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Der Wolf geht um

Die Zahl der Risse im Kreis nimmt zu. Grund zur Sorge besteht laut Experten nicht. Doch Schutz wird immer wichtiger.

Von Kevin Schwarzbach
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Gleich vier Schafsrisse in einer Woche sorgten Ende Januar für Aufsehen im Kreis Meißen. Ob der Wolf in allen Fällen der Täter war, ist noch unklar. Doch fest steht: Die Zahl der Risse hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.
Gleich vier Schafsrisse in einer Woche sorgten Ende Januar für Aufsehen im Kreis Meißen. Ob der Wolf in allen Fällen der Täter war, ist noch unklar. Doch fest steht: Die Zahl der Risse hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. ©  dpa / Symbolbild

Meißen. Der Wolf geht um. Diese Vermutung äußerten zuletzt Jäger im Landkreis Meißen. Denn Ende Januar gab es gleich vier Angriffe auf Schafe – innerhalb von nur einer Woche. Für das größte Aufsehen sorgte ein Schafsriss im Diera-Zehrener Ortsteil Wölkisch. Dort wurde unweit eines Spielplatzes ein Schaf fast vollständig aufgefressen. Inzwischen ist ziemlich sicher: Für den Schafsriss ist ein Wolf verantwortlich. Unter manchen Anwohnern löste der Vorfall große Besorgnis aus.

Wenige Tage später gab es die nächsten Schafsrisse, dieses Mal im Gebiet der Stadt Nossen. In Wolkau wurden zwei Schafe getötet und eines schwer verletzt, in Oberstößwitz wurde ebenfalls ein Schaf getötet. Und auch in Eulitz fiel ein Schaf einem Räuber zum Opfer. Für manche Jäger war schnell klar: Die Spuren deuten auf einen Wolf als Täter hin. Bei der Fachstelle Wolf des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie zeigte man sich dagegen zurückhaltender und verwies auf ausstehende Untersuchungsergebnisse.

Kaum ein Tier erhitzt die Gemüter derzeit mehr als der Wolf. Während die einen sich echauffieren, dass die Debatte um das allseits bekannte Raubtier viel zu hysterisch verläuft, bemängeln die anderen, dass die Gefahr nicht wirklich ernst genommen wird. Jeder Vorfall, bei dem ein Schaf oder ein anderes Tier getötet wird, heizt die Diskussion aufs Neue an. Doch wie hat sich die Zahl der Wolfsrisse im Kreis Meißen eigentlich entwickelt? Und wie viele Raubtiere leben überhaupt in der Region? Die SZ gibt einen Überblick über die wichtigsten Fakten.

Zahl der Wolfsrisse nimmt wieder deutlich zu

Die Zahl, der von Rissbegutachtern festgestellten Wolfsrisse, war im Kreis Meißen in den vergangenen zehn Jahren vergleichsweise niedrig. Während die Gutachter im Landkreis Bautzen regelmäßig mehr als 30 Wolfsrisse pro Jahr feststellten, gab es im Kreis Meißen lange Zeit nur maximal vier Fälle pro Jahr (siehe Grafik). Im vergangenen Jahr aber stieg die Zahl deutlich an, von insgesamt 15 begutachteten Fällen im Kreis Meißen konnten zehn auf den Wolf als Täter zurückgeführt werden. Das zeigt eine Statistik des Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, die auf eine Kleine Anfrage des AfD-Landtagsabgeordneten René Hein veröffentlicht wurde.

Die hohe Zahl an Rissbegutachtungen allein im Januar dieses Jahres deutet darauf hin, dass wohl auch 2020 im Kreis Meißen vergleichsweise viele Fälle untersucht werden. Im sachsenweiten Vergleich liegt die Region zwischen Radebeul, Thiendorf, Strehla und Nossen aber nur im Mittelfeld. Die meisten Wolfsrisse gab es vergangenes Jahr im Landkreis Bautzen, dort sind 51 Fälle registriert. Dahinter folgen, der Landkreis Mittelsachsen mit 31 Fällen und der Landkreis Görlitz mit 21 Fällen.

© SZ-Grafik

Schutzzäune werden für Tierhalter immer wichtiger

Dass die Zahl der Rissbegutachtungen zuletzt deutlich angestiegen ist, führt Karin Bernhardt, Sprecherin des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, unter anderem auf die fortschreitende Sensibilisierung der Tierhalter zurück. Mittlerweile würden sie mehr tot aufgefundene Weidetiere melden, bei denen sie nicht genau erkennen, was die Todesursache sein könnte, so Bernhardt.

Doch auch der Wolf trägt seinen Teil zum Anstieg der Rissgutachten bei. „Mit der weiteren, flächenmäßigen Ausbreitung der Wölfe erschließen diese sich Bereiche, in denen noch nicht alle Weidetierhalter, insbesondere die Hobbyhalter, den Schutz ihrer Weidetiere daraufhin angepasst haben“, erklärt Karin Bernhardt. 

Zudem hätte ein Teil der mehr als 15.000 Schaf- und Ziegenhalter in Sachsen noch nicht die empfohlenen Schutzzäune im Einsatz. „So können Wölfe noch immer leichte Beute bei unsachgemäß geschützten Schafen und Ziegen machen, leider auch in Gebieten, in denen Wölfe, schon seit 20 Jahren vorkommen“, so Bernhardt. Menschen dagegen müssten keine Angst vor dem Wolf haben.

Ein Großteil der Wolfshinweise kann nicht bestätigt werden

In den vergangenen zehn Jahren, gingen die Gutachter des Landesamtes im Kreis Meißen, mehr als 430 Hinweisen zum Wolf nach. Doch nur in den wenigsten Fällen konnten die gesicherten Spuren auch tatsächlich auf einen Wolf als Verursacher zurückgeführt werden. Insgesamt 26 Mal stuften die Gutachter die gefundenen Spuren als bestätigte Hinweise ein. 

Der überwiegende Teil der Hinweise aber, etwa 94 Prozent, wurde in den Gutachten als unbestätigt festgehalten. Allerdings sind die Anforderungen an einen bestätigten Hinweis laut Angaben des Landesamtes auch recht hoch: Nur Spuren, die eindeutig dem Wolf zuzuordnen sind, werden als bestätigte Hinweise anerkannt.

Zahl der Wölfe im Kreis Meißen bleibt unklar

Wie viele Wölfe im Kreis Meißen unterwegs sind, ist nur schwer zu beantworten. Zwar liegen der Fachstelle Wolf Daten zur Gohrischheide in Zeithain vor, wo seit Jahren regelmäßig neue Welpen und damit auch ein Rudel nachgewiesen werden können. Für den Rest der Region ist die Situation aber mit Zahlen schwer zu beschreiben. Zumal Wölfe mitunter Strecken von bis zu 80 Kilometern am Tag zurücklegen, also auch aus umliegenden Territorien kommen können. 

Fest steht aber, dass die Fotofallen im Kreis Meißen in den vergangenen zehn Jahren 136 Mal einen Wolf ablichten konnten. Im gleichen Zeitraum gelangen im Kreis Görlitz fast 4.000 Nachweise.

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