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Diese Berufe sind bei Görlitzer Schülern hoch im Kurs

Experten sorgen sich, dass junge Leute zu selten Berufe der Zukunft wählen und sich damit Chancen verbauen. Ein Görlitzer Berufsberater kann das nicht bestätigen. Er sieht ein anderes Problem.

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Schülerin Sandra Walter, Autorin dieses Artikels, arbeitet als Praktikantin in der SZ-Redaktion in Görlitz. Welche Berufe ihre Mitschüler interessieren, hat sie hier zusammengetragen.
Schülerin Sandra Walter, Autorin dieses Artikels, arbeitet als Praktikantin in der SZ-Redaktion in Görlitz. Welche Berufe ihre Mitschüler interessieren, hat sie hier zusammengetragen. ©  André Schulze

Von Sandra Walter

Ärztin, Lehrerin, Informatiker, Maschinenbauer. Laut einer internationalen Studie der OECD spiegelt es sich in den Berufswünschen von 15-Jährigen nur wenig wider, wie sehr sich die Berufswelt verändert hat. Ein Großteil der Schüler nennt eher traditionelle Berufswünsche.

Außerdem würden Geschlecht und soziale Herkunft nach wie vor die beruflichen Ambitionen der Jugendlichen beeinflussen. Das hat auch Christoph Exnowski, Praxisberater der Oberschule Innenstadt festgestellt. Seit 2003 arbeitet er mit Jugendlichen, seit drei Jahren in Görlitz an der Oberschule Innenstadt. Er sagt, welche Ziele die Görlitzer Schüler haben.

Liegen auch in Görlitz die traditionellen Berufe ganz vorn?

In Görlitz seien die traditionellen, handwerklichen Berufe eher zurückgegangen, schätzt Christoph Exnowski ein. Dafür gäbe es viele Berufswünsche im sozialen und im Pflegebereich. Immer weiter ansteigend sei die Nachfrage nach verwaltungstechnischen Berufen. Dagegen gehe das Interesse nach einer Ausbildung bei Bombardier eher zurück, hat er festgestellt. Vermutlich wegen der unsicheren Lage. Allerdings wollen immer mehr in der Region bleiben. „Das ist eine Entwicklung, die ich mit großer Freude sehe.“

Welche Berufe sind in der Region am beliebtesten?

Dazu hat die Oberschule Innenstadt eine Statistik erstellt. Die Kinder der 7. und 8. Klassen wurden nach ihren Berufswünschen gefragt. Ganz oben landen Pflegeberufe. Neun Jugendliche nannten als Ziel Krankenpfleger, vier Altenpfleger. Ebenfalls neun Schüler gaben als Wunsch Tierpfleger an, jeweils acht Schüler wollen Erzieher und Bauzeichner werden. Platz drei geht an den Berufswunsch Polizist. Fotograf und Elektroniker tauchen in der Berufswunschliste jeweils fünfmal auf.

Beeinflusst die soziale Herkunft der Schüler ihre beruflichen Ambitionen?

„Ja, leider schon“, sagt Christoph Exnowski. Es komme vor, das Kinder in sozial schwachen Familien die Motivation seitens des Elternhauses fehle, das sie dort einen Alltag erleben, aus dem schwer auszubrechen sei. Wichtig sei es in solchen Fällen, bei den Kindern Motivation zu wecken. Und es gebe auch viele Eltern, die sich sehr darum bemühen, ihrem Kind eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Dieses Ausbrechen sei nicht einfach, gerade bei einer finanziell schwierigen Lage. Zusammen in einer Gemeinschaft und mit Freunden könne man es schaffen.

Sind die Berufsvorstellungen zwischen den Geschlechtern sehr verschieden?

„Ganz im Gegenteil, die Spanne zwischen den Berufswünschen von Jungen und Mädchen scheint immer mehr zu verschwinden“, sagt Christoph Exnowski. Das klassische Berufsbild sei kaum mehr ausgeprägt. Er hatte auch schon Mädchen beraten, die Kfz-Mechaniker werden wollten und Jungen, die es in den Pflegebereich zog. Leider sei generell die Nachfrage in manchen Bereichen wie Gastronomie, Kultur, Landwirtschaft oder Transport gesunken.

Wie viele Jugendliche wollen selbst in den Bildungsbereich?

