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Seit fünf Tagen kein neuer Corona-Fall im Kreis Görlitz

Doch es gibt verwirrende Zahlen um Tote, Proteste gegen die Auflagen, weniger Tests als deutschlandweit - das sagt das Landratsamt dazu.

Von Matthias Klaus
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So sieht es aus, wenn einem Patienten ein Abstrich in einem mobilen Testlabor abgenommen wird.
So sieht es aus, wenn einem Patienten ein Abstrich in einem mobilen Testlabor abgenommen wird. © dpa

Die 35- bis 59-Jährigen im Landkreis Görlitz sind vor allem Corona-gefährdet. Und vor allem Frauen in dieser Altersgruppe. Das hat einen einfachen Grund. Denn Pflegepersonal ist zum Großteil weiblich und eben in dem Alter. Und gerade die Corona-Ausbrüche in zwei Pflegeheimen haben die Statistik der Pandemie im Landkreis nach oben getrieben.  Die andere Seite dieser Medaille: Ab 60 Jahren gibt es die meisten Sterbefälle im Landkreis wegen Corona. "Dabei spielen chronische Vorerkrankungen eine Rolle", sagt die Leiterin des Kreis-Gesundheitsamtes Annegret Schynol. Wie steht es generell um Corona zugehörige Tests im Kreis? Das sind die Fakten.

Wie viele Corona-Tests gab es bisher und wie wird getestet?

Mit Stand 1. Mai gab es bisher 904 Proben beim Landratsamt, nicht gezählt werden von der Behörde die Tests in Praxen und Kliniken. Von den behördlichen Tests waren 26,8 Prozent positiv. Das Gesundheitsamt hat inzwischen vier mobile Teams im Einsatz, um  Kontaktpersonen von Corona-Infizierten zu testen. Die Abstriche werden in der Landesuntersuchungsanstalt ausgewertet, nicht in hiesigen Labors. Bis zu 48 Stunden kann es dauern, bis ein Ergebnis vorliegt. Insofern beschreiben die Zahlen aus dem Gesundheitsamt immer eine Lage vor etwa zehn Tagen. Seit vier Wochen arbeiten die Teams im Schichtbetrieb.  Auf 20.000 Einwohner kommen fünf Mitarbeiter, die Kontaktpersonen aufsuchen können. Derzeit ist zudem ein sogenannter Containment Scout, ein Kontaktpersonen-Ermittler, zusätzlich unterwegs. Seine Beschäftigung ist auf ein halbes Jahr begrenzt. 

Landrats-Dezernentin Martina Weber will die Praxis des mobilen Testfahrzeuges aufrecht erhalten. "Wir können zu dem Betroffenen hinfahren, die Ansteckungsgefahr minimieren", sagt sie. Falls es notwendig sein sollte, sind aber auch noch zwei stationäre Praxen vorgesehen: in Weißwasser und in Großschweidnitz.

Deutschlandweit wurden drei bis vier Prozent der Bürger getestet, im Kreis wohl nur ein Prozent. Warum so wenig? Ergibt das eine belastbare Statistik?

Das Gesundheitsamt des Landkreises Görlitz orientiert sich bereits seit Beginn der Coronavirus-Pandemie bei der Verdachtsabklärung von Covid-19 an den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes (RKI), heißt es vom Landratsamt dazu.  Sie enthalten Hinweise zu Hygiene, Meldung und Diagnostik sowie zur weiteren Vorgehensweise bei einem von einem Labor bestätigten Fall. Der Landkreis weist allerdings darauf hin, dass die primäre Testung von Verdachtsfällen über die Hausärzte erfolgt. Bei positiven Befunden bekommt das Gesundheitsamt eine Meldung und führt anschließend die Ermittlung von Kontaktpersonen sowie gegebenenfalls weitere Tests durch. 

Es gab in jüngster Zeit Verwirrung um Tote in der Statistik, die über Nacht wieder geheilt wurden und umgekehrt. Wie kann das passieren?

So recht erklären kann das das Landratsamt nicht. Sprecherin Julia Bjar sagt aber, dass es innerhalb der infektionshygienischen Ermittlung  zu neuen Erkenntnissen kommen kann. 268 Corona-Infizierte zählt der Landkreis, seit fünf Tagen sind keine neuen Fälle hinzugekommen. Zwei davon werden im St. Carolus-Krankenhaus Görlitz behandelt. Als geheilt gelten 217 Personen, in Quarantäne befinden sich 77. 22 Menschen sind an den Folgen der Viruserkrankung gestorben. 

Wie sieht das Landratsamt die Information der Öffentlichkeit: Legt die Behörde möglicherweise Betroffenen und der Amtsärztin nahe, nicht mit den Medien zu sprechen?

Das streitet das Landratsamt ab. Die Behörde legte weder Betroffenen noch der Amtsärztin nahe, nicht mit den Medien zu sprechen. Betroffene schildern das aber ganz anders gegenüber der SZ. Generell sieht der Kreis die Öffentlichkeit in Sachen Corona von seiner Seite her gut informiert.  Über 17.000 Anrufe gab es im Amt bereits, rund zwei Minuten dauert ein Gespräch.  

 Was sagt der Landrat zu den Protesten gegen die Corona-Beschränkungen?

Landrat Bernd Lange sieht die Corona-Krise als eine Art Stresstest für den Landkreis. "Wir haben ihn bestanden", ist sein vorläufiges Fazit.  Ein Knackpunkt sei die Bereitstellung des entsprechenden Schutzmaterials gewesen, sagt er.  Die Proteste gegen die Corona-Regeln sieht er nicht nur auf den Süden des Landkreises begrenzt. "Es geht generell ein Riss durch die Gesellschaft", so seine Einschätzung. Als großes Problem sieht der Landrat die geschlossenen Grenzen nach Polen und Tschechien. Zwar gibt es Erleichterungen für Berufspendler, doch bleibt die Lage schwierig.

Wie schätzt der Landrat die wirtschaftliche Situation im Landkreis in Corona-Zeiten ein?

Generell sieht  Bernd Lange den Landkreis wirtschaftlich nicht allzu schwer von der Krise getroffen. "Wir haben hier viele klein- und mittelständische Unternehmen, keine ganz großen Firmen wie VW oder BMW", so Bernd Lange. Gerade das Handwerk habe jetzt die Auftragsbücher voll.  In der Tourismusbranche sehe es allerdings ganz anders aus. 

Wie ist derzeit die Lage in den Heimen in Klein Priebus und Niesky sowie in der Notbetreuung in Niesky, wo es zu Corona-Ausbrüchen kam?

Im Altenpflegeheim Klein Priebus gibt es keine neuen Erkrankungsfälle, sodass die Quarantäne für die gesamte Einrichtung zum 22. April 2020 ausgelaufen ist, so Kreissprecherin Julia Bjar. Im Altenpflegeheim Niesky gebe es ebenso keine neuen Erkrankungsfälle. Auch konnte die behördlich angeordnete Quarantäne der gesamten Einrichtung beendet werden. Bei der Notbetreuung der betroffenen Kita in Niesky gab es zu keiner Zeit Einschränkungen im Betrieb. Neue Erkrankungen sind nicht aufgetreten.

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