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Damit aus Heuschnupfen kein Asthma wird

Der warme Winter lässt viele Pflanzen eher blühen. Was das für Pollenallergiker heißt, erklären die Ärztinnen Antje Jäger-Hundt und Ewa Nawalaniec.

Von Franz Herz
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Kinderärztin Antje Jäger-Hundt (li.) und Hautärztin Ewa Nawalaniec vom Medizinischen Versorgungszentrum informieren in einem Vortrag über Pollenallergien.
Kinderärztin Antje Jäger-Hundt (li.) und Hautärztin Ewa Nawalaniec vom Medizinischen Versorgungszentrum informieren in einem Vortrag über Pollenallergien. © Egbert Kamprath

Es wird Frühjahr und die Pollen fliegen. Viele Allergiker leiden darunter. Mit dem Thema "Pollenallergie – wenn der Körper überreagiert. Schulmedizinische und alternative Behandlungsmöglichkeiten" befasst sich ein medizinischer Vortrag der Kinder- und Jugendärztin Antje Jäger-Hundt und der Hautärztin Ewa Nawalaniec  in der kommenden Woche in der Helios-Klinik in Dippoldiswalde. Sächsische.de sprach mit ihnen über das Thema. 

Frau Jäger-Hundt, Frau Nawalaniec, welche Folgen hat der warme Winter, den wir derzeit haben, für Menschen, die auf Pollen allergisch reagieren?

Jäger-Hundt: Hasel, Erle, Birke blühen schon. Die Pollen dieser Pflanzen können Allergien auslösen. Dieses Jahr sind die Pflanzen deutlich früher dran. Das ist aber regional sehr unterschiedlich. Wenn wir Richtung Dresden und ins Elbtal schauen, ist die Natur weiter vorangeschritten als hier draußen in Dippoldiswalde. Im Gebirge oben ist es noch ein bisschen winterlicher.

Gibt es regionale Unterschiede bei der Pollenbelastung?

Jäger-Hundt: Die Situation ist im Seeklima und im Hochgebirge ab etwa 1.200 Meter Höhe besser. Dazwischen ist es regional sehr unterschiedlich, je nach Vegetation.

Die Pollen fliegen früher. Wirken sie auch intensiver als in anderen Jahren?

Jäger-Hundt: Insgesamt schon. Dadurch das die Blüte früher beginnt, hat man längere Pollenflugzeiten und es wird auch mehr Pollen gebildet von den Pflanzen. Man geht auch davon aus, dass bestimmte Luftschadstoffe die Pollen in ihrer Zusammensetzung verändern können und sie dann stärker wirksam sind. Bei einem Stadt-Land-Vergleich zeigt sich das. Man beobachtet, dass in der Stadt bei gleicher Intensität des Pollenflugs Pollen viel aggressiver wirken können als in ländlichen Gegenden.

Wenn wir in den Jahreszeiten weitergehen. Was folgt nach Hasel, Erle, Birke?

Jäger-Hundt: Wenn die Flugzeit der Birke vorbei ist, geht es nahtlos über in die Zeit der Gräserpollen, und die hält natürlich über die Sommermonate bis Ende Juli an.

Nawalaniec: Und wenn wir fertig mit den Gräsern sind, dann kommen die Kräuter. Beifuß ist der Hauptallergieauslöser im Herbst und heutzutage kommt immer mehr die Ambrosia dazu.

Diese Pflanze war doch ursprünglich in Amerika heimisch und nicht in Europa.

Jäger-Hundt: Sie verbreitet sich jetzt aber stark. Vor zehn oder fünfzehn Jahren hatte man noch kaum Patienten, die dagegen empfindlich waren. Mit zunehmender Ausbreitung wird das aber eine immer stärkere Belastung.

Nawalanic: Früher war das nur ein Problem in südlicheren Ländern, im Mittelmeerraum oder in Ungarn. Jetzt kommt es immer mehr auch zu uns.

Hängt das auch mit den wärmeren Temperaturen zusammen, die wir jetzt haben?

Jäger-Hundt: Ja, der klassische Winter, in dem wir mehrere Wochen Frost hatten, fehlt komplett. Der dämmte immer den Pollenflug extrem ein. Der verschiebt sich in der Zeit nach vorne und wird auch intensiver.

