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Bangen um Dresdens Ostumfahrung

Zwischen Wünschendorf und Eschdorf sind zwei Rückhaltebecken fertig, auch an einer Brücke wird gebaut. Doch mehr traut sich das Landesamt für Verkehr nicht.

Von Domokos Szabó
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Straßenbauchef Holger Wohsmann an der Baugrube bei Eschdorf: Vier weitere Baulose sind ausschreibungsreif.
Straßenbauchef Holger Wohsmann an der Baugrube bei Eschdorf: Vier weitere Baulose sind ausschreibungsreif. © Steffen Unger

Dicht an der Staatsstraße steht der Bauzaun zwischen Eschdorf und Rossendorf in Dresdens Osten. Er ist mit großen Planen verhängt, so sieht aus den vorbeirauschenden Autos und Lastern auf der S177 keiner, wie steil es auf der anderen Seite bergab geht. Eine acht Meter tiefe Grube haben Bauarbeiter in den vergangenen Monaten ausgehoben, ein kleiner Badesee würde reinpassen oder zwei Einfamilienhäuser. Holger Wohsmann, Chef der Meißner Niederlassung des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr, steht daneben und schaut auf einen Hügel mit dem Bodenaushub. "Bester Sand, den sie hier rausgeholt haben", sagt er. 

Doch geht es weder ihm noch seiner Behörde um Baumaterial. An dieser Stelle entsteht das nächste Bauwerk für die neue Schnellstraße zwischen der A4 bei Leppersdorf und der A17 bei Pirna, kurz: für Dresdens Ostumfahrung. Im tiefen Loch wird demnächst das Fundament einer zwölf Meter langen Brücke gegossen, die hier die alte Staatsstraße überspannen wird. Im August 2021 soll sie fertig sein. 

Aber nicht nur hier geht es voran. Zwischen Wünschendorf und Eschdorf ist bereits ein System aus unterirdischen Zisternen fertig, die alle zusammen mehrere Hundert Kubikmeter fassen. Diese Rückhaltebecken sollen nicht nur verhindern, dass die alte S177 oder die neue Schnellstraße von Regen überflutet werden. Sie können auch bei einer Havarie ausgetretenes Motoröl auffangen, damit dieses nicht in den Boden gelangt. Derzeit sind Mitarbeiter der Firma Fuxx aus Klipphausen im Endspurt, Ende August ziehen sie sich zurück. Dann dürften auch die Tempolimits zwischen Wünschendorf und Eschdorf wieder fallen. 

Bislang nur auf dem Papier, aber bereits im Bau: die erste neue Brücke an der Schnellstraße zwischen Wünschendorf und Rossendorf.
Bislang nur auf dem Papier, aber bereits im Bau: die erste neue Brücke an der Schnellstraße zwischen Wünschendorf und Rossendorf. © Lasuv

Weniger spektakulär sieht eine dritte Baustelle aus, die in diesen Tagen ebenfalls abgeschlossen wird. Sie befindet sich an der Straße mit dem verträumten Namen Rosinendörfchen in Eschdorf. Hier ist die künftige Anschlussstelle Eschdorf geplant. Um die Bauwerke vor Wasser zu schützen, wurden von der Firma V&C Metzner aus Wittichenau zwei unterirdische Dichtwände errichtet. 

Weitaus aufwendiger ist die Mission Brückenbau zwischen Eschdorf und Rossendorf. Damit die neue Schnellstraße nicht in einem ungünstig spitzen Winkel auf die alte S177 trifft, wird letztere auf einem kleinen Abschnitt verlegt. Von Eschdorf aus kommend geht es künftig nach einer leichten Rechtskurve unter der neuen Brücke durch und dann  über einen Bogen links wieder zurück auf die alte Straßenführung bis nach Rossendorf hinein. Beauftragt mit den Arbeiten ist die Firma Swietelsky, eine Tochter des gleichnamigen Österreichischen Baukonzerns.

"Wenn wir fertig sind, haben wir neben der Brücke auch noch 500 Meter Straße gebaut", sagt Straßenbauboss Wohsmann. Die Schnellstraße wird an dieser Stelle an die zwölf Meter breit sein. Kein Vergleich zur heutigen schmalen S177. Allerdings kann es passieren, dass die fertige Brücke dann eine ganze Weile ungenutzt in der Landschaft herumstehen wird.

© SZ Grafik

Isabel Pfeiffer, Sprecherin des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr, sagt zwar: "Vier weitere Baulose sind ausschreibungsreif." Nach einer europaweiten Suche nach der passenden Firma könnte somit in sechs bis acht Monaten weitergebaut werden. Doch das Lasuv traut sich nicht, die Ausschreibungen anzustoßen. Denn weite Teile der 5,4 Kilometer langen Strecke zwischen Wünschendorf und Eschdorf werden vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland beklagt. Keiner der BUND-Vorschläge wurde bei der Planung der Trasse berücksichtigt. Die Naturschützer hatten stellenweise eine Verlegung der Trasse gefordert, statt bestimmter Dämme sollten Brücken gebaut werden, und am Doberberg bei Wünschendorf fordert der BUND eine 30 Meter breite Grünbrücke für Tiere, so wie beispielsweise an der Ortsumgehung von Bischofswerda. Seit zwei Jahren ist die Klage anhängig.

Entscheiden  soll darüber das Verwaltungsgericht Dresden. Doch während am Dresdner Stadtrand die Bagger rollen, scheint sich in der City nichts zu bewegen. Noch im März teilte Gerichtssprecher Robert Bendner auf Anfrage von Sächsische.de mit, dass seitens der Beteiligten noch weitere Unterlagen und Stellungnahmen ausstünden. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung sei noch nicht bestimmt worden - aber das sei wegen Corona ohnehin unrealistisch. Heute heißt es, dass es eine mündliche Verhandlung geben werde. Wann, das ist unklar.

© SZ Infografik

Einer, den das empört, ist Wolfgang Weiß, Ortsvorsteher von Wünschendorf. Nach Ende des Corona-Lockdowns schwoll der Verkehr durch seinen Ort wieder an. "Es ist natürlich wieder so, wie es vorher war", sagt er. Auf der Strecke sind besonders viele Lkws unterwegs, die insbesondere in Wünschendorf kaum durch die Kurven kommen. Eine Petition sollte Abhilfe, sprich wenigstens eine Tonnagebegrenzung, schaffen. Die Wünschendorfer richteten diese an den Sächsischen Landtag. Tatsächlich war der Petitionsausschuss mit seinem Berichterstatter Geert Mackenroth Anfang Mai vor Ort, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Große Hoffnungen macht sich aber Ortsvorsteher Weiß nicht, was eine Tonnagebegrenzung angeht. Denn: "Es gibt keine Alternativstrecke." Um die verkehrsgeplagten Orte zu entlasten, sieht er vor allem eine Möglichkeit: "Die Klage muss ganz schnell durch. Nur davon hängt alles ab, und das ist das wahre Problem."

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