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SOE: Drei Ideen für leere Läden

Sebnitz, Heidenau, Bad Gottleuba-Berggießhübel: Drei Städte, ein Problem und drei Lösungen. In Gottleuba gibt es am Sonntag einen Aktionstag.

Von Heike Sabel
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Offen und leer: Clemens Deilmann und andere Gottleubaer laden in ihre Räume ein, damit sie belebt werden.
Offen und leer: Clemens Deilmann und andere Gottleubaer laden in ihre Räume ein, damit sie belebt werden. © Egbert Kamprath

Clemens Deilmann sitzt vor seinem Haus. Nicht weil ihm jemand den Stuhl vor die Tür gestellt hat, sondern weil er andere einladen will. Sein Haus steht auf der Königstraße in Bad Gottleuba und beherbergte im Erdgeschoss mal eine Bäckerei mit Café. Das ist schon lange her. Seither ist der Laden leer und teilt sein Schicksal mit vielen auf der Straße. Deilmann hat eine Idee, wie es anders werden könnte. Für seine Räume und die anderen - und dafür hat er andere Inhaber begeistert.

Sie haben die Initiative zur Wiederbelebung der Innenstadt gegründet. Von Anfangs rund 20 Interessierten machen nun acht beim Aktionstag am 11. Juni mit. Franziska Burkhardt ist eine von ihnen. Im Geschäft in ihrem Haus auf der Königstraße 7 wurden schon Schuhe und Bücher verkauft und praktizierte ein Zahnarzt. Jetzt hat es die junge Frau mit Trödel dekoriert und bald wird es Kreativraum - und damit zur ersten Erfolgsgeschichte der Wiederbelebung.

Zwei junge Frauen starten den ersten Versuch

Michaela Solf-Dehnert ist die erste, die das Gottleubaer Experiment mitmacht. Schon vor dem Aktionstag am Sonntag hat sie ihren Laden gefunden. Ab September will die Berggießhübler Künstlerin starten. Sie und ihre künftige Vermieterin Franziska Burkhardt haben sich im Kindergarten getroffen und kamen ins Gespräch. Kurz vorher erst war Michaele Solf-Dehnert in Gottleuba gewesen und dachte, so leer alles und so schade. Gleichzeitig wünschte sie sich einen Kreativraum, den sie mit anderen teilen kann. Jetzt freut sie sich auf ihr Ankommen in Gottleuba - und Franziska Burkhardt auf ihre Mieterin.

Noch hat Franziska Burkhardt die Schaufenster in ihrem Haus mit Trödel dekoriert. Doch bald wird hier eine Berggießhübler Künstlerin einziehen.
Noch hat Franziska Burkhardt die Schaufenster in ihrem Haus mit Trödel dekoriert. Doch bald wird hier eine Berggießhübler Künstlerin einziehen. © Egbert Kamprath

Was jeder Vermieter mit seinem Mieter aushandelt, ist den beiden überlassen. Dabei spielen neben der Größe auch der Zustand des Objekts eine Rolle. Nur einen Wunsch hat Deilmann, eine Kernöffnungszeit von etwa 15.30 bis 19 Uhr. Damit soll vermieden werden, dass es am Ende nur Lager oder online-Versand-Räume sind. "Eine Werkstatt, in die man schauen kann, oder eben ein Atelier machen neugierig, und dass man miteinander ins Gespräch kommt", sagt Deilmann. Ein Mini-Baumarkt wäre gut oder auch was Gastronomisches, sagt der Rentner, der als Architekt arbeitete. "Alles ist besser als nichts." Wer eine kreative Idee hat, ist willkommen. Den Aktionstag am Sonntag kann man als Vermittlungsbörse verstehen.

