SZ + Kamenz
Merken

Kamenz: Problem-Ruine weicht Ladenanbau

Zwei Unternehmer sanierten ein Haus an der Nordstraße, das jahrzehntelang für Ärger sorgte. Denn ihr An- und Verkauf brauchte mehr Platz.

Von Ina Förster
 4 Min.
Teilen
Folgen
Nico Scholze (l.) und Mario Mark bieten Umzüge und Haushaltsauflösungen an. Für ihren An- und Verkauf an der Nordstraße brauchten sie mehr Platz. Den fanden sie in der benachbarten Ruine, die sie sanierten.
Nico Scholze (l.) und Mario Mark bieten Umzüge und Haushaltsauflösungen an. Für ihren An- und Verkauf an der Nordstraße brauchten sie mehr Platz. Den fanden sie in der benachbarten Ruine, die sie sanierten. © Matthias Schumann

Kamenz. Wie oft stand das Haus Nummer 21 an der Kamenzer Nordstraße in der Kritik? Mindestens viermal schaffte es die Ruine mit ihrer traurigen Geschichte zumindest ins Lesertelefon der Sächsischen Zeitung. Die Anwohner hatten Angst, das etwas passiert. Ganze Bäume wuchsen aus dem einsturzgefährdeten Objekt an der viel befahrenen Straße. Eine marode Fassade hielt zuletzt den Rest an Schutt  zusammen. Die Stadtverwaltung hatte mit dem Zumauern der Fenster eine Sicherung veranlasst. Lange  waren die Eigentumsverhältnisse ungeklärt. Doch dann kümmerte sich eine Immobilienfirma um den Verkauf. 

Nico Scholze und Mario Mark, die im Nebengebäude seit 2017 ihren An- und Verkauf betreiben, interessierten sich für die Ruine. "Die Passanten und Anwohner kamen auch zu uns und fragten, ob wir uns nicht darum kümmern könnten", so Nico Scholze. Die jungen Männer machten im Mai 2018 Nägel mit Köpfen, indem sie das Haus erwarben.

Aus eigener Kraft rissen sie in den vergangenen Monaten den Schandfleck ab, entkernten den Hinterhof.  Sie mauerten neue Wände hoch, stockten die Fassade auf und ließen das Dach eindecken.  Das meiste aber packten sie selber an. "Ein Anwohner, der jahrelang den hässlichen Anblick des Hauses ertragen hatte, brachte uns vor lauter Freude einen Kasten Bier rüber", erzählt Mario Mark.

So sah die Ruine an der Nordstraße aus, die in den letzten Jahren immer wieder für Aufregung sorgte.
So sah die Ruine an der Nordstraße aus, die in den letzten Jahren immer wieder für Aufregung sorgte. © Privat / Scholze

Der An- und Verkauf  befand sich bis dato nur im Haus von Mario Marks Opa an der Ecke zur Grenzstraße. Nun wurde erweitert. Die Mark & Scholze GbR, die Umzüge und Haushaltsauflösungen  anbietet,  war platztechnisch an ihre Grenzen gekommen. "Wir bieten ja viele der Gebrauchtmöbel und vor allem Technik aus den Haushaltsauflösungen bei uns im Geschäft an. Unsere bisherigen Räume  kamen da an ihre Belastungsgrenze", so Nico Scholze.

Zumal man seit  Mai 2017 noch Partner-Filiale der Deutschen Post ist - neben dem Hauptpostamt in der Altstadt die einzige in Kamenz. Durch einen Zufall kamen die beiden dazu. "Wir haben die ehemalige Poststelle an der Fichtestraße nach der Schließung beräumt. Da wurden wir gefragt, ob wir das nicht  übernehmen wollen", erzählen sie. Sie wollten, denn damit hole man sich mehr Laufkundschaft ins Geschäft.

Das marode Haus bot auch von hinten einen schlimmen Anblick. Die Anwohner freut es sehr, dass es verschwunden ist. Hier soll nach und nach ein schicker Hinterhof entstehen.
Das marode Haus bot auch von hinten einen schlimmen Anblick. Die Anwohner freut es sehr, dass es verschwunden ist. Hier soll nach und nach ein schicker Hinterhof entstehen. © Privat /Scholze

Mario Mark und Nico  Scholze haben den richtigen Riecher, wenn es um An- und Verkauf geht. Nico startete bereits mit 23 Jahren sein eigenes Geschäft an der Macherstraße. "Ich wollte schon damals nicht nur ein Wochenend-Papa sein, deshalb habe ich mir neben dem Betriebswirtschaftslehre-Studium in Freiberg ein zweites Standbein aufgebaut. Und war so mehr daheim in Kamenz", berichtet er.

Auch Kumpel Mario war vor der gemeinsamen GbR in der Branche unterwegs. "Wir haben uns immer gut verstanden. Deshalb haben wir uns zusammengetan", sagt der 34-Jährige. Zwei Mitarbeiter konnte man mittlerweile einstellen. Und wenn es an Großprojekte geht, werden zusätzliche Honorarkräfte gebraucht. Das Geschäft mit gebrauchten Dingen des Alltags boomt. 

Immer wieder werden die beiden Männer zu Großaufträgen gerufen. Beispielsweise  zum Umzug des Statistischen Landesamtes, zur Caritas oder zu Firmen der Region. "Wenn man uns braucht, fahren wir aber auch bis nach Frankreich, Köln oder Berlin", so Nico Scholze.  Oftmals ist es gute Mundpropaganda, die zu neuen Aufträgen führt.

So sieht die Straßenansicht heute aus. Viele Anlieger sind froh, dass Mario Mark (l.) und Nico Scholze dafür gesorgt haben, dass der Schandfleck nach Jahrzehnten verschwand.
So sieht die Straßenansicht heute aus. Viele Anlieger sind froh, dass Mario Mark (l.) und Nico Scholze dafür gesorgt haben, dass der Schandfleck nach Jahrzehnten verschwand. © Matthias Schumann

"Wir haben schon einiges gesehen bei unserer Arbeit", sagt  der 31-jährige Kamenzer und fügt an: "Auch viel Elend."  Zum Beispiel, wenn Wohnungsverwaltungen säumigen Mietern  kündigen müssen oder alte Menschen einsam gestorben sind. "Mit der Zeit bekommt man Routine, doch hinter jedem Auftrag steckt eine ganz eigene Geschichte. Ein Menschenleben. Man darf da manchmal nicht drüber nachdenken", meint Scholze.

Was bei den Haushaltsauflösungen noch brauchbar ist, wird dem Kunden abgekauft und kommt in ihren An- und Verkauf. Vom Kleiderschrank über Tische, Sofas, Spiegel bis hin zu Bildern, Lampen oder zum Wickeltisch ist alles dabei. In der Technikabteilung  stapeln sich derweil Fernseher, Radios, Player jeder Art und Handys. "Sachen aus zweiter Hand sind gefragt. Auch, weil die Leute nicht immer viel Geld in der Tasche haben."

Mehr Nachrichten aus Bautzen lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Bischofswerda lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Kamenz lesen Sie hier.