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„Die Mannschaft hat den Trainer im Stich gelassen“

Sportchef Steffen Menze begründet die Entlassung von Peter Pacult und sagt, wie er den Nachfolger sucht.

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Herr Menze, was gab letztlich den Ausschlag, Peter Pacult zu beurlauben?

Wir wussten alle, dass das Vertrauensverhältnis seit der Relegation gestört gewesen ist. Das hat auch der Trainer immer wieder zum Ausdruck gebracht. Was da passiert war, ist für mich eine absolute Unart, und ich habe mich dagegen gewehrt. Wir hatten gehofft, trotzdem normal in die Saison zu kommen, aber das war nicht der Fall. Die Leistungen der Mannschaft in den letzten beiden Punktspielen haben schließlich zur Entscheidung geführt.

Was wird dem Ex-Trainer vorgeworfen?

Wir sind der Meinung, dass unser Kader in der Lage ist, die Klasse in der 2. Bundesliga zu halten. In den Leistungen der letzten zwei Spiele sahen wir jedoch eine große Gefahr, dass dies nicht der Fall sein könnte.

Wie groß ist der Anteil, den die Mannschaft an dem Fehlstart hat?

Das lässt sich nicht aufteilen. Wir haben gesehen, dass die Mannschaft das Potenzial nicht abruft. Ich sage sogar, dass einige die richtige Einstellung vermissen lassen haben. Wir haben versucht, die Spieler in die Pflicht zu nehmen, wissen aber auch, dass der Trainer an den Pranger gestellt worden ist. Es ist uns nicht gelungen, innerhalb der Mannschaft eine andere Entwicklung zu erreichen.

Hat er die Mannschaft nicht erreicht?

Das würde ich so nicht sagen. Es gab sicher auch die eine oder andere Bemerkung seitens der Spieler, was in unserem Verein auch hin und wieder dritte Wege nimmt. Dadurch kam eine gewisse Unruhe auf gegenüber dem Trainer. Ich denke, dass das auch das ausschlaggebende Argument war.

Der Trainerwechsel passiert also auf Wunsch der Mannschaft?

Die Meinung ist so bei mir nicht angekommen. Man muss natürlich hinterfragen, welche Einstellung die Mannschaft gestern gezeigt hat, um sich für den Trainer auszusprechen. Er wollte auch, dass wir den Bock umstoßen gegen den FSV Frankfurt. Aber die Mannschaft hat ihn im Stich gelassen. Wie überall üblich ist es schwierig, eine ganze Mannschaft auszutauschen. Es geht meist der Trainer. Hinzu kommt, dass Peter Pacult innerhalb des Vereins schon seit längerer Zeit mit einem gewissen Misstrauen betrachtet wurde.

Gibt es bereits einen Nachfolger, oder werden Sie nächsten Montag im Spiel beim FC St. Pauli auf der Bank sitzen?

Das wird mit Sicherheit so sein, weil wir uns darauf verständigt haben, nicht ad hoc zu reagieren. Wir wollen uns Zeit lassen, um die Entscheidung in aller Ruhe vorzubereiten.

Welcher Trainertyp wird denn gesucht?

Also, ich habe eine Idee und unserem Aufsichtsrat vorgeschlagen, welches Profil mir vorschwebt. Darüber möchte ich aber öffentlich jetzt nicht reden.

Legen Sie eine Kandidatenliste vor oder einen konkreten Vorschlag?

Sicher bin ich vorbereitet, weil es mein Job ist. Aber das ist nicht der Moment, darüber zu diskutieren.

Hat der Verein überhaupt finanziellen Spielraum, um nach Ralf Loose und Pacult einen dritten Trainer zu bezahlen?

Wir haben Möglichkeiten, werden aber nicht Millionen auspacken können.

Drei Trainer in gut zwei Jahren – die Mannschaft scheint untrainierbar zu sein. Wird das zum Nachteil bei der Trainersuche?

Dem möchte ich widersprechen. Die Mannschaft hat hervorragend trainiert bis dato. Sie hat jetzt eine Seite gezeigt, die wir bisher nicht kannten. Darüber hinaus gibt es sehr, sehr viele Trainer, die hier gern arbeiten möchten, was sich darin zeigt, was in den letzten Stunden bei mir eingegangen ist. Darüber brauchen wir uns also keine Sorgen zu machen. Vielmehr darum, die richtige Entscheidung zu treffen, um wieder unser Ziel zu erreichen. Wir wissen, wie schwierig es ist, die Liga zu halten, erst recht aus der 3. Liga aufzusteigen. Deshalb bleibt der Klassenerhalt die Hauptaufgabe. Da geht es nicht um Einzelpersonen oder Schicksale, sondern einzig und allein um den Verein.

Es ist bereits Ihre dritte Trainer-Entlassung als Sportchef bei Dynamo. Wo sehen Sie Ihre Verantwortung?

Ich sehe mich genauso in der Verantwortung, verteidige aber jede Entscheidung. Wir haben in den vergangenen Jahren unsere Ziele erreicht. Natürlich wünschen wir uns als Verein einen Trainer, der längere Zeit bei uns arbeitet. Wir wissen aber auch, wie schwierig das ist, weil die Emotionen schnell in die eine wie die andere Richtung ausarten.

Mit Christian Beeck saß am Sonntag ein potenzieller Sportdirektor bereits auf der Tribüne. Beunruhigt Sie das?

Bei uns ist es halt so, dass sich mancher berufen fühlt, auch mal etwas zu machen, was nicht seine Aufgabe ist. Da muss man gelassen bleiben. Das sind Punkte, die Anlass zur Spekulation geben in den Medien. Damit muss ich mich nicht auseinandersetzen. Ich mache meine Arbeit im Sinne des Vereins und lasse mich nicht beirren.

Notiert: Sven Geisler