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Wird der Zinzendorfplatz zur Spielstraße?

Die Ostseite von Nieskys zentralem Platz bleibt für Durchgangsverkehr gesperrt - für mehr Sicherheit für Fußgänger. Den einen geht das zu weit, andere wünschen sich noch mehr Einschränkungen.

Von Steffen Gerhardt
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Uwe Gramsch führt die Gaststätte im Brüderhaus am Zinzendorfplatz. Er würde es begrüßen, wenn auch die Straße an der Kirche für den Durchgangsverkehr gesperrt wird. Hier gibt es zwar einen ausreichend breiten Fußweg, aber Gaststättenbesucher und Mitarbei
Uwe Gramsch führt die Gaststätte im Brüderhaus am Zinzendorfplatz. Er würde es begrüßen, wenn auch die Straße an der Kirche für den Durchgangsverkehr gesperrt wird. Hier gibt es zwar einen ausreichend breiten Fußweg, aber Gaststättenbesucher und Mitarbei © SZ-Archiv/André Schulze

Die Mitarbeiterinnen der Bibliothek sind in Sorge um ihre Besucher. Denn beim Verlassen der Stadtbibliothek auf dem Zinzendorfplatz laufen die Gefahr, von einem Fahrzeug vor der Haustür erfasst zu werden. Deshalb drängen besonders die Mitarbeiterinnen auf ein Entschärfen der Situation vor ihrer Einrichtung.

Da viele Kinder und Jugendliche in die Bibliothek kommen, ist die Gefahr besonders groß, argumentieren die Mitarbeiterinnen. Leiterin Carola Vogt-Kliemand sagt: "Uns ist die Sicherheit unserer Besucher wichtig. Deshalb ist eine Verkehrsberuhigung wichtig." Die Stadt Niesky hat bereits im Juni darauf reagiert und eine Absperrung aufgestellt, die das Durchfahren der Ostseite von Fahrzeugen verhindern soll. Aber es wurden bereits Kraftfahrer beobachtet, die den Zaun beiseite räumen, um durchfahren zu können.

Bibliotheksbesucher sind gefährdet

Für Carola Vogt-Kliemand ist aber auch die jetzige Zwischenlösung mit dem Bauzaun nicht zufriedenstellend. "Die Radfahrer kommen nun auf dem Bürgersteig angefahren", hat sie und ihre Mitarbeiterinnen wiederholt beobachtet. Statt den Autos sind es die Radfahrer, die zur Gefahr beim Verlassen der Bibliothek geworden sind. Natürlich hat man sich auch in der städtischen Einrichtung Gedanken gemacht, wie dem Problem beizukommen ist. Die Leiterin hält eine Spielstraße für eine gängige und vor allem kostengünstige Variante.

Das ist ein Vorschlag. Die Stadt will die Durchfahrt mit zwei Pollern einengen und nur noch Radfahrern das Durchkommen ermöglichen. Oberbürgermeisterin Kathrin Uhlemann sagt, dass die beiden Poller bestellt sind. Wann sie Niesky erreichen, das ist derzeit ungewiss. Dabei wird beachtet, dass Einsatz- und Rettungsfahrzeuge freie Fahrt haben werden, in dem ihre Besatzungen die Poller im Boden verschwinden lassen können. Anwohner müssen also nicht befürchten, dass der Krankenwagen nicht ihre Haustür erreicht.

Zweimal an der Ampel stehen

Die Meinungen zu dieser Verkehrsberuhigung gehen in der Stadt auseinander. Vor allem Kraftfahrer, die diese Abkürzung oft nutzen, haben etwas gegen diese Sperrung und schimpfen über den "Umweg", den sie jetzt nehmen müssen. Ihr Argument ist, dass sie über die Mittelachse fahren müssen und wenn sie die Rot-Phase erwischen, zweimal an den Ampeln anhalten müssen. "Das sorgt für zusätzliche Abgase, die nicht sein müssen", sagt ein Nieskyer. Ein Anwohner aus dem Mehrfamilienhaus an der Ostseite betont, dass für ihn die Wege zu den Einkaufsmärkten im Gewerbegebiet Süd und an der Horkaer Straße nun weiter mit dem Auto geworden sind. Von der Horkaer Straße zurück kommend muss er über die Mittelachse fahren und ins Gewerbegebiet das Ringel über die Ödernitzer und Horkaer Straße drehen. Beide wollen ihre Namen nicht in der SZ lesen.

