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Der Meister kommt zurück

Für viele war die Abschaffung der Meisterpflicht ein Fehler – für Handwerker wie Arno Liebe aus Kodersdorf aber Glück.

Von Daniela Pfeiffer
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Man muss kein Meister sein, um handwerklich gute Arbeit zu leisten: Findet Arno Liebe aus Kodersdorf, ein Mann für fast alles, wenn es ums Bauen geht. Innen, außen – Trockenbau oder Fußboden, Arno Liebe macht's.
Man muss kein Meister sein, um handwerklich gute Arbeit zu leisten: Findet Arno Liebe aus Kodersdorf, ein Mann für fast alles, wenn es ums Bauen geht. Innen, außen – Trockenbau oder Fußboden, Arno Liebe macht's. © André Schulze

Er ist nicht als Meister vom Himmel gefallen und wird auch keiner mehr werden. Aber das ist für Arno Liebe völlig in Ordnung und für seine Kunden auch. Seit 15 Jahren ist der Kodersdorfer selbstständiger Handwerker und kommt in seinem Job auch ohne Meisterbrief wunderbar klar. „Heimwerken mit Liebe“ ist sein Motto – ganz und gar doppeldeutig natürlich, denn er macht seine Arbeit eben so, wie er auch heißt. Gelernter Maurer ist der 51-Jährige. Als mit der Abschaffung der Meisterpflicht vor 15 Jahren die Ich-AGs aufkamen, war er einer derer, die die Chance nutzten.

„Ich darf kein komplettes Haus bauen“, sagt er. Aber alle möglichen Arbeiten, die damit zu haben, schon: Fliesen verlegen, Fenster einbauen, verputzen, Malerarbeiten, Reparaturarbeiten. Von Anfang an fuhr er gut damit, baute sich eine Stammkundschaft auf, die seine Qualitäten auch ohne Meisterbrief zu schätzen weiß und die günstigeren Preise sowieso. Auch wenn er so manchen Auftrag absagen muss, weil er allein eben nicht alles schafft, so will er doch keinen Mitarbeiter dazunehmen.

Ab kommendem Jahr soll Arno Liebes Berufsmodell nicht mehr möglich sein. Die schwarz-rote Koalition will in einigen Handwerksberufen wie Fliesenleger, Orgelbauer oder Raumausstatter die Meisterpflicht wieder einführen. Zwölf sind es insgesamt, die so wieder aufgewertet werden sollen – zwölf aus über 50, für die 2004 die Meisterpflicht weggefallen war.

Die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU (MIT) im Kreis Görlitz begrüßt die Rückkehr zur Meisterpflicht in diesen zwölf Gewerken. „Es war ein großer Fehler, die Meisterpflicht für 53 Gewerke abzuschaffen“, sagt Helmut Goltz von der Seilerei Goltz in Görlitz, der Vorsitzender der MIT im Landkreis ist. Sowohl die Qualität als auch die Ausbildungsleistung hätten seitdem stark abgenommen. Die Wiedereinführung der Meisterpflicht sei eine zentrale Forderung der MIT. Helmut Goltz sagt, warum: „Der Meisterbrief garantiert höchste Qualität der Arbeit und der beruflichen Ausbildung unserer Betriebe. “ Damit verbindet Goltz gleich noch eine Forderung: die weitere Stärkung des dualen Ausbildungssystems. Die MIT schlägt einen Meisterbonus vor, mit dem bei bestandener Meisterprüfung angefallene Gebühren ganz oder teilweise erstattet werden.

Das sähe wahrscheinlich auch Thomas Liebschner vom Kaminbau Liebschner in Niesky gern. Er ist Ofenbaumeister und hält die Entscheidung von 2004 nach wie vor für einen großen Fehler. Dieser lasse sich auch durch die Wiedereinführung nicht so schnell ausmerzen. Jahre werde das dauern, vermutet Liebschner. Sein Unternehmen, das er mit seinem Vater führt, habe stark gelitten. „Wir waren mal 24 Mann, jetzt sind wir noch zu zweit.“ Die Entwicklung begann mit Abschaffung der Meisterpflicht . Die Ich-AGs seien der erste große Schlag gewesen. Von 17 Lehrlingen, die Liebschners ausbildeten, blieb einer. „Der Rest ist jetzt größtenteils unsere eigene Konkurrenz.“ Thomas Liebschner fordert, dass all die meisterlosen, selbstständigen Handwerker ihren Meister nachholen müssen. Der Kaminbau Liebschner ist ein Musterbeispiel dafür, wie größere Unternehmen kaputt gemacht werden. „Das Problem hat letztlich auch die öffentliche Hand: Woher sollen noch Firmen für größere Aufträge kommen?“

Die Handwerkskammer hat diese Entwicklung schon oft kritisiert: Weniger Jobs und Lehrstellen als Folge der Abschaffung der Meisterpflicht, aber gleichzeitig blieben die versprochenen Effekte, nämlich Entbürokratisierung und eine wirtschaftliche Stärkung des Handwerks, aus. Laut Handwerkskammer stieg zwar die Zahl der Soloselbstständigen und Kleinstbetriebe an, aber gleichzeitig sank die Zahl der versicherungspflichtigen Beschäftigten, zudem war ein dramatischer Rückgang bei der Ausbildung in diesen Gewerken zu verzeichnen. Daher stimmt die Kammer der Wiedereinführung der Meisterpflicht natürlich zu: „Wir befürworten das außerordentlich“, sagt Jörg Dittrich, Präsident der Handwerkskammer Dresden. Das ostsächsische Handwerk habe sich dafür immer wieder stark gemacht. Der Meisterbrief ist Qualitätsgarant im deutschen Handwerk.“

Inzwischen hat sich das alles etwas stabilisiert, dank der guten Konjunktur. Das Handwerk blüht aktuell, auch im Landkreis gibt es kaum Firmen, die unter Auftragsmangel leiden, im Gegenteil. Und so sieht auch Arno Liebe die Entwicklung gelassen, zumal er auch ohne Meisterbrief Bestandsschutz hat, das will die Politik so. Ob nun jeder seinen Meister machen muss, daran zweifelt Arno Liebe ohnehin. Für ihn hat sich die Frage nie gestellt. „Es war für mich nie notwendig, es hat auch immer ohne funktioniert.“ Er hat nicht mal großartig werben müssen, die Mund-zu-Mund-Propaganda hat ihm stets gute Dienste erwiesen. 

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