Laut Christoph Exnowski gibt es in Görlitz nur wenige Lehrerwünsche. Wenn, dann hauptsächlich als Sportlehrer, drei Schüler gaben in der Umfrage voriges Jahr diesen Wunsch an. „Das liegt vielleicht daran, das wir keine Bildungsbereiche bewerben“, so Christoph Exnowski. Viele hätten keine große Vorstellung davon, was ein Lehrer alles machen muss. Um Berufsbilder kennenzulernen, dafür gibt es auch die 14-tägigen Schüler-Praktika in Firmen, so auch dieser Tage wieder.

Streben Schüler weniger Berufe an, die mit der Digitalisierung entstanden?

„Das würde ich nicht so sagen“, erzählt Exnowski. Spiele- und Handyentwickler könnten sich einige als künftigen Beruf vorstellen. Auch Influencer hat er schon als Berufswunsch gehört. „Dieser Berufswunsch ist zeitlich bedingt. Viele denken, sie können damit schnelles Geld machen.“ Softwareentwicklung dagegen sei tatsächlich eher selten. Die allermeisten Schüler könnten zwar sehr gut mit dem Handy umgehen, beim PC sehe das anders aus. „Vielleicht sollte man die Schüler mehr für solche Sachen wie Programmentwickler begeistern und ihr Interesse dafür wecken“, berichtet Christoph Exnowski.

Gibt es einen Wandel bei den Berufswünschen?

Auf jeden Fall, sagt Christoph Exnowski. „Immer weniger Schüler wollen klassische Berufe erlernen.“ Er hat bereits in mehreren Bundesländern gearbeitet. „In Niedersachsen hatte ich den Eindruck, das viele handwerkliche Berufe erlernen wollen, wohingegen es in Mecklenburg-Vorpommern eher landwirtschaftliche Berufe sind und in der Lausitz mehr soziale Berufe.“ Auch die Eltern seien ein großer Einflussfaktor. Häufig komme es vor, das die Eltern bei der Berufswahl des Kindes mitbestimmen wollen – dabei aber manchmal vergessen, das Kind zu fragen, was es kann und will. Oftmals habe er es erlebt, dass Eltern die Dringlichkeit der Berufswahl nicht nachvollziehen könnten, sondern denken, das dafür noch viel Zeit sei, „aber je zeitiger desto besser“. Wenn die Schüler schon früh eine Orientierung haben, wüssten sie auch, welchen Abschluss sie dafür bräuchten. 

Das sind drei Traumberufe von Schülern der Klasse 10 der Oberschule Innenstadt:

„Mich fasziniert der menschliche Körper“, sagt Sarah von Rädern. Sie würde gerne Sektions- und Präparationsassistentin werden, „weil mich der Aufbau des menschlichen Körpers sehr fasziniert. Es ist spannend, für mich zu sehen, wie alles im Organismus zusammenarbeitet und funktioniert. Unser Körper ist ein wahres Wunderwerk!“
„Mich fasziniert der menschliche Körper“, sagt Sarah von Rädern. Sie würde gerne Sektions- und Präparationsassistentin werden, „weil mich der Aufbau des menschlichen Körpers sehr fasziniert. Es ist spannend, für mich zu sehen, wie alles im Organismus zusammenarbeitet und funktioniert. Unser Körper ist ein wahres Wunderwerk!“ ©  Nikolai Schmidt
„Architekt ist mein Traum“, erklärt Konrad Ceniuch. Er will das später einmal werden, „weil man in diesem Beruf von zu Hause aus arbeiten kann. Vor allem aber geht es mir darum, mich künstlerisch ausleben zu können, und die Bezahlung ist auch nicht schlecht.“
„Architekt ist mein Traum“, erklärt Konrad Ceniuch. Er will das später einmal werden, „weil man in diesem Beruf von zu Hause aus arbeiten kann. Vor allem aber geht es mir darum, mich künstlerisch ausleben zu können, und die Bezahlung ist auch nicht schlecht.“ ©  Nikolai Schmidt
„Chemie und Forschung interessieren mich“, meint Emma-Luisa Hoffmann. Am liebsten würde sie als Pharmazeutisch-Technische Assistentin arbeiten, „da ich gerne Menschen helfe. Ein zweiter Berufswunsch: Medizinisch-technische Laboratorassistentin.  Für Chemie und Forschung interessiere ich mich sehr, zum Beispiel Proben zu untersuchen.“
„Chemie und Forschung interessieren mich“, meint Emma-Luisa Hoffmann. Am liebsten würde sie als Pharmazeutisch-Technische Assistentin arbeiten, „da ich gerne Menschen helfe. Ein zweiter Berufswunsch: Medizinisch-technische Laboratorassistentin. Für Chemie und Forschung interessiere ich mich sehr, zum Beispiel Proben zu untersuchen.“ ©  Nikolai Schmidt

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