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Dohna macht ernst mit dem IPO-Austritt

Dohna geht nun den nächsten Schritt. Die Freien Wähler haben ihn forciert. So richtig glücklich aber sind sie nicht. Und es klingt etwas nach Erpressung.

Von Heike Sabel
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Im Herbst 2019 stand der Austritt Dohnas aus dem IPO-Bündnis erstmals auf der Tagesordnung. Nun soll er vollzogen werden.
Im Herbst 2019 stand der Austritt Dohnas aus dem IPO-Bündnis erstmals auf der Tagesordnung. Nun soll er vollzogen werden. © Daniel Förster

Zweieinhalb Jahre sind genug. Als die Mehrheit im Dohnaer Stadtrat Anfang 2020 den Austritt aus dem Industriepark-Zweckverband mit Pirna und Heidenau beschloss, wusste sie, so schnell geht es nicht. Dass es so lange dauert aber auch nicht. Wobei sie das selbst mitzuverantworten hat. Dem Vorschlag von IPO-Chef und Heidenauer Bürgermeister zur Vereinbarung über den Austritt wurde nicht zugestimmt, zu einem eigenen kam es nicht. Nun also die Kehrtwende vorwärts: der Vereinbarung zustimmen und Schluss. Aber nicht ganz.

Freie Wähler: Viel "könnte" und "nicht wissen"

Die Freien Wähler sind wild entschlossen und voller Zweifel: Dieser Spagat macht ihre Zerrissenheit deutlich. "Wir wollen jetzt endlich aus dem Hamsterrad raus", sagt Fraktionschef Peter Hauer und gleich darauf: "Ob das der Weisheit letzter Schluss ist, wissen wir nicht." Man wisse nicht, welche Kröten man noch schlucken muss, ob es das Beste ist und was noch auf die Stadt zukommt. Die IPO könnte Arbeitsplätze und Einnahmen für die Stadt bringen, könnte aber auch nicht, sagt Hauer.


Die entscheidenden Fakten für die Freien Wähler sind die fehlenden Fördermittelzusagen, die Zahlungen an den Verband, obwohl für Dohna nicht geplant wird und die "haarsträubende" Planung.

Peter Hauer hat voriges Jahr die Leitung der Freie Wähler-Fraktion im Dohnaer Stadtrat vom langjährigen Chef Hans-Jörg Fischer übernommen.
Peter Hauer hat voriges Jahr die Leitung der Freie Wähler-Fraktion im Dohnaer Stadtrat vom langjährigen Chef Hans-Jörg Fischer übernommen. © Daniel Förster

Jeder wolle das Beste für die Stadt. Wenn es eine bessere Lösung geben sollte, sich die Bedingungen wesentlich ändern und es ein Angebot gibt, dann könnte man es sich nochmal überlegen. Viel "könnte" für eine konsequente Entscheidung. Nun ist die Zustimmung zur Vereinbarung beschlossen. Frühestens nach sechs Monaten kann ein gleicher Beschluss wieder auf die Tagesordnung kommen. Abgesehen davon wird der IPO das Hin und Her wohl nicht mitmachen.

Als man 2020 den Austritt forcierte und beschloss, ging es darum, den IPO zu stoppen. Das ist jetzt nicht mehr das Hauptziel, da es offenbar nicht umsetzbar ist.

Bürgermeister: Keine Zusage vor Antrag

Bürgermeister Ralf Müller (CDU) geht auf die Argumente der Freien Wähler ein. Stichwort Fördermittel. "Es gibt nie vor einem Antrag eine Zusage, das ist bei allen Vorhaben und Förderprogrammen so." Die Idee vom IPO-Anfang war, dass die Dohnaer Fläche als erste geplant wird. Immerhin ist Müller der geistige Vater des IPO. Doch als 2019 nach der Kommunalwahl der Austritt gefordert und dann beschlossen wurde, hat der IPO das geändert. Wenn Dohna raus will, warum soll dann für die Stadt geplant werden? Was die Planung betrifft, so hafte jeder Planer für Fehler. "Es gibt kein vergleichbares Projekt, das einen solchen Vorlauf hat", sagt Müller.

Ralf Müller wurde im Juni zum dritten Mal zu Dohnas Bürgermeister gewählt.
Ralf Müller wurde im Juni zum dritten Mal zu Dohnas Bürgermeister gewählt. © Daniel Förster

Für Dohna aber bedeute es nun, das sich die nächsten zehn Jahre gewerblich nichts entwickelt, weil er keine Fördermöglichkeiten sieht. Er bezieht sich damit auf Aussagen des Freistaates, wenn der IPO gefördert wird, ist das der Schwerpunkt. Zu wie viel Prozent ist offen. Der Landkreis wurde von der Förderpriorität Eins auf Zwei zurückgestuft. Welche konkreten Auswirkungen das hat, ist offen, hieß es in der jüngsten Zweckverbandsversammlung. Scheitern werde der IPO deshalb aber nicht.