Stadtrat und Unternehmer Armin Menzel kann das Für und Wider verstehen. Aus Gesprächen kennt er die Standpunkte beider Seiten, wobei diese seiner Meinung nach im Verhältnis Fünfzig zu Fünfzig sind. Menzel ist auch selbst betroffen, wenn er von der Rothenburger Straße kommend seine Kinder in den Frühhort in die Rote Schule auf der Ödernitzer Straße fährt. "Zwei-, dreimal bin ich in die Falle getappt, aber dann habe ich es verinnerlicht und fahre jetzt immer über die Mittelachse", sagt der Inhaber einer Autowerkstatt.

Kein Durchkommen für Kraftfahrzeuge ist seit Juni an der Ostseite des Zinzendorfplatzes.
Kein Durchkommen für Kraftfahrzeuge ist seit Juni an der Ostseite des Zinzendorfplatzes. © André Schulze

Vorschlag für eine Einbahnstraße

Ladeninhaber und Stadtrat Bernd Barthel war anfangs auch gegen diese Sperrung, wie er erzählt. Um zu seinem Geschäft zu kommen, ist er morgens immer an der Ostseite des Platzes entlanggefahren. "Mein Vorschlag war zuerst, den Bereich zur Einbahnstraße zu machen, so wie auf der gegenüberliegenden Seite an der Kirche. Offen wäre die Richtung von der Horkaer zur Ödernitzer Straße geblieben. Das sollte mit einer Verkehrsberuhigung und einem Gitter vor der Bibliothek einhergehen, als Schutz für die Besucher", erklärt der Nieskyer. Die Stadt entschied sich nun für die komplette Sperrung der Durchfahrt. Die Parkplätze sind nun nur noch von der Horkaer oder von der Ödernitzer Straße aus erreichbar.

Bernd Barthel zieht zum Vergleich andere Städte heran, auch Nieskys Partnerstadt Holzgerlingen. Dort ist das Bemühen deutlicher, zentrale Plätze möglichst verkehrsfrei zu gestalten. Niesky hat nun mit der Ostseite des Zinzendorfplatzes einen Anfang gemacht. Citymanager André Schulze sagt, dass mit solchen verkehrsberuhigenden Maßnahmen der Bürger angeregt wird, die Stadt zu Fuß zu durchlaufen und das eine oder andere Geschäft besser wahrzunehmen, als wenn er mit dem Auto vorbeifährt.

Von der Horkaer Straße aus erkenntlich, dass die "Abkürzung" über den Zinzendorfplatz nicht mehr möglich ist.
Von der Horkaer Straße aus erkenntlich, dass die "Abkürzung" über den Zinzendorfplatz nicht mehr möglich ist. © André Schulze

Seite an der Kirche auch sperren

Uwe Gramsch wünscht sich, dass auch die Westseite des Zinzendorfplatzes für den Durchgangsverkehr gesperrt wird. Gramsch führt die Gaststätte im Brüderhaus. Über den Sommer bewirtschaftet er auch einen Freisitz an einem der Brunnen auf dem Platz. Um die Gäste bedienen zu können, muss sein Personal und er immer die Straße überqueren. "Das ist mitunter sehr gefährlich, wenn die Fahrzeuge zügig von der Bautzener Straße um die Ecke kommen. Zum Glück ist noch nichts passiert, aber man sollte nicht darauf warten", berichtet der Gastronom. Deshalb ist sein Vorschlag, entgegen der jetzigen Richtung, die Zufahrt nur noch von der Poststraße bis zur Kirche zu ermöglichen.

So wie Uwe Gramsch ist auch Bernd Barthel überzeugt, dass so eine Verkehrsberuhigung zur Belebung des Platzes führen würde. Zusätzliche Sitzmöglichkeiten könnten geschaffen und damit die Gastronomie belebt werden. Denn wenn der Weihnachtsmarkt wieder auf dem Platz stattfindet, beschwere sich auch keiner, dass sogar der ganze Platz für den Verkehr gesperrt ist.

Die Sperrung an des Ostseite des Platzes ist nicht das einzige Ärgernis für manch Nieskyer. Es fehlen Radwege in der Stadt, so ein Vorwurf. Und als das historische Pflaster bei der Sanierung wieder eingebaut wurde, gab es Beschwerden, dass damit die Lautstärke durch den Verkehr darauf zu hoch sei.