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Darum läuten Hofkirchen-Glocken öfter

Obwohl Sachsens größte Kirche geschlossen ist, lässt sie in der Corona-Zeit öfter von sich hören. Über die Gründe und die Besonderheit der Glocken (mit Video).

Von Peter Hilbert
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Pfarrer Norbert Büchner neben der zweitgrößten Glocke der Hofkirche, die 1807 gegossen wurde. Sie und die anderen vier Glocken läuten während der Coronakrise zur Ermutigung und zum Dank zusätzlich jeden Tag um 19.30 Uhr.
Pfarrer Norbert Büchner neben der zweitgrößten Glocke der Hofkirche, die 1807 gegossen wurde. Sie und die anderen vier Glocken läuten während der Coronakrise zur Ermutigung und zum Dank zusätzlich jeden Tag um 19.30 Uhr. © Foto: Marion Doering

Dresden. Obwohl die Hofkirche für Gläubige während der Corona-Krise geschlossen ist, läuten ihre Glocken seit vergangenem Sonntag sogar häufiger als sonst üblich. Täglich sind sie um 19.30 Uhr zu hören. "Das ist eine Einladung zum Abendgebet", sagt Dompfarrer Norbert Büchner. Einerseits sollen die Gläubigen während dieser schweren  Zeit ihre Fürbitte halten, wenn auch nicht in der Kirche, sondern zu Hause. "Andererseits ist das während der Corona-Krise ein Dank an alle Menschen, die sich für andere einsetzen und aufopfern."  Die Kirchenglocken sind zu dieser Zeit aber nicht nur dort, sondern auch in 136 Orten des katholischen Bistums Dresden-Meißen zu hören.

Das ist die größte und älteste Glocke der Hofkirche, die stattliche 4,8 Tonnen wiegt.
Das ist die größte und älteste Glocke der Hofkirche, die stattliche 4,8 Tonnen wiegt. © Foto: Marion Doering

Allerdings läuten die Glocken im 86 Meter hohen Turm der Kathedrale auch zehn Minuten vor der Gottesdiensten, selbst wenn diese derzeit nicht stattfinden. Sie sollen Gläubige dennoch daran erinnern. Im Glockenturm erklärt Dompfarrer Büchner  die imposante Anlage, ein historisch bedeutsames fünfstimmiges Glockenensemble. Mannshoch ist die größte und älteste Glocke, die den Namen "Göttliche Vorhersehung" trägt. Sie wiegt 4,8 Tonnen und wurde während der Bauzeit der Hofkirche 1747 von Johann Gottfried Weinhold in Dresden gegossen, erläutert der Pfarrer.

Ein Blick hinauf in den Glockenstuhl mit den beiden kleineren Exemplaren.
Ein Blick hinauf in den Glockenstuhl mit den beiden kleineren Exemplaren. © Foto: Marion Doering

Zur Einweihung der unter Leitung des italienischen Baumeisters Gaetano Chiaveri errichteten Kathedrale 1751 fehlte aber noch der Glockenturm. Der wurde erst 1755 fertig. Allerdings durften die ursprünglich vier Glocken, darunter auch die 1847 gegossene größte, erst 1807 erstmals läuten. Denn im protestantischen Sachsen war es nicht erlaubt, dass katholische Glocken ihre Stimme ertönen ließen, selbst wenn es sich um die der Kirche des Landesfürsten handelte, verweist der 55-jährige Pfarrer auf eine Besonderheit.

Herrliche Blicke bieten sich vom Turm der Kathedrale, hier in Richtung Semperoper.
Herrliche Blicke bieten sich vom Turm der Kathedrale, hier in Richtung Semperoper. © Foto: Marion Doering

Der gebürtige Chemnitzer arbeitete nach seinem Theologiestudium von 1994 bis 2001 als Kaplan in der Hofkirche, war damit de facto der zweite Mann nach dem Priester, bevor er als Pfarrer nach Pirna wechselte. Büchner erinnert sich, dass zur 250-Jahr-Feier der Hofkirche 2001 die neue kleine Glocke eingebaut wurde, die in Lauchhammer gegossen worden war. Der Hauptgrund dafür seien klangliche Aspekte gewesen. "Damals wurde auch ein hölzerner Glockenstuhl eingebaut", sagt er. Denn bei den Bombenangriffen im Februar 1945 wurde auch die Hofkirche stark beschädigt. Danach errichtete man einen provisorischen Glockenstuhl aus Metallresten, der 2001 durch einen ordentlichen hölzernen ersetzt wurde. In dem Zuge war auch  der elektromagnetische Antrieb der Glocken erneuert worden.

Ein Blick in den Prozessionsgang. Er ist in der Kirche, da im protestantischen Sachsen früher keine öffentlichen katholischen Prozessionen stattfinden durften.
Ein Blick in den Prozessionsgang. Er ist in der Kirche, da im protestantischen Sachsen früher keine öffentlichen katholischen Prozessionen stattfinden durften. © Foto: Marion Doering

"Die Glocken zählen auch zu den Musikinstrumenten der Kirche", sagt Büchner. Denn oftmals werde damit nur die berühmte Silbermannorgel der Kathedrale verbunden. Der Klang der Glocken soll die Gläubigen zu den Gottesdiensten einladen. Zu Büchners Gemeinde zählen rund 1.800 Mitglieder aus der Altstadt und der Friedrichstadt. Außerdem gibt es viele Gäste und während normaler Zeiten auch Touristen, die zu den Messen kommen. 

86 Meter ragt der Turm der Hofkirche empor, in dem die Glocken läuten.
86 Meter ragt der Turm der Hofkirche empor, in dem die Glocken läuten. © Foto: Marion Doering

Wegen der Coronakrise sind die Gottesdienste derzeit nicht möglich. Allerdings wird es auch Einschränkungen geben, wenn sich das wieder ändert. Denn die Hofkirche wird ab diesem Monat zur Baustelle. Vor allem werden die 59 Kirchenfenster im Erdgeschoss erneuert, und die Wände sowie die Deckengewölbe sollen frisch gestrichen werden. Die umfangreichen Arbeiten sollen bis Februar kommenden Jahres dauern. 

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Sind Gottesdienste nach Aufhebung der Einschränkungen wieder möglich, werden sie - je nach Stand der Bauarbeiten - im rechten oder linken Seitenschiff der Kathedrale stattfinden. Die ersten Arbeiten beginnen nach Ostern. Für die Handwerker wird das eine besondere Baustelle. Werden sie doch während der gesamten Bauzeit von Glocken beflügelt, die mittlerweile schon weit über 200 Jahre über Dresden erklingen.

Während Bauarbeiten in der Hofkirche jetzt erst beginnen, dauern sie zu ihren Füßen an der Augustusbrücke schon drei Jahre.
Während Bauarbeiten in der Hofkirche jetzt erst beginnen, dauern sie zu ihren Füßen an der Augustusbrücke schon drei Jahre. © Foto: Marion Doering

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