn dass dies geschehen muss, ist auch Marlen Kolodziej klar. Sie muss aber auch einen anderen Punkt beachten, der Planung und Bau des Projektes betrifft. "Wir haben 66 Prozent Förderung für das Bürgerzentrum genehmigt bekommen, aber schon einmal zurückgesteckt, weil wir noch nicht so weit waren", erklärt die Fachbereichsleiterin Bau und Finanzen. Das zur Verfügung stehende Geld werde damit immer weniger.

Um nicht weiter an Finanzkraft zu verlieren, läuft deshalb jetzt die Fachplanung an. Der Stadtrat hat beschlossen, dass Objekt- und Tragwerksplanung, die Planung für technische Gebäudeausrüstung in den Teilbereichen Elektrotechnik, Heizung, Lüftung und Sanitär sowie für den Tiefbau und die Freianlagen vergeben werden. Gesamtauftragswert aller Vergaben: rund 758.500 Euro. Dabei drängt sich erneut die Frage auf: Wird hier möglicherweise über Bedarf geplant?

Passivhaus oder Billigbau mit hohen Betriebskosten?

Marlen Kolodziej schränkt ein und stellt noch einmal klar: "Alle Vergaben werden stufenweise absolviert - ausgehend von der Ist-Analyse und der Bedarfsfestlegung." Begonnen werde jetzt mit den Leistungsphasen 1 und 2. Wie es dann bis zur 9 weitergehe, müsse man sehen. "Wir wissen ja noch nicht einmal, ob wir ein Passiv- oder Niedrigenergiehaus bauen. Oder ob wir billig bauen und danach höhere Betriebskosten in Kauf nehmen wollen?" Beim Passivhaus wird der Energiebedarf hauptsächlich durch Sonneneinstrahlung und Wärmeabgabe der darin befindlichen Personen gedeckt. Beim Niedrigenergiehaus wird dies durch gute Isolierung und energiesparende technische Vorrichtungen erreicht. "Allerdings", stellt die Fachbereichsleiterin fest: "Wir müssen etwas unternehmen, weil die momentane Unterbringung mancher Vereine nur noch schwer tragbar ist."