Nawalanic: Auch der fehlende Regen ist von Bedeutung. Der hat immer die Pollen weggespült. Wenn es jetzt weniger Regen gibt, bleiben sie in der Luft.

Wer von einer Pollenallergie betroffen ist, was kann der akut dagegen tun?

Jäger-Hundt: Im Hause zu bleiben und alle Fenster zuzumachen ist keine echte Option. Je nachdem wie stark jemand betroffen ist, stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Wenn es darum geht, dass jemand Augen und Nase kribbeln, dann kann man dem mit antiallergischen Augentropfen oder Nasenspray begegnen. Wenn es über mehrere Wochen im Jahr geht, man sich nicht konzentrieren oder nicht schlafen kann, dann muss man schon über eine spezifische Therapie nachdenken.

Ist das mit einem Krankenhausaufenthalt verbunden?

Nawalanic: Nein. Erst wird untersucht, was der Auslöser der Allergie ist, und dagegen wird dann spezifisch behandelt. Der Patient bekommt das Allergen in regelmäßigen Abständen, in steigenden Konzentrationen und über längere Zeit – mindestens drei Jahre. Das wird mit einer Spritze unter die Haut verabreicht.

Jäger-Hundt: So lernt der Körper den Stoff kennen und soll lernen, darauf nicht so überschießend zu reagieren wie bei einer Allergie. Das läuft ambulant. Zu Beginn müssen die Patienten einmal die Woche kommen. Dann ist es einmal im Monat. Das ist für viele Menschen leichter machbar als die Therapie mit Tabletten oder Tropfen zu Hause. Diese müssen Sie jeden Tag nehmen, und das scheitert ganz oft. Wenn man einen Tag auslässt, fängt man wieder ganz neu an.

Wie sind die Erfahrungen mit dieser Therapie?

Jäger-Hundt: Das funktioniert. Man beobachtet meist schon nach einem Jahr eine Besserung.

Nawalanic: Und wenn die Wirkung nach einiger Zeit nachlässt, kann man die Immuntherapie wiederholen. Die Therapie beugt auch dem vor, dass die Menschen später mit stärkeren Symptomen zu uns kommen, Asthma zum Beispiel.

Können Allergien auch Asthma auslösen?

Jäger-Hundt: Bei Heuschnupfen beschränken sich die Symptome zumeist auf Augen, Nase, manchmal noch Mundschleimhaut. Aber wenn das über lange Zeit anhält, kann es zu einem „Etagenwechsel“ kommen und die Bronchien sind betroffen. Hauptziel ist, dass aus dem Heuschnupfen kein Asthma wird.

Es gibt die Theorie, dass Menschen, die auf einem Bauernhof aufwachsen, weniger allergisch reagieren?

Jäger-Hundt: Das ist durch Studien belegt. Zu viel Hygiene in den ersten Lebensjahren schadet dem Immunsystem. Und Kinder, die im Ländlichen aufwachsen, und früh Kontakt zu Tieren haben, sind besser vor Allergien geschützt. Der frühe Stallkontakt zu unterschiedlichen Tieren hilft. 

Nawalanic: Ein kleiner Hund zu Hause reicht meist schon.

Ihr Vortrag dreht sich auch um alternative Behandlungsmöglichkeiten. Was kommt da infrage?

Jäger-Hundt: Viele probieren beispielsweise homöopathische Präparate. Manche haben damit gute Erfolge. Dann ist das legitim, auch wenn man aus wissenschaftlicher Sicht keine Erklärung dafür hat. Auch Akupunktur ist ein mögliches wirksames Verfahren. Eine weitere Möglichkeit stellt die Inhalation von Bienenstockluft dar. Mein Mann und ich betreiben in Kreischa eine Bienenstockluft-Therapiestation. Dort können betroffene Patienten die Luft aus dem Bienenstock inhalieren und gerade bei Gräserpollen haben wir gute Erfahrungen machen können.

Vortrag zum Thema Pollenallergie am Mittwoch, 4. März, 17 Uhr, im Foyer der Klinik Dippoldiswalde, Rabenauer Straße 9, 01744 Dippoldiswalde

www.bienenstocktherapie.de

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