Beispiel Bad Gottleuba-Berggießhübel: Initiativgruppe und Aktionstag

  • Engagierte Hauseigentümer haben die Initiative zur Belebung der Innenstadt gegründet.
  • Das Konzept heißt „Laden auf Probe“, die Bedingungen werden jeweils individuell ausgehandelt. Als Orientierung gilt ein halbes Jahr mietfrei bei Nebenkosten von einem Euro pro Quadratmeter und Monat.
  • Die Stadt verzichtet bei jeder Neueröffnung für ein Kalenderjahr auf Gebühren für die Nutzung der Bürgersteigflächen.
  • Die Stadt vermittelt Existenzgründer an die richtigen Stellen für Fördermittelanträge.
  • Erster Aktionstag am Sonntag, dem 11. Juni, von 11 bis 16 Uhr in Bad Gottleuba. Im Herbst beim zweiten Tag soll auch Berggießhübel einbezogen werden. Zum Gottleubaer Stadtfest am letzten August-Wochenende will die Initiative mit einem Stand vertreten sein.
  • Interessierte für die leeren Gottleubaer Geschäfte können sich bei Clemens Deilmann per E-Mail [email protected] oder telefonisch bei der Stadtverwaltung unter 035023 6680 melden.

Der Gottleubaer Weg ist eine Möglichkeit, das Problem der leeren Geschäfte zu lösen. So viele Städte es haben, so viele Wege gibt es. Deilmann war auf das Beispiel von Wittlich in Rheinland-Pfalz gestoßen. Dort läuft das Projekt Alwin - Aktives Leerflächenmanagement Wittlicher Innenstadt - seit Oktober 2016. Bisher konnten 21 Geschäfte, davon elf temporäre Pop-up-Läden, wiederbelebt werden. Insgesamt gab es bisher über 100 Bewerbungen.

Aber auch im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge gibt es Beispiele. Sebnitz hat vor fünf Jahren ein Förderprogramm gestartet, Heidenau versucht aus der Not eine Tugend zu machen.

Beispiel Sebnitz: Geld für Mutige

  • Sebnitz startete sein Förderprogramm 2018.
  • Ziel: Anreiz für die Stärkung der Innenstadt als attraktiver Einkaufs- und Erlebnisraum schaffen.
  • Bisher wurden 30 Anträge gestellt, 21 bewilligt, vier Anträge sind in der Bearbeitung.
  • Seit 2018 zahlte die Stadt 120.000 Euro aus. Je nach Art und Umfang der Anträge durch Einzelhandelsbetriebe, Gewerbetreibende und Unternehmen sind es zwischen 2.500 und 10.000 Euro.
  • Die geförderte Summe wird bis zu zwei Jahren als Darlehen gewährt. Danach wird sie in einen nicht rückzahlbaren Zuschuss umgewandelt, wenn die Unternehmen dann noch existieren.
  • Alle geförderten Geschäfte bzw. Unternehmen existieren noch.

Beispiel Heidenau: Von der Einkaufs- zur Gesundheitsmeile

  • Es gibt kein spezielles Förderprogramm.
  • Die Idee vor einigen Jahren war, die Ernst-Thälmann-Straße von der Einkaufsstraße zur Gesundheitsmeile zu machen.
  • Seither haben sich einige Anbieter dieser Branche angesiedelt. Dazu gehören unter anderem Kinderarzt, Zahnarzt, Logopädie und Kosmetik.
  • Die Stadt hat versucht, mit dem Wasserspiel und den Berufsbilder-Elementen die Straße anziehender zu gestalten.
  • Nach zwei Jahren Pause soll dieses Jahr wieder ein Zentrumsmanager eingesetzt werden, der sich auch um die Belebung der leeren Geschäfte kümmert.
  • Bis zu seiner Auflösung vor zwei Jahren hat sich auch der Zentrumsverein darum bemüht.

Deilmann kann sich für sein leeres Café eine Art Bürgertreff vorstellen, in dem es drei Tage in der Woche ein Programm gibt und der an den anderen Tagen für einen symbolischen Preis an Vereine und Gruppen vermietet wird. Eigentlich träumt Deilmann von einem Musikcafé oder Jazzclub. Vielleicht kommt ja am Sonntag jemand, der diesen Traum mit ihm teilt.