Was sich Müller nicht erschließt, sei die Taktik der Freien Wähler: Raus, um ein neues Angebot zu bekommen? Müller spricht es nicht aus, doch es klingt, als ob er bezweifelt, dass das aufgeht. Auch der Vorwurf der Erpressung bleibt unausgesprochen, auch wenn die Vorgehensweise der Freien Wähler danach klingt.

CDU: Geld weg und keine Entwicklung

Die CDU ist gegen den Austritt und damit auch gegen das Ja zur Vereinbarung. Sie argumentiert mit zwei Aspekten. Der erste: Eine Million Euro - das ist rund das Geld, das Dohna bisher als Umlage an den Verband zahlte - wird in den Sand gesetzt, ohne dass sich in Dohna Gewerbe entwickeln kann. Das Geld gibt es nämlich bei Austritt nicht zurück. Der zweite: "Die Freien Wähler hatten die Idee, Gewerbe anzusiedeln, das wird jetzt unterbunden, deshalb tragen wir das nicht mit", sagt Fraktionschef Markus Altmann.

Markus Altmann leitet die CDU-Fraktion im Dohnaer Stadtrat.
Markus Altmann leitet die CDU-Fraktion im Dohnaer Stadtrat. © Daniel Förster

Von den prophezeiten zehn Jahren, da nun nichts geschehen werde, lassen sich die Freien Wähler nicht beeindrucken. Auch im IPO wäre Dohna auch erst in zehn Jahren an der Reihe.

Grüner: Ungünstig, aber lieber nicht mit drinstecken

Thomas Klingner ist einer der vehementesten Streiter gegen den IPO. Die verlorene Million tut ihm zwar auch leid, und die Vereinbarung sei alles andere als günstig für Dohna, aber: "Ich will da nicht mit drinstecken", sagt er. Die Machbarkeitsstudie zum IPO ganz zu Beginn sie gemacht worden, damit die drei Kommunen grünes Licht geben. "Die Probleme kommen jetzt alle." Wie jetzt geplant werde, sei grob fahrlässig.

Thomas Klingner ist ein erfahrener Stadt- und Kreispolitiker der Grünen.
Thomas Klingner ist ein erfahrener Stadt- und Kreispolitiker der Grünen. © Daniel Förster

Seine Kritik setzte Klingner auch fort, als der Stadtrat am Mittwoch der Vereinbarung schon zugestimmt hatte. Der Verband arbeite unprofessionell und es werde noch ein Erwachen kommen.

Linke: Für das Geld und gegen Hauruck

Mareen Hoppe versteht beide Seiten. Sie akzeptiere die Mehrheit, will aber auch nicht die eine Million Euro in den Sand gesetzt wissen. Zudem ist sie gegen Hauruck-Entscheidungen, die offenbar keine Kompromisse zulassen.

Mareen Hoppe sitzt seit 2019 für die Linken im Stadtrat, der zweite Linke war am Mittwoch nicht da.
Mareen Hoppe sitzt seit 2019 für die Linken im Stadtrat, der zweite Linke war am Mittwoch nicht da. © Daniel Förster

Sie stimmte mit der CDU gegen den Austrittsvertrag.

AfD-Stadtrat: Sagt nichts, ist aber entscheidend

AfD-Stadtrat Peter Thomas kommt später zur Sitzung und geht eher, sagt nichts und ist doch das Zünglein an der Waage. Ohne ihn hätte es sechs Stimmen für die Zustimmung und sechs dagegen gegeben, damit wäre der Antrag der Freien Wähler abgelehnt gewesen.

Peter Thomas sitzt für die AfD im Dohnaer Stadtrat, sagt kaum etwas, ist aber aufgrund der Mehrheitsverhältnisse oft stimmentscheidend.
Peter Thomas sitzt für die AfD im Dohnaer Stadtrat, sagt kaum etwas, ist aber aufgrund der Mehrheitsverhältnisse oft stimmentscheidend. © Daniel Förster

In Heidenau ist die AfD-Fraktion in Sachen IPO gespalten. Ein Teil hat ebenfalls einen Austritts-Antrag gestellt, Fraktionschef Daniel Barthel unterstützt diesen nicht.

Wie geht es nun weiter?

Pirna und Heidenau müssen zustimmen. Vorher müssen sie sich einig werden, wie sie mit Dohnas Stimmen und Anteilen verfahren. Derzeit hat Pirna sechs Stimmen und Heidenau und Dohna jeweils drei. Soll Dohnas Austritt zum 31. Dezember 2023 bestätigt werden, muss die Zweckverbandsversammlung dieses Jahr alle Beschlüsse fassen. Bürgermeister Müller sieht darin ein zeitliches Risiko. Hauer schätzt ein: "Wenn Pirna nicht zustimmt, fliegt uns alles um die Ohren."